Dem Schweizer Unternehmen Synhelion ist es gelungen, aus Solarwärme Kraftstoff herzustellen. Und das im industriellen Maßstab, ohne Strom und als weltweit erstem Treibstoffhersteller. Mit diesen Meilensteinen könnte das Unternehmen an der Kritik an Power-to-Gas-Verfahren vorbeiziehen und die Art der Treibstoffherstellung in ein völlig neues Licht stellen.
Für das Verfahren stehen nun etliche Spiegel auf einer grünen Wiese in Jülich bei Köln und konzentrieren ihre Reflexionen auf einen ausgewählten Punkt. Dieser Punkt befindet sich in luftiger Höhe eines massiven Turms, der alle weiteren Komponenten in sich trägt.
Wie werden synthetische Gase bisher gewonnen?
Bei den sogenannten Power-to-Gas Verfahren werden mithilfe von elektrischem Strom brennbare Gase gewonnen. Wichtige Produkte sind Wasserstoff, Ammoniak und Methan. In nachgeschalteten Prozessen werden dann unter anderem Treibstoffe (Power-to-Fuel) oder Chemikalien (Power-to-Chemicals) erzeugt.
Kritik an Power-to-Fuel Verfahren
Trotz der sehr guten Grundidee von grün erzeugten Kraftstoffen stehen insbesondere Power-to-Fuel Verfahren immer wieder in der Kritik: Jeder chemische sowie physikalische Umwandlungsprozess unterliegt unvermeidbaren Energieverlusten. Am Ende der Kette steht daher ein Produkt, dass deutlich weniger Energie enthält, als in die Prozesskette geflossen ist. Kurz gesagt: Aus zu viel Strom wird zu wenig Kraftstoff.
Darüber hinaus wird dieser Kraftstoff in Motoren verbrannt, deren Wirkungsgrad nicht annähernd mit denen eines Elektromotors mithalten kann. Daraus entsteht die Forderung, den zu Beginn der Kette bereitgestellten Strom direkt in Fahrzeuge zu laden und nicht erst aufwändig umzuwandeln.
Vorteile der Power-to-Fuel Verfahren
Befürworter solcher Verfahren sprechen sich hingegen dafür aus, statt fossiler Brennstoffe besser synthetische einzusetzen: Es besteht eine Nachfrage an Kraftstoffen, die nicht wegzudiskutieren ist. Viele Menschen sind nach wie vor auf ihre Verbrenner-PKW angewiesen, Flugzeuge fliegen noch lange nicht flächendeckend elektrisch und die Power-to-X Verfahren lassen zu, Überschussstrom chemisch zu speichern. Auch die Fahrzeuge der Rettungskräfte profitieren nach wie vor von den Vorteilen der Verbrenner. Doch auch hier sind Alternativen auf dem Weg.
Was macht Synhelion mit der Solarwärme anders?
Das aus der Schweiz stammende Unternehmen ändert die bekannten Verfahren der Synthese nun an mehreren Punkten zum Besseren. Statt den Umweg über Strom zu gehen, wird die Wärmeenergie der eintreffenden Sonnenstrahlung direkt genutzt.
Dazu wird über ein Spiegelfeld die eintreffende Wärme auf einen Solarstrahlungsempfänger (Receiver) konzentriert. Die gesamte Anlage in Deutschland kann dabei mit beeindruckenden Zahlen aufwarten:
- 250 Kilowatt Empfänger (Receiver);
- 6 Meter hoher und 12 Tonnen schwerer Refomierungsreaktor;
- 1.500 Grad Celsius Prozesswärme ausschließlich aus Solarstrahlung;
- 100 Normkubikmeter Synthesegas-Erzeugung pro Stunde.
Der Turm und das Spiegelfeld gehören zum Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Dort konnte Synhelion nun seinen Prozess präsentieren und die Wirkungsweise vorstellen.
Stärken der Solarwärme-Anlage von Synhelion
Über einen Zyklus von 24 Stunden gesehen nutzt die Anlage ein Drittel der Sonnenstrahlung unmittelbar für die Reaktion. Zwei Drittel hingegen werden in einen Wärmespeicher gelenkt, der Schwankungen der Sonneneinstrahlung ausgleicht (beispielsweise durch Wolkenschatten) und den Prozess auch durch die Nacht hindurch versorgen kann.
Als Kohlenstoffquelle nutzt die Anlage in Deutschland Bioabfälle einer Papierfabrik. Dort entstehen trotz intensivem Recycling fortlaufend Restprodukte. Diese werden dem Prozess zugeführt, anstatt sie zu verbrennen. In weiteren und zukünftigen Anlagen des Herstellers kommen ebenfalls Bioabfälle zum Einsatz. Der eigene Anspruch des Unternehmens ist, RED-II-zertifiziertes CO2 und Methan aus Bioabfällen zu nutzen.
Somit ist dieser Sun-to-Liquid Prozess von Synhelion in der Lage, den CO2-Kreislauf zu schließen: Der später verbrannte Kraftstoff setzt nur so viel Kohlenstoffdioxid frei, wie bei der Erzeugung eingebracht worden ist.
Wo werden Synthesekraftstoffe eingesetzt?
Anlagen dieser Größe sollen laut Hersteller im Jahr rund 150.000 Liter Treibstoff herstellen können. Hiermit möchte Synhelion jene Verkehrssektoren decarbonisieren, die nicht (oder noch nicht) elektrifiziert werden können. Bestes Beispiel hierfür ist der Flugverkehr.
Das Unternehmen betont, dass seine Lösung der CO2-neutralen Kraftstoffe keine Konkurrenz, sondern eine passende Ergänzung zur Elektromobilität darstellt. Mit beiden Punkten, sowie dem Prozess an sich, kommt der Hersteller bisheriger Kritik an eFuels gekonnt zuvor.
Als nächsten Schritt baut Synhelion nun ebenfalls in Jülich die weltweit erste industrielle Anlage für Solartreibstoffe, welche die gesamte Prozesskette (vom konzentrierten Sonnenlicht bis zu den flüssigen Treibstoffen) in industriellem Maßstab demonstrieren sollen wird.
Diese Anlage wird im Rahmen des SolarFuels-Projekts umgesetzt, welches vom deutschen Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) gefördert wird. Die Anlage soll bereits im Jahr 2023 in Betrieb genommen werden und die Fluggesellschaft SWISS wird Erstabnehmerin des Solarkerosins sein.
Das einfachste ist es wohl, die im dicht besiedelten Deutschland Probleme aufwerfenden Don Quijotes in die unbesiedelten Windregionen Chiles zu exportieren, damit sie dort gegen die Windmühlen anrennen können, mit deren e-Fuel-Feigenblatt sie weiterhin ihre Verbrenner fahren wollen.
Das Synhelion-Verfahren ist was für sonnenreiche Gegenden, die sollten sich auch in Südeuropa finden lassen, sowie auf Inseln, die nicht per Seekabel an ein leistungsstarkes Netz angebunden sind.
Anmerkung zur Behauptung, direkte Stromnutzung sei erheblich effizienter:
Das Angebot von Solar-, Wasser- und Windenergie ist in Deutschland vergleichsweise bescheiden und reduziert die Nutzungseffizienz der Grünstromanlagen erheblich. Bis zu 4 Mal mehr als in Deutschland liefert z.B. die gleiche Windkraftanlage in Chile, deren Strom jedoch nicht nach Deutschland exportierbar ist, wohl aber der damit produzierbare Kraftstoff.
Fazit: Effizienz ist kein eindimensionaler Begriff und Energieeffizienz ohne entsprechende Nutzungseffizienz, Rohstoffeffizienz, Flächeneffizienz und Kosteneffizienz wenig zielführend.
Zumal die Windflächen im dicht besiedelten Deutschland Probleme aufwerfen, die es in den unbesiedelten Windregionen Chiles nicht gibt.