Mein persönlicher Temporekord liegt bei 413 km/h. Ich stellte ihn vor sieben Jahren am Steuer eines 1500 PS starken Bugatti Veyron auf einem Testgelände der Autoindustrie in Spanien auf. Die Piste bestand aus zwei mehrere Kilometer langen Geraden und zwei Steilwandkurven. Ans Steuer durfte ich erst, nachdem mich ein Rennprofi in die Strecke und das Fahrzeug eingewiesen hatte. Ich trug bei dem anschließenden Selbsttest einen Helm und einen feuerfesten Anzug, der Profi saß an meiner Seite und gab mir über Funk Instruktionen, wann das Gas- und wann das Bremspedal zu betätigen sei. Um es kurz zu machen: Der Geschwindigkeitsrausch war unbeschreiblich. Von diesem Fahrerlebnis werde ich noch meinen Enkeln erzählen. Es war Wahnsinn, aber ein kontrollierter.

Ich gebe zu: Auch im öffentlichen Straßenverkehr war ich jahrzehntelang und dort, wo es möglich war, gerne schnell unterwegs. Am Steuer von PS-starken Sportwagen, geschult in Dutzenden von Sicherheitstrainings und auch einigen Sportfahrerlehrgängen. Autobahnstrecken, für die ich heute eine Stunde benötige, legte ich damals in der Hälfte der Zeit zurück. Tempo 200 waren damals durchaus noch möglich. Denn damals gab es nicht so viele Tempolimits und waren auch nicht so viele Autos auf der Autobahn unterwegs wie heute. Vom Zustand der Straßen und der Anzahl der Baustellen ganz zu schweigen.

Heute komme ich selten über Tempo 130 hinaus. Das liegt einerseits daran, dass die Fahrgeschwindigkeiten auf der Strecke praktisch ausnahmslos reglementiert sind. Es liegt auch daran, dass die Verkehrsdichte kaum mehr höhere Geschwindigkeiten zulässt. Vor allem aber liegt es daran, dass ich inzwischen mit einem Elektroauto unterwegs ist, das maximal 150 km/h schnell ist, dann aber so viel Strom frisst, dass ich mein Ziel nicht erreichen würde. Meine Reisegeschwindigkeit liegt folgerichtig bei etwa 120 km/h: Elektromobilität entschleunigt.

Die aktuelle Diskussion über ein generelles Tempolimit auf deutschen Autobahnen nach dem Vorbild unserer europäischen Nachbarn verfolge ich deshalb mit einer gewissen Empathie, auch Melancholie, aber im Unterschied zu vielen „Petrolheads“ ganz entspannt. Denn ich weiß: Das Tempolimit wird kommen.

Sicher nicht mehr in diesem Jahr, wahrscheinlich nicht mehr in dieser Legislaturperiode, aber höchstwahrscheinlich in der nächsten. Und nicht allein zum Klimaschutz und aus Sicherheitsgründen, auch nicht wegen irgendwelcher grüner Ideologen. Für die Beschränkung der Höchstgeschwindigkeit auf 120 oder 130 km/h werden technische Entwicklungen sorgen: Die Ausbreitung der Elektromobilität und die Automatisierung des Straßenverkehrs auf vier Rädern.

Ein vollautonom fahrendes Auto der Entwicklungsstufe 5, erklärte mir kürzlich ein BMW-Ingenieur, habe eine natürliche Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h, da mit der Fahrgeschwindigkeit auch die Zahl der Informationen wächst, die Sensoren und Prozessoren verarbeiten müssen. Und bei Tempo 120 sind nicht nur Autos mit Verbrennungsmotor recht sparsam und schadstoffarm, sondern arbeiten auch elektrogetriebene Autos besonders effektiv.

Für beide Gattungen gilt im Übrigen: Wenn die Fahrzeuge auf geringere Höchstgeschwindigkeiten – auf maximal 160 statt auf 200 oder 250 km/h – ausgelegt sind, lässt sich auch der Aufwand bei den Fahrwerken, Motoren und beim Insassenschutz reduzieren. Die Autos können wieder leichter, Ressourcen geschont und der Verkehr auf der Autobahn homogenisiert und damit der Verkehrsfluss optimiert werden. Von den Nerven aller Verkehrsteilnehmer ganz zu schweigen.

Wer die Freiheit auf der Straße sucht und sich am Steuer eines Autos austoben will, möge dies auf einer Rennstrecke tun. Nach einem Sicherheitstraining und auf eigenes Risiko, als kontrollierter Wahnsinn.

Artikel teilen

Kommentar absenden

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert