Seit einigen Jahren rumort die Diskussion um Sinn und Unsinn sogenannter Biokunststoffe. Entlasten sie die Umwelt, da sie sich im Kompost zersetzen, anstatt auf der Müllkippe verbrannt zu werden oder im Meer herumzuschwimmen? Oder sind sie nur ein Versuch von Unternehmen, sich einen grünen Anstrich zu geben und haben tatsächlich wenig Umweltnutzen?

Bereits vor drei Jahren hatte die Deutsche Umwelthilfe (DUH) eine breite Umfrage bei rund 1000 Kompostierungsanlagen in allen Bundesländern gestartet. Nach langem Rechtsstreit mit einem Hersteller von Bioplastik-Tüten könne man jetzt auch die Ergebnisse veröffentlichen, teilt die DUH mit. Das Fazit in Kurzform: Trotz der EN 13432 als regulierender Norm würden sich sogenannte biologisch abbaubare Kunststoffe als „Störstoffe“ entpuppen, die in gängigen Kompostierungsverfahren oft nicht rechtzeitig und restlos zersetzt werden. Sie müssten daher mit einigem Aufwand aussortiert und teuer entsorgt werden. Betroffen sind neben Tüten auch Becher, Teller, Besteck und sogar Feuerzeuge, die als kompostierbar beworben würden.

„Die Kompostierung hat ein großes Ziel, nämlich den Aufbau von Bodensubstraten“, verdeutlicht Thomas Fischer als DUH-Experte für Kreislaufwirtschaft. Während die gültige Norm die 90-prozentige Zersetzung solcher Biokunststoffe auf höchstens zwei Millimeter große Partikel innerhalb von drei Monaten fordert, arbeiteten viele Kompost-Anlagen inzwischen mit Verfahren, die bereits nach zwei bis sechs Wochen fertige Substrate liefern sollen. Nicht verrottete Rückstände schmälern hier die Qualität – und drücken den Erlös. „Aber selbst nach Norm ist der Kunststoff nicht weg und es bleibt Mikroplastik übrig.“ Laut Fischer aber noch wichtiger: „Biokunststoffe sind als Kompostgeber etwa für die Landwirtschaft vollkommen nutzlos. Sie enthalten keinerlei Werte, die dem Kompost dienen.“ Vergleichbar sozusagen mit Styropor-Kügelchen in käuflicher Blumenerde.

Per Hand aussortieren

Eine kleine Ausnahme möchte Fischer für sogenannte „Biokompost-Müllbeutel“ gelten lassen, die man im Supermarkt kaufen kann und die besonders dünnwandig daherkommen. Die Wentus Kunststoff GmbH in Höxter ist beispielsweise einer der größeren Hersteller dieser Beutel mit dem kleinen grünen Keimling als Umweltverträglichkeits-Kennzeichen. Dort verweist man auf die Herstellung auf Maisstärke-Basis – und darauf, dass man bisher selten Probleme mit ihnen bekam. Wenn man auf diese Weise die häuslichen Bioabfälle flüssigkeitsdicht sammelt, um sie anschließend im eigenen Garten-Kompost zu verwerten, trifft das sicherlich zu. Denn dort reicht die Zeit. Eine hygienische Lösung sind sie obendrein.

Aber bei der kommunalen Biotonne hakt es: Für die gewerblichen Kompost-Erzeuger gelten sie als Störfall, weil man so wenig in ihren Inhalt schauen kann wie in die normale PE-Plastiktüte. „Wenn die in den Schredder geht, haben wir danach 60.000 kleine Plastikteile“, sagt Christian Heck, Juniorchef eines Kompostier-Betriebes in Schwerin. Also muss aussortiert werden, was ähnlich aussieht – „mit Hand und mit Hacke.“ Weil ja auch der Verbraucher nicht immer sorgfältig sortiert: „Wenn es 30 Prozent falsch machen, nutzt es wenig, dass 70 Prozent das Richtige tun.“

Sind Biokunststoffe bloß Greenwashing?

Zur gründlichen Verwirrung trägt übrigens bei, dass mittlerweile gut ein Viertel der bundesdeutschen Kompostierer die dünnen Beutel durchaus akzeptiert – je nach Verarbeitungsverfahren. Aber trifft das auf den heimischen Entsorger zu? Etliche – wie etwa die hessische Abfallwirtschaft Wetterau – positionieren sich auf ihren Webseiten eindeutig: „Kompostierbare Plastiktüten sind für die Biotonne nicht erwünscht.“

Es hilft im Zweifelsfall also nur die gezielte Nachfrage beim örtlichen Verarbeiter. Oder der simple Tipp, für die Biotonnen-Vorsortierung in Küche oder Balkon möglichst verschließbare Behälter zu verwenden und sie mit Zeitungspapier oder Küchentuch auszulegen, die überall in die Tonne dürfen.

DUH-Chef Jürgen Resch übt allerdings generelle Systemkritik. „Die biologische Abbaubarkeit von Kunststoffen ist ein Versuch großer Handelskonzerne und Verpackungshersteller, ihre unnötigen Einwegprodukte grün zu färben. Wir brauchen keine Einwegverpackungen – egal aus welchem Werkstoff – sondern Mehrwegsysteme zur Schonung von Ressourcen. Bioplastik hat weder etwas in der Umwelt zu suchen noch in der Biotonne.“

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