Nach den Zahlen, die der europäische Fahrzeughersteller-Verband ACEA diese Woche vorlegte, hatten von den 15.3 Millionen Pkw, die im vergangenen Jahr in Westeuropa neu zugelassen wurden, immer noch rund 90 Prozent einen Benziner (58,9 Prozent) oder einen Diesel (30,5 Prozent) unter der Motorhaube. Doch der Anteil der Fahrzeuge mit einem elektrischen Antrieb wuchs kräftig – allein im letzten Quartal um rund 80 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Leider bringt das wachsende Interesse an den „Stecker-Autos“ – rein batterielektrisch angetriebene oder solche mit einem wiederaufladbaren Hybridantrieb – bringt nach Ansicht des Autoexperten Andreas Radics von der Unternehmensberatung Berylls ein Problem mit sich. Denn es gebe in Europa bis heute kaum Unternehmen, die ein E-Auto fachgerecht entsorgen und einen Lithium-Ionen-Akku recyceln können. Einige Staaten, beispielsweise Italien, Österreich oder die Schweiz, seien in der Beziehung völlig blank.

Das Defizit müsse schleunigst abgestellt werden, findet der Berylls-Geschäftsführer.

Andreas Radics
Foto: Berylls

Andreas Radics (47) ist seit über 15 Jahren als Strategieberater in der Automobilindustrie tätig. Bevor er als Gründungspartner 2011 in München die Strategieberatung Berylls ins Leben rief und aufbaute, war er bei Gemini Consulting und Oliver Wyman tätig. Er ist Experte für Mergers & Acquisitions sowie für die Entwicklung von Unternehmensstrategien in der Automobilindustrie. Intensiv beschäftigt er sich derzeit mit der Transformation der Autoindustrie, unter anderem durch die Elektromobilität.

Wenn das E-Auto zur Lösung unserer Umweltprobleme beitragen soll, muss das Thema Recycling schleunigst auf die Tagesordnung der Entsorgungsunternehmen, aber vor allem auf die der Politik. Denn mit Ökostrom betriebene Fabriken und E-Fahrzeuge mögen zwar den CO2-Fußabdruck der Mobilität senken, aber was passiert am Lebensende der E-Mobile? Wo sind die Vorgaben für ein möglichst umfangreiches Recycling der E-Bauteile, allen voran der Batterie?

Die Recyclingquote des Batteriematerials liegt heute, je nach Unternehmen, bei etwa 60 bis 70 Prozent, die gültige EU-Richtlinie schreibt derzeit sogar nur eine Recyclingquote von 50 Prozent vor. Es ist aber höchst unwahrscheinlich, dass sie auf mehr als 90 Prozent steigen wird, wenn es keine schärferen, verbindlichen Rückgewinnungsquoten gibt. Denn es gehört zur bitteren Realität, dass sich die Materialrückgewinnung trotz steigender Rohstoffpreise nicht lohnt, die Förderung von Lithium oder Kobalt ist derzeit einfach billiger. Die stetig steigende Nachfrage nach Akku-Rohmaterialien wird dafür sorgen, dass sich die Preise für Rohstoff und Recyclat angleichen. Recyclat wird dadurch immer attraktiver für die Industrie. Dennoch muss schleunigst eine EU-weit gültige Mindestrecyclingquote her, die verhindert, dass wertvolle Materialien unsachgemäß in Ländern der Dritten Welt entsorgt werden.

Problematisch ist auch die Vielzahl der Batterietypen, für deren Demontage Flexibilität nötig ist, denn Flexibilität ist teuer. Damit droht eine Kostenfalle. Viele Recycling-Arbeitsschritte müssen heute immer noch manuell ausgeführt werden. Eine Automatisierung ist erst dann sinnvoll, wenn Standard-Akkus in großer Stückzahl recycelt werden müssen. Hier sind die Hersteller gefordert, Standards zu setzen.

Aber auch die Recycler müssen ihre Hausaufgaben machen, denn jeder Transport von einer Lithium-Ionen-Batterie ist ein Gefahrguttransport. Übrigens unabhängig davon, ob die Batterie demoliert ist oder nicht. Derzeit gibt es europaweit viel zu wenige zertifizierte Unternehmen, die ein beschädigtes E-Auto und seine Batterie zerlegen dürfen. Dabei können kurze Transportwege helfen Risiken zu minimieren. Dass ein in Österreich havarierter Tesla zur Entsorgung nach Deutschland transportiert werden muss, ist heute Realität und inakzeptabel. Nur eine flächendeckende und dezentrale Recycling-Struktur kann künftig solche unnötigen und risikobehafteten Transporte verhindern. Die E-Auto-Zulassungszahlen von 2019 zeigen, dass das Kunden-Interesse steigt, entsprechend müssen die Entsorgungskonzepte angepasst werden.

Noch ist es ein langer Weg zu einem leistungsfähigen Recycler-Netzwerk, aber es ist ein Weg, der beschritten werden muss, damit das E-Auto sein grünes Versprechen halten kann.

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11 Kommentare

  1. Mario Strahlhofer

    Da gibt es doch die Firma Duesenfeld https://www.duesenfeld.com/index_de.html
    wo wunderbar Batterierecycling erklärt, und in einem tollen Video
    auch gezeigt wird. Die stellen auch Container her, in welchen die komplette Recyclinglinie Platz hat. So kann man da hinfahren wo viele Akkus anfallen.

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  2. strauss

    Egon Meier soll sich doch einen alten Telsla AKKU hochkant als Festspeicher im „second-life„ in seinen Keller stellen.

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    • Simon Maier

      @ strauss Sie werden lachen, aber das tun viele, für gebrauchte E Fahrzeugbatterien wird viel Geld bezahlt, weil diese pro kWh eben deutlich günstiger sind als spezielle PV Speicher, und technisch eben als solche auch funktionieren.

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  3. strauss

    bei vw beginnt dies erst in 10 jahren. die Marktführer haben die ersten jetzt zur garantie raus.

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  4. Egon meier

    Ist doch ganz einfach. NOCH gibt es keine relevanten Stückzahlen bei BEV-Rückläufern.
    Das beginnt in 10 jahren und in dieser Zeit wird sich das allmählich aufbauen weil es höchst lukrativ ist.
    Wo keine Nachfrage, da kein Angebot.

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  5. Egon meier

    Bisher war das recycling der Akku-rohstoffe ja auch fast unmöglich denn die Handy- und Sonstwas-Miniakkus landeten meist in der Mülltonne und konnten nicht erfasst werden.
    Das ist bei BEV grundsätzlich anders, da
    a) die Wagen zur entgültigen Abmeldung einen Entsorgungsnachweis haben müssen
    b) die BEV-akkus als Rohstoffquelle hoch attraktiv sind denn
    c) sie haben als stationäre Speicher ein second life und
    d) sie liefern große Mengen Rohstoffe in gut demontierbaren Einheiten und fallen in identischen Formen in großen Zahlen an.

    Logische Folge: es erledigt sich von selbst. Die gebrauchten BEV-Akkus werden einen sehr hohen Marktpreis bei Entsorgern haben weil sie lukrative Möglichkeiten eröffnen. Ich wette sogar darauf, dass man sich um die Gebrauchtakkus kloppen wird

    Dieses komische Gutachten eines Unternehmensberaters ist nur blabla und der Versuch, sich öffentlichkeitswirksam zu vermarkten.

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    • Franz W. Rother

      Dann muss man sich aber noch mehr wundern, dass es europaweit bislang nur wenige Verwerter gibt und die Batterien heute größtenteils noch thermisch verwertet werden.

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      • Egon meier

        sorry – das sollte hier hin
        „Ist doch ganz einfach. NOCH gibt es keine relevanten Stückzahlen bei BEV-Rückläufern.
        Das beginnt in 10 jahren und in dieser Zeit wird sich das allmählich aufbauen weil es höchst lukrativ ist.
        Wo keine Nachfrage, da kein Angebot.“

        Antworten
        • Franz W. Rother

          Unfallfahrzeuge?

          Antworten
          • Egon meier

            relevante Stückzahlen?

    • Manfred Stummer

      „Einige Staaten, beispielsweise Italien, Österreich oder die Schweiz, seien in der Beziehung völlig blank.“

      Antwort aus Österreich: https://saubermacher.at/content/uploads/Presseinfo_Saubermacher-Redux-LithiumIonenBatterieRecycling.pdf

      Der „Strategieberater in der Automobilindustrie“ sollte sich besser um die Verbrennungsmotorbauer kümmern.
      Die haben es in beinahe 150 Jahren nicht geschafft das Abgasproblem in den Griff zu bekommen Und das wird auch nichts mehr!
      https://www.oekonews.at/?mdoc_id=1140866

      Aber die Akkus sollten schon jahrelang vor einem aktuellen Bedarf zu 100% recycelbar sein!

      Ich schließe mich Egon meier an: „Dieses komische Gutachten eines Unternehmensberaters ist nur blabla und der Versuch, sich öffentlichkeitswirksam zu vermarkten.“

      Antworten

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