Die Elektrowelle hat in vielen Wirtschaftsregionen der Welt längst mächtig Fahrt aufgenommen. Auch wenn die Subventionen in vielen Nationen zurückgehen und sich wie in Deutschland mehr denn je auf reine Elektroautos kaprizieren, klafft zwischen Nachfrage und Fahrzeugproduktion eine immer größere Lücke. Ein Grund ist die weltweit große Nachfrage nach Rohstoffen wie Lithium, die in den Akkupaketen verbaut werden. Und eine Entspannung ist nicht in Sicht – eher im Gegenteil.

Der neueste Bericht der Analysten von Global Data zeigt, dass bis Ende des Jahrzehnts mehr als 27,5 Millionen batteriebetriebene Elektrofahrzeuge produziert werden, die eine Vielzahl von Lithium-Ionen-Zellen benötigen. Während die Regierungen vieler Länder erfolgreich gegen die Lithium-Knappheit vorgehen – die Produktionskapazität für Batteriezellen soll bis zum Jahre 2030 um fast das Fünffache auf 5,8 TWh ansteigen – werden diese Bemühungen selbst für die am wenigsten ehrgeizigen Elektropläne zu wenig sein, ganz zu schweigen von anderen Ideen für den elektrischen Verkehr.

So funktioniert Marktwirtschaft
Entwicklung des Spotmarktpreises von einer Tonne Lithiumcarbonat in Yuan seit 2018.

Das wirkt sich nicht allein auf den Markt der Pkw aus, sondern beeinflusst auch den Markt der Nutzfahrzeuge sowie von innovativen Verkehrsprojekten wie Flugtaxis oder das Hyperloop-Konzept. Einige Entwicklungen dürften sich schon deshalb ins nächste Jahrzehnt ziehen. Daran ändern auch alle Bestrebungen von Autoherstellern und Batteriefirmen wenig, die gebrauchten Akkupakete maximal zu recyceln.

VW plant Recyclingquote von 90 Prozent

„Unser Ziel ist es, einen eigenen Kreislauf mit mehr als 90 Prozent Wiederverwertung unserer Batterien zu schaffen“, sagt Thomas Tiedje, Leiter der technischen Komponentenplanung bei Volkswagen, „wir wollen den Prozess an keiner Stelle aus der Hand geben, sondern qualifizieren lieber unsere eigenen Mitarbeiter und machen sie damit fit für die Zukunft.“ Es kommen jedoch ausschließlich Batterien ins Recycling, die wirklich nicht mehr anders nutzbar sind. Davor wird geprüft, ob die im Batteriesystem verbauten Module noch in einem guten Zustand sind und möglicherweise ein zweites Leben in mobilen Energiespeichern wie flexiblen Schnellladesäulen oder Laderobotern erhalten können.

„Die hohe Nachfrage nach Lithium-Ionen-Batterien wird nicht nur die Preise für Elektrofahrzeuge in die Höhe treiben, sondern auch dazu führen, dass neue, innovative Technologien, die ebenfalls auf diese Batterien angewiesen sind, in der Warteschlange zurückbleiben“, erläutert Emilio Campa, Analyst von Global Data, „vergleicht man die erwartete Nachfrage nach Elektrofahrzeugen mit der Produktionskapazität von Batterien, so ergibt sich ein Defizit von über 2.400 Kilotonnen Lithium in Batteriequalität. Das ist einfach nicht gut genug. Man hätte schon vor einigen Jahren damit beginnen sollen, den Abbau des kritischen Metalls zu subventionieren. Wenn es nicht genügend Batterien für Elektroautos gibt, wird es auch keine für Projekte wie fliegende Taxis geben.“

Lithiumgewinnung im Salar de Atacama
Die Produktion des Leichtmetalls hält mit der Nachfrage nicht Schritt -die Folge sind kräftige Preissteigerungen. Foto: SQM

Unsicherheit gibt es ohnehin auf dem weltweiten Automobilmarkt, da die Probleme bei Halbleitern längst nicht ausgeräumt sind, viele Lieferketten nach wie vor haken und eine drohende Rezession viele Kaufinteressenten dazu bringen dürfte, ihre geplanten Ausgaben zu verschieben. Der westeuropäische Automarkt ist im Vergleich zum Vorjahr gestiegen und die jährliche Verkaufsrate hat sich im August auf 12,4 Millionen Einheiten verbessert, gegenüber 9,5 Millionen im Juli. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt prognostiziert Global Data, dass der westeuropäische Automobilmarkt im Jahr 2022 auf knapp zehn Millionen Verkäufe zusteuert, was einem Rückgang von sechs Prozent gegenüber dem Vorjahr entspräche – verglichen mit 14,3 Millionen Verkäufen im Jahr 2019 vor der Pandemie.

Chipkrise dämpft Preisentwicklung noch

David Leggett, Automobilanalyst bei Global Data: „Die Unternehmen in Europa sind in diesem Jahr mit einem grundsätzlich schwachen Markt konfrontiert. Zudem nehmen die Herausforderungen zu. In dem Moment, in dem die Chipkrise und die damit verbundenen angebotsseitigen Absatzbeschränkungen nachzulassen beginnen, verlagert sich die Aufmerksamkeit auf nachfrageseitige Probleme im weiteren Verlauf dieses Jahres und bis ins nächste Jahr hinein. Schwierige Bedingungen für Fahrzeughersteller und Zulieferer werden noch eine Weile Teil der Industrielandschaft in der Automobilindustrie sein. Neben dem durch einen drohenden Wirtschaftsabschwung verursachten Marktdruck sehen sich die Unternehmen mit weiterem Druck von der Angebotsseite in Form von steigenden Rohstoff- und Energiekosten konfrontiert.“

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