EDISON: Herr Koop, was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Verbesserungen am neuen BMW e-Bike im Vergleich zur letzten Version des erstmals 2013 angebotenen und zuletzt 2016 verbesserten Cruise e-Bike?
Björn Koop: Die Bike-Industrie tickt im Augenblick sehr schnell, Entwicklungszyklen von einem Jahr sind nicht ungewöhnlich. Es handelt sich beim neuen BMW Active Hybrid e-Bike um eine Weiterentwicklung des bisherigen Designs mit dem Fokus auf optische Integration. Je weniger adaptive Bauteile zu sehen sind, desto besser. Man merkt gar nicht mehr, dass man ein E-Bike fährt. Der Motor ist vollständig in das Rahmendesign integriert. Auch die Weiterentwicklung des Motors war uns wichtig. Das Bike fährt sich sehr intuitiv, da die Motorkennlinien perfekt abgestimmt sind.
Abgesehen von der besseren Optik und „Fahrbarkeit“ – was sind weitere Pluspunkte?
Die Akkukapazität wurde um 20 Prozent erhöht von 400 auf 504 Wattstunden und dazu das Drehmoment von zuletzt 70 auf 90 Nm angehoben, das ist für ein Fahrrad schon recht ordentlich..
Ein weiterer Vorteil ist der geräuschlose Antrieb…
….weil beim Brose S-Motor die letzte Übertragung vom Motor auf die Tretkurbel über einen Zahnriemen erfolgt – und nicht über ein weiteres Zahnrad an der Tretkurbel wie beim Vorgängermodell. Folge: im Vergleich zum Vorgänger sind wir beim neuen Active Hybrid e-Bike komplett vibrationsfrei und leise. Der Brose Antrieb hat außerdem einen 100-prozentigen Freilauf, ist komplett frei entkoppelt.
So weit zum Motor. Aber auch im Design gibt es ein paar augenfällige Änderungen.
Allen voran natürlich die Integration des Akkus in den Rahmen, was dem Bike eine noch dynamischere und elegantere Optik verleiht. Darüber hinaus hatten wir bisher immer ein adaptives Rücklicht als Extrabauteil an der Sattelstütze; jetzt ist das LED-Licht im hinteren Schutzblech bündig integriert. Die Schutzbleche selbst sind jetzt aus Aluminium und deutlich länger, was die Wertanmutung erhöht und den Fahrer auch besser vor Spritzwasser schützt.
Alternative zum E-Bike-Look
Warum das neue Display nun links am Lenker und deutlich kleiner als bislang?
Auch das ist ein Beispiel für mehr Integration, weil das doch recht prominente Zentraldisplay ein Rad auch sehr schnell als E-Bike ausweist. Daher haben wir uns für ein kleineres, aber dennoch übersichtliches und funktionales Display der Firma Marquardt entschieden.
Warum ist es nicht gelungen, das Gewicht von 22,5 Kilo zu senken?
Der Akku ist aufgrund der um 20 Prozent gestiegenen Leistung schwerer geworden, aber das Gesamtgewicht trotz größerer Reichweite gleichgeblieben.
Themenwechsel: Warum erfolgt der Vertrieb weiterhin nur über ausgewählte BMW Händler?
Exklusivität ist für uns ein entscheidender Punkt. Deshalb werden unsere Premium Bikes, die Teil der BMW Lifestyle Collection sind, bewusst über die Händler-Organisation vertrieben. Wir öffnen uns aber verstärkt gegenüber exklusiven e-Bike Anbietern wie z.B. „Emotion“. Auch Messen rücken stärker in den Fokus. Wir waren zum Beispiel auf der Eurobike 2016 und 2017 vertreten.
Die unverbindliche Preisempfehlung für das neue Active Hybrid liegt bei 3.400 Euro. Wie sehen Sie ihn im Vergleich zum Konkurrenzumfeld?
Wir bekommen von den Fachmagazinen die Resonanz zurück, dass das Preis- Leistungs-Verhältnis sehr fair ist.
Fertigung in Portugal statt China
Warum lassen Sie dieses Bike in Portugal fertigen und nicht in Deutschland?
Unser Ziel ist eine möglichst hohe Flexibilität in der Fertigung, um auf Nachfrageschwankungen direkt reagieren zu können. Wir haben in Deutschland keinen Partner gefunden, der die von uns geforderte Fertigungsqualität und das angepeilte Preis- Leistungs-Verhältnis erfüllen konnte. Unser Partner für alle Fahrräder ist daher eine Produktionsstätte von BH Bikes in Portugal. Dort hat sich – unter dem Motto: Weg von China – in den letzten Jahren eine hochqualifizierte Bike-Industrie entwickelt. Wir sind sehr zufrieden mit dieser Struktur, die Lieferzeit in unser Hauptlager beträgt ein Tag. Besser kriegen wir das auch mit einem deutschen Fabrikanten nicht hin.
Sie haben gerade erst eine Sonderedition des E-Mountain-Bikes Levo von Specialized lanciert. Woher kommt denn dieses Schmuckstück?
Das Turbo Levo von Specialized wird in Taiwan produziert.
An wen wende ich mich eigentlich, wenn ich einmal ein technisches Problem habe?
Genau wie beim Auto zunächst an den BMW Händler, bei dem Sie das Bike gekauft haben. Wir haben eine Mobility Hotline geschaltet, die sowohl den Händler als auch den Endkunden bei Fragen und Problemen unterstützt. Ansonsten gilt eine zweijährige Gewährleistung.
Profitiert das „normale“ E-Bike nach Ihrer Beobachtung indirekt durch die neuen E-Mountain-Bikes?
Auf jeden Fall. E-Bikes sind heutzutage ein echtes Lifestyle Produkt. Wir haben von Anfang an immer auf ein sportiveres Design gesetzt, haben auch bewusst bis heute keinen Tiefeinsteiger angeboten. Stattdessen auf ein relativ hohes Oberrohr beharrt, auch wenn uns das zusätzliches Verkaufspotenzial kostet.
Kommen wir zu möglichen Zukunftsentwicklungen oder weiteren Komfortfeatures. Wie wäre es – gerade jetzt im Herbst/Winter – mit beheizbaren Sätteln und Lenkergriffen?
Bei BMW Motorrad gibt es dieses Feature schon. Momentan ist es bei Fahrrädern noch nicht ganz wirtschaftlich, aber ich denke, dass es eine Frage der Zeit ist, bis wir so etwas auch bei E-Bikes sehen werden.
Neben einem ABS – wie es gerade Bosch vorstellt – ist das Feld der Konnektivität, wie auch beim Auto ein großes Thema. Es gibt zwar schon adaptive Lösungen, aber wirklich spezifisch für den Bedarf eines Radfahrers entwickelte Geräte stehen noch aus. Da wird in den nächsten ein, zwei Jahren noch sehr viel passieren.
Noch einmal zum Sattel: Für Ihr neues Active Hybrid Pedelec gibt es – noch nicht direkt über BMW aber als Zubehör – einen von Selle Royal speziell für E-Bikes entwickelten Sattel namens eZone. Was hat es damit auf sich?
In der Tat haben die italienischen Sattelspezialisten festgestellt, dass man auf einem E-Bike anders sitzt als auf einem konventionellen Rad. Was vor allem mit der stärkeren Beschleunigung zusammenhängt. Ich habe beide getestet – der Seriensattel Seta S1 fährt sich hervorragend, man merkt nicht, dass man einen Rennsattel unterm Hintern hat. Der eZone jedoch bietet einem noch mehr Unterstützung, dazu kommt eine andere Druckpolsterverteilung, sprich die Gel-Einlagen innerhalb des Sattels drücken sich nicht punktuell, sondern flächig ein. Er ist sehr komfortabel, aber nicht einschränkend.
Optisch fällt auf, dass der bei Selle Royal für 89,90 Euro angebotene Sitz am hinteren Ende hochgezogen ist?
Ja, dadurch wird man vor allem auf Bergauffahrten noch besser nach hinten abgestützt. Und es gibt dazu noch eine in die Stütze eingebauten Griff, an dem man das Rad besser tragen kann. Wir sind von dem eZone-Sattel jedenfalls so überzeugt, dass wir überlegen, ihn ins offizielle Programm unserer BMW Bike Kollektion zu übernehmen.
Werden Fahrräder eigentlich ähnlich getestet wie Autos?
Natürlich nicht ganz so extrem. Aber in Portugal, genauer gesagt in der Nähe von Porto, haben wir spezielle Teststrecken, wo wir neue Räder erproben. Mit Kopfsteinpflaster, festgefahrenem Sand, Asphalt, Beton, Stein, mit und ohne Verkehr. Und wir testen auch die Reparaturfreundlichkeit.
Aber als Erlkönige müssen Sie Zukunfts-Modelle nicht tarnen?
Doch, 2016 auf der Eurobike haben wir das jetzt vorgestellte Active Hybrid e-Bike erstmals präsentiert, getarnt mit einer Erlkönig-Folie.