Die E-Mobilität leidet hierzulande unter Startschwierigkeiten. Wie eine schwere Familienkutsche, die am Berg anfahren muss, kämpft sie sich langsam vorwärts, immer mit einem Fuß über dem Bremspedal und darauf bedacht, nicht abzuwürgen. Währenddessen zieht die Konkurrenz aus China, Skandinavien und den USA links vorbei und ist schon bald über den Gipfel verschwunden.

Sicher, es geht auch hierzulande voran. Aber unter den 25 Pionier-Städten der E-Mobilität, welche die gemeinnützige Forschungsorganisation International Council on Clean Transportation (ICCT) analysiert hat, sucht man deutsche Städte vergebens. Stattdessen: elfmal China, sechsmal die USA, zweimal Japan, dreimal Skandinavien und dazu noch Paris, Amsterdam und London.

44 Prozent aller Elektroautos weltweit fahren in 25 Städten

Der Bericht untersucht, welche Städte bei der Zahl der verkauften E-Autos und Ladeinfrastruktur vorne liegen und vor allem, was sie besser machen als andere. Zugegeben: Einige der 25 Spitzen-Städte haben schon allein durch ihre Größe einen Vorteil, schließlich waren absolute Verkaufszahlen von E-Autos zwischen 2011 und 2017 das Aufnahmekriterium in die Untersuchungsliste. Aber auch, wenn man den Anteil der Elektroautos am Fahrzeugbestand anschaut, sind die betrachteten Städte vorne dabei. Gemeinsam machen sie rund zwölf Prozent des weltweiten Pkw Markt aus, sind aber für 44 Prozent der weltweit verkauften E-Pkw verantwortlich.

Ein großes Stück vom Kuchen
Die 25 untersuchten Städte sind für 44 Prozent aller Elektroautos weltweit verantwortlich. Ganz vorne dabei: Schanghai, Peking und Los Angeles.
© Copyright International Council on Clean Transportation

Egal ob absolute Zahlen oder E-Anteil: Deutsche Großstädte schaffen es nicht in die Spitzengruppe. Im als deutsche Vorzeigestadt geltenden Hamburg waren Anfang 2016 insgesamt gut 771.000 Pkw zugelassen – nur 4371 davon fahren elektrisch. Das ist etwas mehr als ein halbes Prozent und damit weniger als in den 25 Top-Städten über die vergangenen Jahre gemessen. Auch in Berlin sieht es vergleichsweise dürftig aus. Anfang Januar waren in der Hauptstadt gut 1,2 Millionen Pkw zugelassen, nur 3452 sind vollelektrisch oder als Plug-in unterwegs – weniger als 0,3 Prozent. Ähnlich war es in München Anfang 2017: 1708 E-Pkw unter insgesamt knapp 710.000 macht nur rund 0,25 Prozent.

Verkaufszahlen
In absoluten Zahlen der verkauften E-Autos liegen Schanghai und Peking auch aufgrund der Einwohnerzahl ganz vorne. Betrachtet man den Anteil an den gesamten Pkw-Verkäufen ist Norwegen einsame Spitze.
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Bei der Ladeinfrastruktur können deutsche Städte mithalten

Immerhin: Bei der Ladeinfrastruktur kann Hamburg mit den meisten der 25 untersuchten Städten mithalten. Laut Untersuchung des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft kommen in der Hansestadt 434 Ladesäulen auf eine Million Einwohner. Auf Werte wie in Oslo (gut 3000), Shenzhen (rund 2800) oder Amsterdam (rund 2750) kommen die Hamburger zwar nicht mit, aber auf die Zahlen anderer Städte in der Studie allerdings schon. In München waren es im Oktober 2017 laut Analyse der Universität Duisburg-Essen nur knapp 79 Ladesäulen pro Einwohner. Bei den Duisburger Forschern schnitt Stuttgart mit über 370 am besten ab.

Gut versorgt?
In den untersuchten Städten gibt es pro Million Bürger im Schnitt 24 mal so viele Lademöglichkeiten wie im Rest der Welt – aber die einzelnen Städten unterscheiden sich erheblich.
© Copyright International Council on Clean Transportation

Die Politik muss antreiben

Was machen die 25 vom International Council on Clean Transportation untersuchten Städte besser als andere? Auch das hat ICCT untersucht und kommt zum Ergebnis: E-Mobilität setzt sich nicht von alleine durch, die Politik hat kräftig mit angeschoben. In fast allen Topmärkten in China, Europa, Japan und den USA hätten Staat und Stadtverwaltungen für „bessere Verfügbarkeit und geringere Kosten von E-Autos, ausgebaute Infrastruktur und öffentliche Aufklärung über E-Mobilität“ gesorgt, schreibt der ICCT. „Was die Spitzen-Märkte für Elektroautos hervorhebt, sind umfassende lokale Regelungen.“

Finanzielle Unterstützung beim Kauf, niedrigere Parkgebühren und Umweltzonen sind einige der Instrumente, mit denen die elektrischen Vorreiter-Städte den Wandel zusätzlich zu nationalen Vorgaben beschleunigt haben. Diese Maßnahmen hat der ICCT als besonders wirksam identifiziert:

Deutschland im Aufwind?

Ein weiterer, auch nicht ganz unwichtiger Punkt: Die meisten der untersuchten Städten betreiben aktiv Aufklärungsarbeit bei den Einwohnern zum Thema E-Mobilität, beispielsweise mit Aktionstagen, Testzentren, der Einbindung von E-Fahrzeugen in öffentlichen Events und anderen Kampagnen.

Und ein bisschen Mut für deutsche Städte macht die ICCT-Untersuchung immerhin auch: „Einige Märkte sind zwar nicht in dieser Studie vertreten“, schreiben die Forscher, „beispielsweise Kanada, Deutschland und Südkorea haben aber auch ein bedeutsames Wachstum an E-Autos erlebt. Und Städte in diesen Märkten führen Maßnahmen aus, die sie in Zukunft vielleicht in die Ränge der Elektroauto-Hauptstädte aufsteigen lassen.“

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