Der Flieger ist vor einer Viertelstunde gelandet, am Taxistand stauen sich die Geschäftsreisenden, die möglichst schnell zu ihren Terminen in die City möchten. Mit welchem Auto? Mercedes, Toyota, Volkswagen oder Skoda? Völlig egal. Hauptsache, der Wagen ist sauber. Und schön wäre es, der Fahrer kennt sich auch ohne Navi in der Stadt aus und ist obendrein gut drauf.

So ähnlich muss man sich wohl den Stadtverkehr im Jahr 2030 insgesamt vorstellen, im Zeitalter des vollautonomen Fahrens und der vernetzten Mobilität – nur dass hinter dem Steuer des Taxis kein Mensch mehr sitzt. Ein eigenes Auto, so behaupten zumindest die Zukunftsforscher, hat dann kaum mehr ein Großstadtbewohner mit Verstand. Wer partout mit einem Auto statt mit Bus oder Bahn ans Ziel kommen will, ruft mit dem Smartphone einfach ein Robo-Taxi herbei. Bei Eintreffen ist das Fahrtziel ebenso bereits programmiert wie der präferierte Musikkanal und die Neigung der Sitzlehne. Blitzschnell wird das Smartphone mit dem Multimedia-Plattform des Taxis gekoppelt, so dass die Mails auf dem Zentraldisplay des Fahrzeugs gelesen und per Sprachsteuerung beantwortet werden können. Wer das Fahrzeug gebaut hat und wo, ist den Passagieren völlig egal – Hauptsache, es bietet den gewünschten Komfort, es lässt sich per Sprache oder mit Gesten kinderleicht bedienen. Und die Fahrtkosten sind niedrig und werden automatisch abgebucht.

Schöne neue Auto-Welt. Für die Nutzer auf jeden Fall, für die Fahrzeughersteller schon weniger: Denn wenn die Loyalität zum Betreiber der Taxi-Plattform größer ist als zum Hersteller des Fahrzeugs, kriegen selbst Luxusmarken wie Mercedes oder Porsche ein Problem. Das haben inzwischen auch die Autokonzerne selbst erkannt, wie aus der Studie „Automotive 2030: Racing-toward-a-digital-future“ hervorgeht, die IBM kürzlich veröffentlicht hat. Der Technologiekonzern hat dafür 11.560 Konsumenten befragt und 1500 Automanager. „48 Prozent der Konsumenten sagen, dass die Fahrzeugmarke für sie in einem künftigen Szenario mit Mobilitätsdienstleistern und autonomen Fahrzeugen keine Rolle mehr spielen – hingegen Preis und Bequemlichkeit entscheidend sind. Und den Führungskräften in der Automobilindustrie ist bewusst, dass der Wert einer Fahrzeugmarke in Zukunft viel weniger Bedeutung haben wird als noch heute“, hebt Daniel Knödler, Direktor Global Sales Automotive, als Co-Autor zwei Erkenntnisse der Studie hervor. In Konsequenz müssten die Fahrzeughersteller „schleunigst“ ihr Geschäftsmodell überdenken, im Idealfall für eine Welt, in der Mobilität nur noch ein Service ist, auch komplett neu erfinden. Knödler: „Andernfalls besteht die Gefahr, das der eine oder andere Autokonzern diese Zukunft nicht mehr erlebt.“

Vordenker
Daniel Knödler, Spezialist für die Autoindustrie bei IBM.
© Copyright IBM

Laut Knödler hat sich der Veränderungs-Druck auf die Autoindustrie seit der ersten IBM-Studie “Automotive 2020: Clarity beyond the chaos“ bereits massiv erhöht, durch die Digitalisierung und den technologischen Wandel, aber auch durch neue Mobilitätskonzepte – und ein verändertes Verhalten der Konsumenten. Deshalb, so mahnt der IBM-Manager seine Kollegen in der Autobranche, müsse nun schleunigst vor allem in neue Plattformen investiert werden – technologischer wie organisatorischer Art, in der Produktentwicklung, in der Weiterbildung und für neue, personalisierte Services. Alles, um die Innovationsgeschwindigkeit zu erhöhen. Die Bündelung von Kräften und das Pooling von Diensten nach dem Muster von Daimler und BMW weise den Weg, auch das Angebot von Volkswagen, Plattformen wie den Modularen Elektrobaukasten auch anderen Fahrzeugherstellern zur Verfügung zu stellen. Knödler: „Daten und daraus gewonnene Erkenntnisse zu teilen, wird in Zukunft ebenso selbstverständlich werden wie die Öffnung der eigenen Unternehmensprozesse für Externe.“

Wer das Robo-Taxi montiert hat, das im Jahr 2030 auf Zuruf herbeieilen wird, ist so gesehen dann letztlich völlig egal.

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