600 Millionen Euro will der Bund Käufern eines Elektroautos schenken. Aber kaum jemand will sie haben. Zwei Jahre nach der Einführung der Kaufprämie ist der politische Hoffnungsträger eine Pleite. Zu wenig Modelle, zu teuer, zu wenige Ladesäulen – das sind die Hauptargumente, die gegen den Kauf eines E-Autos sprechen.

Im Juni 2019 ist Schluss mit dem Zuschuss. Was passiert dann mit den nicht abgeholten Millionen für die Elektromobilität? Die neue Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) will dann Elektro-Lieferwagen fördern – und den Zuschuss auf 7000 Euro erhöhen. Beim Lieferverkehr mit Kleintransportern könne sich die Elektromobilität als erstes durchsetzen, weil die Strecken meist kurz und gut planbar seien und die Autos nachts aufgeladen werden könnten.

Ungünstig für private Elektroauto-Käufer, die – wenn die Ladeinfrastruktur besser und die Modellpalette größer wird – ohne Förderung auskommen müssen. Insgesamt 300.000 Autos wollte der Staat bezuschussen. Lediglich knapp 60.000 Anträge wurden beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) bisher gestellt 33.318 für elektrische, 24.214 für hybride und ein paar für Autos mit Brennstoffzelle.

Suche nach Alternativen

Dass die Gelder noch aufgebraucht werden, gilt als unwahrscheinlich. Warum die Gelder also nicht in den Ausbau der Ladeinfrastruktur stecken. Diese Idee hat Stefan Kapferer ins Spiel gebracht, Geschäftsführer des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft. Mit Blick auf drohende Fahrverbote in zahlreichen Innenstädten fordert er mehr Konsequenz beim Umstieg auf alternative Antriebe. „Wie wir sehen, ist eine Kaufprämie zwecklos, wenn das Produkt nicht attraktiv und bezahlbar ist.“ Bafa-Präsident Andreas Obersteller schließt sich der Meinung an und schlägt vor, Teile des Budgets für die Förderung privater Ladeinfrastruktur bereitzustellen.

In Deutschland verzeichneten Fahrzeuge mit alternativen Antrieben zwar mit 120 Prozent dreistellige Wachstumsraten: Die Gesamtzahl bleibt jedoch niedrig. Der Absatz von E-Autos kletterte 2017 auf 25.056 Fahrzeuge. Die Auslieferungen von Plug-In-Hybriden legten um 116,6 Prozent auf 26.560 Fahrzeuge zu. Von dem Ziel, eine Million E-Autos bis 2020 auf die Straße zu bringen, ist das Meilen entfernt.

Beliebt ist vor allem der hybride Audi A3 e-tron mit 5216 Autos, der die Liste bei der Förderung anführt. Gefolgt vom ebenfalls hybriden BMW 225xe mit 4716 Autos und den reinen E-Autos Renault ZOE Intens (4272) und Volkswagen e-Golf (Modell 2017) mit 3771 Fahrzeugen.

China fährt voraus

Ganz anders in China. Weltweit ist das Reich der Mitte der führende Markt für E-Autos. 2017 stieg die Zahl nach Angaben von PwC um 77,3 Prozent auf 385.686 Fahrzeuge. Hybride ohne externe Ladevorrichtung übertrafen mit einem Absatzplus von 129,7 Prozent auf 108.070 Autos das Wachstum von Plug-In-Hybriden (29,7 Prozent). „In China wurden gerade die Steuervergünstigungen von 10 Prozent für New Energy Vehicles (NEVs) bis 2020 verlängert, was die Nachfrage weiter ankurbeln dürfte“, prognostiziert Christoph Stürmer, Global Lead Analyst von PwC Autofacts.

Einige chinesische Autobauer hätten sogar angekündigt, dass sie sich komplett aus der Entwicklung und Produktion konventioneller Antriebe zurückziehen wollten. Ein möglicher Stopp der geltenden Joint-Venture-Verpflichtung für ausländische Hersteller könnte in China für einen zusätzlichen Wachstumsschub sorgen, so Stürmer.

„Der weltweite Trend hin zu E-Autos und Hybriden wird in diesem Jahr noch an Dynamik gewinnen“, sagt Felix Kuhnert, PwC Partner und Global Automotive Leader. Einige Länder und Städte hätten bereits ein langfristiges Verbot von Verbrennungsmotoren angekündigt. „Hohe Investitionen und staatliche Anreize reichen aber nicht aus, um auch die private Nachfrage stärker anzukurbeln. Ein Ausbau der öffentlichen und privaten Ladeinfrastruktur ist dringend notwendig, um die Nutzung von E-Autos im privaten Gebrauch ohne Einschränkungen möglich zu machen.“

Mehr Ladesäulen: Der Königsweg

Der zügige Ladesäulen-Ausbau ist auch für BDEW-Hauptgeschäftsführer Kapferer der Königsweg, um der Elektromobilität zum Durchbruch zu verhelfen. Nach seinen Angaben sind für eine Million E-Autos auf den Straßen 70.000 Normalladepunkte und 7.000 Schnellladepunkte erforderlich. Ein Betrieb der Säulen lohnt sich noch nicht. Dafür gibt es viel zu wenig E-Autos.

Eine weitere Förderung könnte Schwung in den Aufbau der Ladeinfrastruktur bringen. Der BDEW- Hauptgeschäftsführer fordert einen zügigen und unbürokratischen Aufbau öffentlich zugänglicher Ladeinfrastruktur, Förderprogramme für private und gewerbliche Ladelösungen und den Abbau rechtlicher Hürden für die private Ladeinfrastruktur bei Gebäuden.

Auch die Autohersteller nimmt Kapferer in die Pflicht und fordert sie auf, endlich Modelle auf den Markt zu bringen, die in Preis und Leistung den Nutzererwartungen entsprechen. „Beim Aufbau der Ladeinfrastruktur für E-Fahrzeuge ist die Energiewirtschaft in den letzten Jahren massiv in Vorleistung gegangen. Jetzt ist die Automobilindustrie am Zug.“

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