Schwere Bagger, gewaltige Betonmischer, Walzen, Radlader: Eine Großbaustelle ist ein unübersichtliches Gewimmel von Menschen und Maschinen. Es fällt schwer, sich hier eine ähnlich große Automatisierung oder eine Digitalisierung wie in Smart Factories vorzustellen. Doch weil der Baubranche die Mitarbeiter ausgehen, benötigt sie genau das: Maschinen, die ihre Arbeit möglichst selbständig erledigen. Das bayrische Technologieunternehmen Vemcon aus Haar bei München entwickelt intelligente Assistenzsysteme für Bagger- und Kranführer. Sie nehmen den Menschen einen Teil ihrer Arbeit ab, die Bauarbeiten werden damit schneller und besser.

„Die Arbeiter kämpfen mit den Maschinen“, sagt Jan Rotard, einer der Vemcon-Gründer. Als Maschinenbauer weiß er, wie anstrengend die Bedienung dieser Ungetüme ist. Jedes Gelenk eines Baggers wird vom Fahrer einzeln angesteuert. Da ist es fast unmöglich, eine gleichbleibend hohe Arbeitsqualität abzuliefern. „Viele Tätigkeiten mit den schweren Geräten wiederholen sich. Das ermüdet und führt zu Ungenauigkeiten“, sagt der 36-jährige Rotard. Deshalb müsse am Bau fast immer mit hohen Kosten nachgearbeitet werden.

Gerade die monotonen Arbeitsschritte nimmt das Vemcon-System den Fahrern ab. Neben einer Software liefert die Firma dazu einen ergonomisch besonders ausgearbeiteten Joystick. Er soll die Bedienung der vielen Funktionen im Fahrzeug erleichtern, zum Beispiel beim Planieren einer großen Fläche: Unzählige Male fährt der Bagger über diese hinweg, ehe eine Ebene entsteht. „Vier Bewegungen mit den herkömmlichen Bedienhebeln sind immer und immer wieder nötig“, sagt Rotard. „Das kostet den Fahrer viel Kraft und Konzentration. Mit dem Joystick genügt eine Bewegung, den Rest macht das System selbständig.“

40 Prozent mehr Output

Weniger Anstrengung für den Fahrer bedeutet mehr Effizienz für den Bauunternehmer. Um bis zu 40 Prozent lasse sich die Arbeitsleistung mit solchen Assistenzsystemen an den Fahrzeugen steigern, verspricht Vemcon. Die Firmen können dann entweder mit weniger Mitarbeitern die gleiche Menge bauen. Oder sie erledigen mehr Aufträge in kürzerer Zeit. Die Nachfrage ist jedenfalls groß. „Talentierte und erfahrene Fahrer fehlen überall“, hat Rotard festgestellt.

Die Zukunft am Bau sieht der Jungunternehmer dennoch nicht völlig autonom. „Diese komplexe Situation müssen immer Menschen überblicken. Aber bemannte und unbemannte Maschinen werden bei Bauarbeiten bald gemeinsam im Einsatz sein.“ Im kommenden Jahr plant Vemcon den ersten Schritt. Dann soll eine Walze auf den Markt kommen, die eine große Fläche ganz ohne menschliche Bedienung verdichten kann. Für Rotard ist das erst der Anfang: „Bis 2030 wird die Welt der mobilen Arbeitsmaschinen einen gigantischen Technologiesprung erleben, der von der Digitalisierung geprägt ist.“

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