Akira Yoshino gilt in Japan als Vater des wiederaufladbaren Lithium-Ionen-Akkus. Der heute 70-jährige Ingenieur hatte in den 1980er Jahren in den Labors des japanischen Asahi-Kasei-Konzerns mit organischen Polyacetylenen experimentiert, um mit ihrer Hilfe die elektrische Leit- und Speicherfähigkeit von Batterien zu verbessern. Yoshino baute eine Anode (eine positive Elektrode) aus Polyacethylen und kombinierte sie mit einer (negativ gepolten) Kathode aus Lithium-Kobaltoxid.

Um die Stabilität und damit die Sicherheit eines solchen Energiespeichers zu verbessern, erfand er obendrein einen Kollektor aus Aluminium sowie eine ultradünne Membrane zur Trennung von Kathode und Annode – die Lithium-Ionen-Batterie wurde dadurch großserientauglich und trieb schon bald darauf Kameras, Mobilfunkgeräte und tragbare Computer an. Yoshino machte später steile Karriere im Chemiekonzern und erhielt Lehrstühle an den Meiji-Universität Tokio und der Kyushu-Universität in Fukuoka. Der Vater von drei Kindern ist Träger des renommierten Japan-Preises und Anwärter auf den Chemie-Nobelpreis. Am Rande des Business Forums von Asahi Kasei Europa in Düsseldorf trafen wir ihn zum Interview.

Professor Yoshino, haben Sie schon einmal selbst Reichweitenangst erlebt?
Ich selbst nicht, da ich kein Elektroauto fahre, sondern ein Fahrzeug mit Hybridantrieb. Rein batteriegetriebene Autos sind sehr teuer. Ich kann mir deshalb noch keines leisten. Trotzdem kenne ich die Sorge mancher Menschen natürlich, mit einem leeren Akku in einsamer Gegend liegenzubleiben. Vor dem Kauf eines Elektroautos sollte man schon wissen, wie man dieses einsetzt.

Nicht so wie ein Auto mit konventionellem Antrieb?
Die Reichweite eines Elektroautos hängt stark von dem Szenario ab, in dem man sich bewegt. Heute wird es das Elektroauto noch genutzt wie ein Verbrenner. Aber seine Stärken wird der Antrieb erst ausspielen können, wenn das Auto vollautonom fährt und von Künstlicher Intelligenz gesteuert wird. Dann wird es Ladestationen immer rechtzeitig ansteuern.

Dieses Szenario liegt allerdings noch weit in der Zukunft.
Ja, ich denke, noch wenigstens zehn Jahre.

In der Zwischenzeit forscht alle Welt daran, die Speicherkapazität der Batterie zu erhöhen.
Ja, daran wird kräftig geforscht. Wir werden deshalb bald Batterien haben, die Fahrten über 500 Kilometern möglich machen. Der Nissan Leaf schafft ja heute schon 400 Kilometer zumindest auf dem Papier. Solche Entfernungen werden demnächst auch im Alltagsverkehr darstellbar sein. Wie schnell die neuen Hochleistungsbatterien in den Markt kommen, hängt von den Fahrzeugherstellern und deren Produktzyklen ab. In der Unterhaltungselektronik werden Innovationen im Drei-Monats-Rhythmus realisiert, in der Autoindustrie alle fünf Jahren. Das bremst den Fortschritt ein wenig.

Auch die hohen Preise für die Batterien bremsen noch die Verbreitung der Elektroautos. Erwarten Sie da ebenfalls rasche Verbesserungen?
Die größere Reichweite wird über eine höhere Energiedichte erreicht. Das bedeutet, dass der Preis pro Kilowatt sinken wird. Aber die Batterietechnik wird immer eine teure Technik bleiben.

Viel wird derzeit über die Festkörperbatterie gesprochen, eine Lithium-Ionen-Batterie, bei der das flüssige Elektrolyt durch ein festes ersetzt wird.
Ja, in der Tat, die Arbeiten an der Technologie stimmen hoffnungsfroh. Ich denke, dass im Jahr 2025 der erste Prototyp eines Elektroautos mit solch einer Batterie fahren wird. Aber bis zur Massenproduktion des Batterietyps werden sicher noch fünf bis zehn Jahre vergehen.

Japan war in den 1980er Jahren, als die Lithium-Ionen-Batterie erfunden wurde, die führende Batterienation. Heute scheint Korea vorn zu sein. Wie wird sich das Rennen weiter entwickeln?
Die ersten Lithium-Ionen-Batterien wurden für mobile Geräte entwickelt und auch gebaut. Später wanderten die Produktion der Geräte aus Kostengründen zunächst nach Südkorea, dann nach China. Und die Produktion der Batterien wanderte damals mit in die Länder. Ob sich die Entwicklung bei dem Bau von Batterien für Elektroauto wiederholt, bleibt abzuwarten.

Haben Sie sich bei der Entwicklung der Lithium-Ionen-Batterie vorstellen können, dass der Energiespeicher für die Autoindustrie einmal wichtiger werden würde als für die Hersteller von Unterhaltungselektronik oder die Telekommunikation?
Meine erst Lithium-Ionen-Batterie war für eine Super-8-Filmkamera gedacht. Es gab damals noch nicht einmal einen Markt für Laptops und Mobiltelefone. Elektroautos waren damals völlig außerhalb der Denke.

Unser Namensgeber Thomas Alva Edison sagte einmal, Erfindergeist besteht nur zu 1 Prozent aus Inspiration, aber zu 99 Prozent Transpiration und Mühe. Wie sieht es bei Ihnen aus?
Ich bin da nahe bei ihm. Eine Erfindung macht man nicht in einem Augenblick. Es erfordert schon eine permanente Auseinandersetzung mit der Materie. Sie brauchen vor allem sensible Antennen, um alle wichtigen Informationen zu einem Thema zu empfangen und auszuwerten. Daraus erwachsen dann neue Inspirationen.

Sie sind Vater von drei Kindern. Was haben Sie denen mitgegeben?
Ich habe ihnen die Freiheit gelassen, einen eigenen Weg durchs Leben zu finden. Aber ich habe ihnen auch die Information gegeben, dass nach statistischen Auswertungen Nobelpreisträger ihre größte Erfindung im Alter von 36,8 Jahren gemacht haben. Ich wollte sie so ein wenig unter Zeitdruck setzen.

Und hat es geholfen?
Meine beiden Töchter sind Juristen geworden. In der Disziplin gibt es keinen Nobelpreis. Mein Sohn hat immerhin Naturwissenschaft studiert. Bahnbrechende Erkenntnisse hat er allerdings meines Wissens noch nicht gemacht (lacht).

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