Mate Rimac ist der Shooting Star der Automobilbranche – und wird von vielen als der „Elon Musk des Balkans“ gefeiert. Der 34-jährige Kroate, ehemalige Autorennfahrer und YouTube-Star gründete vor über zwölf Jahren vor den Toren Zagrebs mit Rimac Automobili ein Unternehmen, das Hochleistungs-Elektroantriebstechnologie an mindestens 15 große Automobilhersteller, darunter Ferrari, Aston Martin und Mercedes liefert. Zudem baute er mit dem1406 kW (1912 PS) starken Rimac Nevera ein vollelektrisches Hypercar, das sogar einen Bugatti Chiron alt aussehen lässt.
So würde das Rimac das heute allerdings nicht mehr sagen. Denn im November vergangenen Jahres hat er die Führung bei Bugatti übernommen: An dem Joint Venture Bugatti Rimac mit Sitz in Sveta Nedelja hält die Rimac Group 55 Prozent, die Porsche AG 45 Prozent. Porsche beteiligte sich kürzlich zudem mit einer zweistelligen Millionensumme an einem Investitionspaket von 500 Millionen Euro, durch das 700 neue Arbeitsplätze – und ein neuer Bugatti entstehen sollen. Wir trafen Mate Rimac und fragten ihn nach seinen Plänen für die beiden Marken – und die Zukunft der Elektromobilität im Hochpreissegment.
Herr, Rimac, wie läuft es in der neuen Rolle mit der Doppelverantwortung für Rimac und Bugatti?
Mate Rimac: Gut. Es sind ja nicht nur zwei Firmen. Neben Bugatti und Rimac kommt ja noch Rimac Technology dazu., was ja eine größere Firma ist. Also gibt es ziemlich viel zu tun. Bugatti und Rimac sind in einem Jahr schon super zusammengewachsen und funktionieren jetzt als eine Einheit, da wir die Vorteile beider Unternehmen genutzt haben.
Wie lief das genau ab?
Wir haben nicht einfach das Management ausgetauscht, sondern bei beiden Firmen die besten Mitarbeiter identifiziert und die für das gesamte Unternehmen verantwortlich gemacht. Zum Beispiel ist Achim Anscheidt jetzt Design-Direktor für Bugatti und Rimac. So sind wir gut strukturiert und neue Produkte werden entwickelt.
Wie schaut es mit den Finanzen aus?
Bugatti-Rimac ist finanziell gut aufgestellt und für Rimac Technology haben wir unter anderem von Softbank, Lohman, Goldman Sachs Asset und Porsche 500 Millionen Euro an Investitionen eingesammelt. Endlich muss ich mir über das Geld keine Gedanken mehr machen.
Die Fäden laufen aber schon noch bei Ihnen zusammen?
Ja, an mich berichten aktuell 34 Mitarbeiter. Das muss sich ändern.
Was ist denn aktuell die größte Baustelle?
Es ist keine einzelne Sache. Wir wollen vieles machen. Zum Beispiel haben wir letztens den Händlern den Zehn-Jahres-Plan vorgestellt.
Da wären wir gerne dabei gewesen.
(Lacht). Bei nächsten Mal. Die Resonanz war extrem positiv, obwohl ich die Leute ermutigt habe, Kritik zu äußern. Jetzt müssen wir die neuen Modelle entwickelt und zur richtigen Zeit auf den Markt bringen. Die Umsetzung des Plans ist die größte Herausforderung.
Können Sie uns Details verraten?
Nur so viel: Rimac wird vollelektrisch bleiben und die Bugattis werden die nächsten zehn Jahre Hybride sein.
Wie schaut die Elektrifizierung bei Bugatti aus?
Wir wollen nutzbare Reichweite. Die Autos müssen ausreichend Leistung haben, um rein elektrisch zu fahren. Und sie brauchen genug Reichweite für die Stadt. Also werden das Plug-in-Hybride mit etwa 50 Kilometer Reichweite.
Einen vollelektrischen Bugatti wird es nicht geben?
Das ist zurzeit nicht geplant.
Wird es technologische Synergien zwischen Bugatti und Rimac geben?
Ja, aber nur begrenzt. Weil sich die Konzepte unterscheiden. Die Fahrzeuge werden sehr unterschiedlich sein, also technisch nicht so eng verwandt wie etwa ein Lamborghini Huracán mit einem Audi R8. Ich will Bugatti analog halten – auch was den Innenraum angeht. Bugatti steht auch für Handwerkskunst, Rimac dagegen ist digital und innovativ. Ein Element wie der Driver’s Coach, also autonomes Fahren auf der Rennstrecke, passt nicht zu Bugatti.
Wie setzen Sie das Konzept bei Bugatti um?
Wir entwickeln ein komplett neues Fahrzeug, das durch die Hybridisierung komplexer wird als die aktuellen Modelle und dazu einen komplett neuen Verbrennungsmotor bekommt. Außerdem wollen wir die Wertigkeit auf ein neues Niveau heben, aber trotzdem die Entwicklungskosten im Griff haben.
Das ist ein ambitioniertes Vorhaben.
Zugegeben. Wir werden das aber alles intern entwickeln und nicht mit Zulieferern. Dazu müssen wir die passenden Kapazitäten und Strukturen aufbauen inklusive des Campus in der Nähe von Zagreb. Außerdem erweitern wir die Produktion in Molsheim. So können wir in Zukunft Autos mit überschaubaren Kosten entwickeln.
Wie kann Porsche dabei helfen?
Porsche ist ein Anteilseigner, der sich nicht in das operative Geschäft einmischt. Um schnell zu sein, muss man unabhängig sein.
Wird es bei Bugatti künftig mehrere Modelle geben?
Wir wollen Bugatti sehr exklusiv halten. Beim Chiron gibt es zu viele Derivate, die alle sehr ähnlich sind. Fünfmal das gleiche Modell in einem anderen Design hinzustellen, ergibt keinen Sinn, das verwässert auch das ursprüngliche Modell. Es werden unterschiedliche Autos sein, ein Sportwagen und ein Gran Turismo.
Kein SUV?
Ein SUV ist nicht geplant. Ich halte mich an Ettore Bugattis Aussage: `’Wenn es vergleichbar ist‘, sagte er, ‚ist es kein Bugatti‘. Jeder Bugatti muss mit der Zeit im Wert steigen. Kann man ein SUV bauen, das im Wert steigt?
Gute Frage, die ich aber nicht beantworten kann. Was macht den nächsten Bugatti aus?
Wir entwickeln das Auto schon seit mehr als zwei Jahre, also noch bevor wir Bugatti übernommen haben. Den neuen Verbrenner habe ich angestoßen. Auch wenn Porsche wollte, dass der neue Bugatti vollelektrisch würde, wäre ich dagegen. Weil ich glaube, dass die Kunden der Marke einen emotionalen Verbrennungsmotor wollen. Sie werden erstaunt sein, wie emotional der Antrieb sein wird, auch wenn es kein W16-Motor ist. Ich will, dass das Auto zeitlos ist. Das gilt auch für das Interieur. Das bedeutet wenige oder vielleicht sogar überhaupt keine Bildschirme, sehr interessante Instrumente und Bedienelemente.
Welche Rolle spielt Rimac Technology in dem neuen Unternehmens-Konstrukt?
Rimac Technology ist ein Technologie-Lieferant. Wir entwickeln und produzieren Batterie- und Antriebssysteme für Porsche und andere Hersteller. Wir sind gerade dabei, in Zagreb eine Produktion aufzubauen, mit der wir solche Systeme in Großserie herstellen können.
Letzte Frage: Wie geht es mit dem Rimac Nevera weiter?
Es war schon eine Herausforderung, das Auto fertigzustellen, ohne Kompromisse zu machen. Das haben wir geschafft. Jetzt werden die Autos gebaut und nach und nach an die Kunden ausgeliefert. Aber aktuell konzentrieren wir uns auf den nächsten Bugatti.
Also wird es keine offene Version des Nevera geben?
Doch, aber das wird noch eine Weile dauern.