Der Funkstandard 5G ist heiß begehrt. Statt wie bisher den Telekommunikationsanbietern das Feld zu überlassen, wollen auch Wirtschaftsunternehmen ein Frequenzband haben. Ob sie bei der Lizenz-Versteigerung im Frühjahr 2019 in einem Verbund mitbieten oder einzelne Unternehmen daran teilnehmen, ist noch offen.

Während der Vorgänger primär für das Smartphone ausgelegt war, findet mit 5G die mobile Datenkommunikation den Weg in fast jedes Gerät. Das Internet of Things, eine intelligenten Verkehrssteuerung und auch die Smart City sollen damit richtig in Schwung kommen. „Deutschland muss Leitmarkt für 5G werden“, fordert der Verband kommunaler Unternehmen (VKU).

Deshalb wird jetzt fleißig geforscht und getestet: Im Hamburger Hafen wurden bereits erste Erfahrungen mit dem High-Speed-Funk gesammelt. Die Praxistests mit drei verschiedenen industriellen Anwendungen verliefen nach Aussage von HPA-Chef Jens Meier vielversprechend.

Bedarf gibt es auch in der Energiebranche. Für Joachim Seifert vom Institut für Energietechnik an der TU Dresden ist die 5G-Funktechnik eine der Schüsselkomponenten der Energiewende. „Viele der heute noch kabelgebundenen und starren Übertragungs- und Kommunikationswege zwischen wenigen zentralen Anlagen werden durch eine funkbasierte und offene Kommunikationsplattform ersetzt. Dadurch wird es möglich, dezentrale und regenerativ dominierte Energieversorgungsstrukturen zu einem funktionierenden regionalen System zu verbinden“, erklärt der Dresdener Forscher.

Daten steuern effiziente Stromversorgung

In einem Konsortium mit der RWTH Aachen, Ericsson und der Deutschen Telekom arbeitet Seifert in dem Leuchtturmprojekt „National 5G Energy Hub“ daran, den 5G-Mobilfunkstandard in der Energietechnik einzusetzen, vor allem in Gebäuden. Der Highspeed-Funk kann über die Cloud steuern, dass lokale elektrische Einspeisungen oder auch ein höherer Wärmebedarf nicht das Netz überlasten, sondern dass die Energie auch zur Verfügung steht.

Möglich machen das die hohen Datenraten von 5G. Mit bis zu zehn Gigabit pro Sekunde sind sie zehnmal schneller als der derzeitige LTE-Standard und damit eine echte Alternative zum Glasfasernetz. 500 Milliarden Dinge des Internets können darüber in Echtzeit miteinander verbunden werden, auch ohne Netzanschluss.

Huawei-Chef Ken Hu glaubt an „tiefgreifende Veränderungen“ – sein Unternehmen stellt Teile der Infrastruktur bereit und entwickelt Basisstationen und 5G-fähige Smartphones. Große Teile der Geschäftswelt würden dank 5G komplett in die Cloud übergehen, die dann eine enorme Rechenleistung mit hohen Übertragungsgeschwindigkeiten und nahezu null Verzögerung bieten wird.

„Daten sind damit auf Abruf für alle und überall verfügbar.“ Mit der KI-Unterstützung würden Geräte von „Plug & Play“ zu „Plug & Think“ übergehen, so der Huawei-Chairman. „Sie werden die Benutzer besser verstehen – in der Lage sein, unsere Bedürfnisse aktiv vorherzusagen, nicht nur passiv auf Befehle zu reagieren – und mit uns auf natürlichere Weise zu interagieren.“

Milliardengeschäft durch schnelles Netz

Prognosen für die zusätzliche Wertschöpfung durch 5G liegen im Milliardenbereich. Ein schneller und flächendeckender 5G-Rollout ist in Deutschland deshalb unverzichtbar, heißt es in der Studie „Erfolgsfaktor 5G“ von Roland Berger und der Internet Economy Foundation (kurz IE.F).Ein Blick in die Vergangenheit zeige, dass bisher jeder neue Mobilfunkstandard zu einem Innovationsschub geführt habe, wenn auch nicht immer in Deutschland.

Friedbert Pflüger – ehemaliger CDU-Politiker und heute Vorsitzender der IE.F – ist überzeugt, dass mit Technologien wie der Cloud, künstlicher Intelligenz und immer leistungsfähigeren Chips die Anzahl der neuen Anwendungen, die 5G ermöglicht, exponentiell wachsen wird. „Deshalb gilt es, schnell zu handeln – unsere Konkurrenten im internationalen Standortwettbewerb haben die Bedeutung von 5G ebenfalls längst erkannt.“

Nun ist die Stiftung IE.F eine Interessenvertretung der deutschen Internetwirtschaft, und diese hat ein natürliches Interesse an einer gut ausgebauten digitalen Infrastruktur. Die deutsche Ambition, als First Mover einen 5G-Leitmarkt zu schaffen, hält Pflüger daher für richtig. Aber Europa fällt im digitalen Wettbewerb tatsächlich etwas hinter den USA und Asien zurück.

5G lässt die Wirtschaft träumen

Und nun gibt es kaum eine Branche, die nicht von den Chancen des neuen Funkstandards träumt. „Stadtwerke vernetzen auf Basis von Glasfaser und 5G verschiedene Einzelprojekte zur Smart City Community: Apps zur Parkplatzsuche, eine effektive Verkehrssteuerung oder intelligente Abfallbehälter“, so stellt sich das Katherina Reiche vor, ehemalige CDU-Politikerin und heute Geschäftsführerin beim VKU, dem Lobby-Verband kommunaler Unternehmen.

Steigt wie erhofft die Anzahl der Elektroautos, kann 5G die Basis der Datenübertragung für ein Netzmanagement bieten. Damit könnten E-Autos so laden, dass sie das Stromnetz effizent auslasten. Mit LTE funktioniere das zwar auch, so Seifert. 5G übermittelt die Daten jedoch nahezu in Echtzeit und erreicht damit Latenzen von unter einer Millisekunde sowie 90 Prozent weniger Stromverbrauch.

Tests mit dem neuen Mobilfunksystem laufen auch im Schienenverkehr. Es soll das selbstständige und berührungslose Kuppeln von Zügen während der Fahrt zu längeren, virtuellen Einheiten möglichen. Erste Tests zeigen auch hier vielversprechende Ergebnisse.

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