Es existieren zahlreiche Möglichkeiten, Energie zu speichern. Zumindest trifft dies auf den fossilen Bereich zu: Die Bindungsenergie in Öl und Gas liegt bereits fertig verpackt vor.
Im Bereich der Erneuerbaren Energien zeichnet sich ein anderes Bild: Die Strahlungsenergie der Sonne oder Strömungen von Wind und Wasser lassen sich nicht so ohne weiteres speichern. Sie müssen zuerst in eine speicherbare Variante umgewandelt werden.
Und es stellt sich ein weiteres Problem: In gespeicherter Form ist die Energie nur sehr schwierig oder nur in kleinen Mengen transportabel. Schließlich lassen sich Pumpspeicherkraftwerke gar nicht und große Mengen geladener Akkus nur unwirtschaftlich bewegen. Mit dem Transport aber steht und fällt jedoch die Möglichkeit, Energie auch handeln zu können.
Herausforderungen für Transport und Handel
Transport und Handel von Energie stellen zwei wichtige Kernelemente der globalen Energieversorgung der Zukunft dar. Insbesondere dann, wenn die Menschheit ihren Bedarf aus erneuerbaren Quellen beziehen will. Und muss.
Fossile Energieträger werden seit Jahrzehnten über große Distanzen hinweg transportiert. Das ist auch nötig, denn in den seltensten Fällen befinden sich sowohl Quelle als auch Raffinerie direkt neben der heimischen Tankstelle.
Im Gegensatz dazu lassen sich Grundmengen von Energie aus erneuerbaren Quellen praktisch überall auf der Welt gewinnen. Dennoch gibt es hierbei Orte mit geringeren Produktionskosten und andere mit hoher Nachfrage. Die Überbrückung dieser Distanz gelingt dann in den seltensten Fällen mithilfe von Stromtrassen.
Wasserstoff als Transportmedium für Energie
Als Hoffnungsträger schlechthin gilt daher grüner Wasserstoff. Mit seiner Hilfe kann Energie in großen Mengen gespeichert und in ebenso großer Skalierung transportiert werden. Somit wäre der Weg frei für den weltweiten Handel mit den Erneuerbaren.
Die International Renewable Energy Agency (IRENA) beschäftigt sich im zweiten ihrer dreiteiligen Publikation zum Thema mit verschiedenen Trägern von Wasserstoff.
Die Kosten für die Bereitstellung von Wasserstoff (und somit Energie aus erneuerbaren Quellen) an den Bedarfsorten setzen sich aus der Produktion und dem Transport zusammen. Die Transportkosten wiederum ergeben sich aus dem Volumen und der Distanz.
Als Transportmöglichkeiten gelten Lastwagen, Pipelines und Schiffe. Als mögliche Zustands- bzw. Bindungsform von transportablem Wasserstoff gelten grundlegend:
- komprimierter Wasserstoff;
- sauerstoffhaltige Produkte wie Methanol, Ethanol und DEM (Ethylenglycoldimethylether);
- Methan;
- Carbon Shipping (fossiles Gas exportieren und Rückimport des CO2, das bei Wasserstoffproduktion entsteht);
- Ammoniak, LOHC (flüssige organische Wasserstoffträger) und Flüssigwasserstoff.
Aus diesen erachten die Autoren drei Möglichkeiten für den Schiffstransport für sinnvoll: Ammoniak, LOHC und Flüssigwasserstoff. Ammoniak wird bereit in großer Skalierung erzeugt. Somit ist die damit verbundene Technologie und benötigte Infrastruktur für den Transport weitgehend bekannt.
- 2020 wurden weltweit 183 Megatonnen produziert
- 25% davon in China,
- 30% in Russland, USA und Indien
Ammoniak hat gegenüber reinem Wasserstoff den Vorteil, dass es weniger flüchtig ist und eine viel höhere Dichte hat. Es lässt sich daher einfacher transportieren und man kann auf die energieintensive Kompression verzichten. Der Transport, beispielsweise in Frachtschiffen, ist zudem bereits eine etablierte Technologie, da es schon heute eine große Ammoniakindustrie gibt. Darüber hinaus ist Ammoniak im direkten Vergleich mit Flüssigwasserstoff deutlich leichter zu verflüssigen und enthält 1,7 Mal soviel Wasserstoff pro Volumen. Es ist prinzipiell auch möglich, Wasserstoff wieder aus Ammoniak zurückzugewinnen. Es würde damit praktisch als Transportmedium für Wasserstoff dienen – allerdings mit entsprechenden Umwandlungsverlusten.
Wie grün ist Ammoniak?
Derzeit werden 10 Prozent der Ammoniak-Produktion auch weltweit gehandelt – mittels Pipelines und Tankern. Bisher wird diese Menge jedoch im seltensten Fall mithilfe Erneuerbare Energien bereitgestellt:
- 72% aus Erdgas,
- 22% aus Kohle,
- 5% aus Öl,
- und nur weniger als 1% aus erneuerbaren Energien.
Dadurch lag die CO2 Emmission bei 300 Megatonnen durch die Nutzung fossiler Energieträger und 270 Megatonnen für die Bereitstellung der Rohstoffe. Insgesamt also 570.000.000 Tonnen CO2. Zum Vergleich: Im selben Jahr trug Deutschland 622.000.000 Tonnen zum weltweiten CO2 Ausstoß bei.
Wirkungsgrad bei der Herstellung von Ammoniak
Um die Herstellung von Ammoniak mithilfe von erneuerbaren mit den fossilen Energieträgern sinnvoll zu vergleichen, müssen die Kosten und der Wirkungsgrad der Systeme ermittelt werden. Die Kosten setzen sich aus der Investition, Betriebskosten und Energiekosten zusammen, der Wirkungsgrad aus thermodynamischen Verlusten und dem Energieverbrauch.
Die einzelnen Teilschritte der Synthese geben die Autoren innerhalb der Studie detailliert an. Kurz gesagt arbeitet die Synthese über einen internen Recycle ausgesprochen effizient (bis zu 99Prozent des Wasserstoffs werden in Ammoniak gebunden), außerdem arbeiten größere Anlagen deutlich wirtschaftlicher als kleinere.
Hürden bei der Ammoniak-Produktion mit erneuerbarer Energie
Wie die bereits genannten Zahlen zeigen, wird Ammoniak noch nicht umfänglich über erneuerbare Energie erzeugt. Und in eben dieser Tatsache stecken verschiedene Unsicherheiten, die es für die benötigte Zuverlässigkeit des Systems auszuloten gilt.
So geben die Autoren an, dass eine Ammoniak-Synthese bisher noch nicht unter einer schwankenden Leistungsaufnahme betrieben wurde, welche erneuerbare Energien zum Teil mich sich bringen. Dies könnte negative Auswirkungen auf die Lebensdauer der Katalysatoren sowie des gesamten Equipments haben.
Wie kann man Wasserstoff transportieren?
Für den effizienten Transport wird der Zusammenhang zwischen der Transportdistanz und der Transportmenge gebildet. In den Ausarbeitungen der Studie zeigt sich, dass ab einer mittleren Distanz und für fast alle Transportmengen Schiffe die beste Wahl sein werden.
Die kurzen Distanzen egal welcher Menge sollten Pipelines übernehmen. Als Bindeglied dient ein Umbau vorhandener Pipeline-Infrastruktur, die dem neuen Zweck angepasst wird. Der Transport von LOHC und Flüssigwasserstoff nimmt jeweils nur eine Nischenrolle ein.
Am Zielort angekommen, muss Ammoniak wieder in seine Bestandteile, namentlich Wasserstoff und Stickstoff, gespalten werden. Der Wasserstoff kann anschließend frei von CO2-Emission verbrannt und die Energie genutzt werden.
Wie gewinnt man Wasserstoff aus Ammoniak?
Die nötige Reaktion bevorzugt grundsätzlich hohe Temperaturen und niedrigen Druck.
Da die Herstellung von Ammoniak Hitze erzeugt, ist es chemisch bzw. thermodynamisch logisch, dass die Spaltung Hitze benötigt.
Um die benötigte Hitze (und somit den Energieeinsatz!) für die Spaltung gering zu halten, bedarf es geeigneter Katalysatoren. Diese sind in der Lage, die nötige Wärme von ca. 1.000 Grad Celsius auf unter 300 Grad zu reduzieren.
Auch an den Druck werden verschiedene Ansprüche angelegt. Hier ist es wichtig, eine Balance zu finden zwischen Energieeinsatz, Energieverlust sowie entstehenden Ansprüchen, die nach der Auftrennung entstehen. Als Idealbereich geben die Autoren 20 bis 40 bar an.
Insgesamt hängt die Effizienz wieder einmal an der größe der Anlage und somit deren Kapazität. Alle betrachteten Studien zeigen, dass größere Anlagen deutlich Kosteneffizienter aufzustellen sind als kleinere. Ab einer Kapazität von etwa 500 Tonnen am Tag gilt dieser Zusammenhang dann nicht mehr, stattdessen bleiben die nötigen Investitionen per Kapazität gleich bzw. verlaufen linear.
Zusammenfassung der IRENA Studie
Die Autoren zeigen verschiedene Stellen innerhalb der Kette auf, an denen Forschungsbedarf besteht, um Energie transportabel und handelbar zu machen. Zusammengefasst werden dabei folgende Aussagen getroffen:
- größere Produktionsstätten arbeiten ökonomischer als kleine;
- große Tanks sind im Verhältnis günstiger als kleine;
- größere Stätten der Spaltung arbeiten ebenfalls ökonomischer als kleine;
- eine Vielzahl an bereits vorhandener Infrastruktur (Schiffe, Pipelines, …) lässt sich auf den neuen Zweck anpassen.
Sollten diese Kriterien erfüllbar sein, dann ist die Nutzung von Ammoniak unter den betrachteten Wasserstoff-Trägern der kostengünstigste Weg in den weltweiten Handel mit erneuerbarer Energie.