Mit Mitte 20 gründete Elon Musk Zip2, seine erste Firma. Es folgten X.com, PayPal und 2002 das Raumfahrtunternehmen SpaceX. Zwei Jahre später erwarb Musk Anteile am Fahrzeughersteller Tesla. Dessen Ziel war, Elektroautos zu produzieren, die mit Verbrennungsmotorfahrzeugen konkurrieren können. Weltweit gibt es inzwischen über 100 Firmen, die Elektroautos fertigen. Doch keine davon hat eine so rasante Entwicklung genommen wie Tesla. Wie erklärt sich dieser Erfolg? Was hat Tesla, was die Anderen nicht haben? Die Gründe sind vielschichtig. An Elon Musk allein liegt es sicher nicht.

Wer sich mit dem Unternehmen beschäftigt, stellt schnell fest: Tesla setzt nicht die gleichen Prioritäten wie klassische Autohersteller und konkurrierende Elektroautobauer. Vieles macht das Unternehmen anders als andere.

Was das Unternehmen stark macht

Online-Shopping: Tesla bietet kein dichtes Händlernetz. Die Kunden konfigurieren und bestellen ihren Wunsch-Tesla selbst im Internet. Das ist einfach, macht Spaß und lässt sich bequem vom Schreibtisch oder dem heimischen Sofa erledigen. Der Nachteil: Termine für eine Probefahrt gibt es nur beim Händler, der eventuell etwas weiter entfernt sitzt.

Service: Tesla betreibt eigene Service-Center an derzeit 21 Standorten in Deutschland. Die freien Kfz-Werkstätten haben seit 2021 ebenfalls Zugang zur Diagnose- und Programmierungssoftware sowie zu Reparatur- und Wartungsinformationen und dürfen Tesla reparieren. Eine Werkstatt bekommen Teslafahrer allerdings relativ selten zu sehen. Die bequemen Alternativen heißen Ferndiagnose und Over-the-Air Software-Update.

Sportlich stromern
Das meistverkaufte Elektroauto der Welt gibt seinen Besitzern das Gefühl, einen Sportwagen zu bewegen – auch ohne dass dazu ein Tuning erforderlich wäre. Trotzdem bieten Unternehmen wie Startech entsprechende Umbausätze auch diese

Reichweite: 2021 lag das Tesla Model S mit 610 Kilometern Reichweite auf Platz 1. Inzwischen führt der Mercedes EQS die Liste mit 752 Kilometer Reichweite an. Tesla versprach ein Upgrade des Model S mit Erhöhung der Reichweite auf 840 km. Die 1.000 km-Marke könnte also bald geknackt werden.

Initiative: Tesla investiert bereits seit 2012 in den Aufbau eines eigenen Supercharger-Netzes. Derzeit wird das bestehende System aus weltweit 3.000 Supercharger-Stationen mit über 30.000 Ladesäulen a 140 kW Ladeleistung durch V3-Ladesäulen mit 250 kW ersetzt, an denen z.B. ein Tesla Model 3 in fünf Minuten 120 km Reichweite laden kann.

Tesla sorgt für Begehrlichkeit

Fahrspaß: Modelle wie der Roadster (von 2008 bis 2011 das erste Tesla Model), die Business Limousine Model S (seit 2012) oder das Model 3 (seit 2017, das meistverkaufte Elektroauto der Welt) geben dem Fahrer das Gefühl, einen Sportwagen zu lenken. Der neue Roadster soll ab 2022 bis zu 400 km/h das schnellste Elektroauto der Welt sein und eine Reichweite von über 1.000 km bieten.

Zielgruppe: 2021 war die Basisversion des Tesla Model 3 für knapp 50.000 Euro erhältlich und zählte damit zur Oberen Mittelklasse. Wer mehr investieren kann, sollte für den neuen Roadster das Drei- bis Vierfache einplanen. Model S (ab über 100.00 Euro) und die Elektro-SUV Model X (ab über 110.00 Euro) und Model Y (ab unter 60.000 Euro) bewegen sich dazwischen. Gut- und Besserverdienende mit geregeltem Einkommen garantieren sichere Kundschaft.

Flexibilität: Bedingt durch die weltweite Pandemie zeigen sich Lieferengpässe in nahezu allen Branchen, auch in der für die Autoproduktion so wichtige Chipindustrie. Tesla baute kurzfristig einen Teil der Chips selbst. Trotzdem blieben Lieferverzögerungen bei Tesla nicht aus, wie sich u.a. in der verspäteten Markteinführung von Roadster und Semi zeigt.

Überschaubarkeit: Mit einer überschaubaren Produktpalette von nur vier PKW-Baureihen schaffte es Tesla, der größte Hersteller von Elektroautos weltweit zu werden. Dass Konzentration auf die wichtigsten Produkte und deren Weiterentwicklung zum Erfolg führt, hat bereits Apple bewiesen.

Tesla Roadster 2
Wie lange eine Ladung des 200 kw/h-Akkus bei voller Geschwindigkeit reicht, wird ohnehin nur auf öffentlichen Straßen in Deutschland (legal) auszutesten sein: Die liegt laut Musk nämlich bei rund 400 km/h. Foto: Tesla

Marketing: Der Vergleich mit Apple soll nicht überstrapaziert werden, doch für diesen hier hat Elon Musk selbst gesorgt. Bei der Vorstellung des neuen Tesla Model 3 Anfang 2016 arbeitete Musk mit denselben Marketing-Tricks wie seinerzeit Steve Jobs. So wurde beispielsweise vom Model 3 nur ein Foto der Silhouette gezeigt. Wenig später konnte man das Auto reservieren, woraufhin ganz harte Fans tagelang vor den Tesla-Stores kampierten. Bilder, die man bis dahin nur von Apple Stores kannte.

Humor: Mit der Bezeichnung der vier Modellreihen S, 3, X und Y erlaubte sich Elon Musk einen pubertären Witz. Vorgesehen war, dass sich das Wort „SEXY“ ergibt. Da Ford jedoch die Rechte am Model E nicht freigab, musste die 3 als spiegelverkehrtes E herhalten.

Perspektive: Den Elektro-LKW kündigte Tesla bereits 2017 an. Ursprünglich sollte der „Semi“ 2019 auf der Straße sein. Nun ist ein Marktstart von Semi und Cybertruck in 2022/2023 vorgesehen. Damit die Elektro-LKW mit Reichweiten von bis zu 800 km (Cybertruck) oder über 1.000 km (Semi) unterwegs sein können, sind Megacharger mit Ladeleistungen von 600 kW und mehr für das schnelle Aufladen geplant.

Andere haben Kunden, Tesla hat Fans

All die genannten Fakten zusammengenommen schaffen eins – ein spezielles Lebensgefühl, einen UPS (Unique Selling Point). Dieses Alleinstellungsmerkmal unterscheidet Tesla von anderen Autoherstellern und ist wieder am ehesten mit Apple und der Markentreue seiner Fans vergleichbar. Tesla Fanboys outen sich, indem sie Shirts mit ebendiesem Aufdruck tragen – und sie sind stolz darauf. Die positiven Eigenschaften der Marke übertragen sich gefühlt auf den Besitzer eines Tesla. Elon Musk mag umstritten sein, dennoch gilt er vielen Teslafahrern als Vorbild und Leitfigur. Reich, erfolgreich und innovativ – wer wäre das nicht gern?

Mittlerweile haben sich Tesla-Fans in Brand Communities, in Markengemeinschaften, zusammengeschlossen. Mit dieser Marke und deren inneren Werten im Focus gestalten sie Fan-Websites, organisieren gemeinsame Ausfahrten und sogar Weihnachtsfeiern. Seit einem Software-Update 2019 lädt der Camping-Modus dazu ein, im Tesla zu übernachten. Vom18. bis 19. Juni 2022 werden Tesla-Clubs auf drei Kontinenten dies beim „Tesla Owners Camper Day“ ausprobieren und darüber berichten. Bereits im Juni 2021 trafen sich Fans aus ganz Europa in Grünheide zu einer Auto-Choreo, mit der sie Elon Musks zu seinem 50. Geburtstag gratulierten. Das sind keine Kunden, sondern eine verschworene Gemeinschaft. Und sie sind stolz darauf, dabei zu sein.

Tesla ist die digitale Zukunft. Herkömmliche Automarken verbinden viele mit der analogen Vergangenheit, in der sie sich mit ihren Geschwistern die Rückbank im Familienkombi teilten. Eine schöne Erinnerung, doch eine Zeit, in die kein Tesla Fan zurückwill. Ein Wechsel zu einer anderen Automarke wäre ebenfalls ein Rückschritt und daher extrem unwahrscheinlich. Stattdessen teilen Teslafahrer ihre Begeisterung in den sozialen Medien und verhelfen der Marke zu unbezahlter und unbezahlbarer Werbung. Selbst denen, die bisher aus Überzeugung nur deutsche Automarken kauften, wird der Wechsel zu Tesla schmackhaft gemacht: Die im März 2022 eröffnete Gigafaktory 4 steht in Grünheide (Brandenburg). Seitdem rollen dort deutsche Teslas vom Band.

Ist die Zukunft Tesla?

Laut Beschluss des EU-Parlaments dürfen ab 2035 keine Autos mit Verbrennungsmotor mehr verkauft werden. Klimaschützern liegt dieser Termin zu weit in der Zukunft. Kritiker bemängeln, dass damit auch gegen klimaneutrale synthetische Kraftstoffe gestimmt wurde. Befürworter feiern die Entscheidung als Weg in eine Zukunft Europas als Automobilstandort. Tesla rollt seit Jahren auf dieser Spur, hat bisher fast alles richtig gemacht. Und wird dafür weiterhin von seinen Fans gefeiert werden und neue gewinnen.

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