Als China den Zugang des Weltmarkts zu Seltenen Erden vor acht Jahren einfach mal drastisch einschränkte, war der Schock groß. Das Land ist für rund 90 Prozent der weltweit geförderten Mengen dieser wichtigen Rohstoffe verantwortlich. Zu den Seltenen Erden gehören 17 Metalle, in manchen Elektromotoren stecken etwa die magnetischen Neodym und Dysprosium.

Aber auch Plasmabildschirme und Akkus enthalten die in Wirklichkeit gar nicht so seltenen Metalle. Russland, Brasilien oder Vietnam sitzen auf großen Vorräten – nur fördert allein China über 80 Prozent der Weltmenge. Und plötzlich verkaufte es davon deutlich weniger.

In Deutschland begann man sofort mit der Grübelei. Die drängende Frage lautete: Wie lässt sich der Anteil Seltener Erden in Elektromotoren verringern? Unter anderem acht Fraunhofer Institute widmeten sich in einem Projekt dem Thema, auch Ralf Wehrspohn, Leiter des Fraunhofer Institut für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen IMWS, arbeitet an einer Lösung: „China besitzt fast das Monopol auf Seltene Erden. Und Japan lässt sich die Idee der Nutzung in Neodym-Eisen-Bor Magneten seit der Erfindung in den 1980er Jahren sehr gut bezahlen“, sagt der Wissenschaftler.

„Nach dem Trauma 2010 kam der Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft zu uns und sagte: Wir haben doch die Kompetenzen entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Wir müssen handeln.“ Und dafür war es auch höchste Zeit, wie Wehrspohn weiter erklärt: „Wenn wir nichts tun, gibt es 2030 einen Engpass, wenn wir uns die Prognosen des weltweiten Wachstums ansehen.“

80 Prozent Seltene Erden einsparen

Deshalb zielten die Forscher darauf ab, die verfügbaren Seltenen Erden klüger zu nutzen und Ersatzmaterialien zu suchen, vor allem für die Elemente Dysprosium und Neodym. Die werden für Magnete benötigt, wie sie etwa in einigen Elektromotoren zum Einsatz kommen. Das ist vor allem bei permanenterregten Synchronmaschinen der Fall, wie sie etwa im Hyundai Kona, Porsche Taycan oder VW e-Golf eingesetzt werden. In fremderregten Drehstrom-Synchronmotoren (unter anderem Tesla Model S und X, Audi e-tron quattro, Mercedes EQC, Renault Zoë) kommen keine Permanentmagneten und damit auch keine Seltenen Erden zum Einsatz.

Die Ansätze der Fraunhofer-Forscher sind vielversprechend: Kombiniert man alle von den Wissenschaftlern entwickelten Möglichkeiten zur Einsparung, dann lasse sich der Bedarf an Dysprosium und Neodym in den Motoren auf bis zu 20 Prozent der ursprünglich benötigten Mengen senken.

Die Forscher setzen unter anderem bei den Herstellungsprozessen von Permanentmagneten an. Sie stecken beispielsweise im Nissan Leaf, dem Tesla Model 3 oder dem neuen „LiveWire“ Elektromotorrad von Harley-Davidson. „Wir haben eine Menge gelernt und einen Ansatz entwickelt, um auch die Menge der verwendeten Seltenen Erden zu reduzieren“, sagt Wehrspohn dazu weiter. Alle Elektromotoren eines Pkws wogen demnach vor zehn Jahren vier Kilogramm. Heute sind es nur noch zwei Kilogramm. „Das ist ein großer Erfolg.“

Viele Seltene Erden, die früher unter anderem in elektrischen Fensterhebern steckten, wurden heute durch andere Materialien ersetzt. Bedeutet laut Fraunhofer-Institut: „Wenn die Motoren im Betrieb nicht so heiß werden, können Magnete mit geringerer Temperaturstabilität und damit mit geringerem Dysprosium-Anteil eingesetzt werden.“ Die deutschen Wissenschaftler fahndeten und fanden auch Substanzen, die ebenfalls als Magnete dienen können, aber keine Seltenen Erden enthalten.

Recycling-Markt für Elektromotoren

Außerdem beschäftigen sie sich damit, wie man durch schlaues Design der Motoren die spätere Wiederverwendung der Seltenen Erden erleichtern kann. Sie erdachten ein Verfahren, um Permanentmagnete aus Autos oder Windrädern zu recyceln. Reiner Wasserstoff lässt diese in Minipartikel zerbröseln, die später frisch gegossen werden. Resultat: Die neuen alten Magnete verlieren nur vier Prozent ihrer Leistungsfähigkeit.

Dann weist Professor Wehrspohn noch auf eine Schwierigkeit hin. „Das Problem ist, dass nur die wenigsten Autos, die bei uns angemeldet werden, auch in Deutschland auf dem Schrottplatz landen. Die Quote liegt hier bei nur 20 Prozent. Die meisten Fahrzeuge werden ins Ausland exportiert. Hier müssen wir aufpassen, denn sonst entsteht in der Ferne – und nicht bei uns – ein gigantischer Markt, wenn es um die spätere, lukrative Verwertung der Lithiumbatterien und Seltenen Erden geht.“

Übrigens: Das Recycling von Seltenen Erden muss nicht erst starten, wenn die ersten Elektroautos ausgedient haben – in Zündkerzen, Katalysatoren und weiteren Bauteilen von Verbrennern sind die Metalle ebenfalls verbaut.

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2 Kommentare

  1. Kai

    Muss es im Artikel: E-Motoren: Alternativen zu Seltenen Erden
    Seltene Erden in Motoren von Elektroautos kommen oft aus China. Fraunhofer Institute forschen an Möglichkeiten, die Abhängigkeit zu senken.

    …nicht so heißen?
    In **fremderregten Drehstrom-Synchronmotoren** kommen keine Permanentmagneten und damit auch keine Seltenen Erden zum Einsatz.

    Antwort auch an kai.m.schmelzle@gmail.com

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    • Franz W. Rother

      Da haben Sie vollkommen recht. Wird korrigiert.

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