Einen Windpark mit einem Speicher zu verbinden, macht bisher kaum jemand. Ein Zwischenspeicher ist uninteressant. Wenn die Netze voll sind und die Windenergieanlagen (WEA) abgeschaltet werden, wird jede Kilowattstunde über das EEG bezahlt. Einen Speicher zur Netzregulierung zu nutzen, ist ebenfalls unwirtschaftlich. Die Steuern und Umlagen für das Ein- und Ausspeisen verderben jedes Geschäftsmodell.

Während fossiler Strom faktisch abgabenfrei Netzdienstleistungen liefert, kostet die Kilowattstunde aus dem Speicher zum Teil doppelt. Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Solarwirtschaft (BSW-Solar) ist überzeugt, dass in die Energiewende eine neue Dynamik kommt, wenn Netze, Speicher und Elektromobile sich digital gesteuert flexibel abstimmen. „Und Europa könnte hier die Technologieführerschaft gehören.“

Wirtschaftlichkeit testen

Das könnte bald Wirklichkeit werden. Das EU-Parlament will die Doppelbelastung mit Steuern und Abgaben für Energiespeicher bei Netzdienstleistungen abschaffen. Außerdem gewinnen Windparks in Kombination mit einem Speicher zunehmend an Bedeutung, wenn nach 2020 die ersten WEA das Ende der gesetzlichen Förderdauer erreichen und aus dem EEG-Topf kein Geld mehr fließt, Repowering aber nicht möglich ist.

Welche Geschäftsmodelle wirtschaftlich sind, will ein Forschungsprojekt mit dem Speicherregelkraftwerk Curslack in Hamburg herausfinden. Vattenfall hat dafür gemeinsam mit dem Competence Center für Erneuerbare Energien und Energieeffizienz (CC4E) der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg (HAW) und der Nordex Group einen Speicher im Stadtteil Bergedorf an fünf WEA angeschlossen.

720 Kilowatt Leistung und 800 Kilowattstunden Kapazität

Der Speicher besteht aus 24 Lithium-Ionen-Batterien von BMW, wie sie auch in Elektroautos verwendet werden. Batteriespeicher und Windpark sind über eine intelligente Regeleinheit miteinander vernetzt und speisen den Strom in das öffentliche Stromnetz ein. Mit einer Leistung von 720 Kilowatt (kW) und einer Speicherkapazität von 800 Kilowattstunden (kWh) ist der Lithium-Ionen-Akku nicht besonders groß. Aus Sicht von Projektleiter Mike Blicker reicht das aber aus, um die Systemintegration erneuerbarer Energien und Modelle wie Blindleistung zu erforschen. Vor allem die sogenannte Momentanreserve, für die es bisher in Deutschland keinen Markt gibt, soll getestet werden. Dafür muss die Batterie mit unter einer Sekunde extrem schnell Ein- und Ausspeichern. Ob das möglich ist, welche Auswirkungen das auf die Alterung hat und ob die Zellen dies thermisch überstehen oder überhitzen, soll in dem Projekt geklärt werden.

Notwendig sind Systemdienstleistungen, um Frequenz und Spannung in den Netzen auch bei einer zunehmend volatiler Einspeisung stabil zu halten. Die Batterie soll dabei nicht nur eine, sondern gleich mehrere Systemdienstleistungen nacheinander ausführen. Perspektivisch könne dies sogar durch das virtuelle Zusammenfassen mehrerer solcher Batterieeinheiten erfolgen, um notwendige Anlagengrößen und Speicherbedarfe abzubilden, erklärt Blicker. Dafür sei jedoch eine anspruchsvolle Regelungstechnik notwendig.

Lösungen für die Energiewende

„In dem Projekt sollen Lösungen für technische, wirtschaftliche und regulatorische Herausforderungen der Energiewende entwickelt und getestet werden“, erklärt Vattenfall-Sprecherin Barbara Meyer-Bukow. Für den Energiekonzern sind diese Hybridkraftwerke ein Zukunftsmarkt. Einen wesentlich größeren Batteriespeicher hat Vattenfall in diesem Jahr im Onshore-Windpark Pen y Cymoedd in Wales in Betrieb genommen. Der Speicher mit einer Leistung von 22-Megawatt (MW), der in sechs Containern untergebracht ist, liefert bereits Regelleistung zur Stabilisierung des britischen Übertragungsnetzes.

Im vergangenen Jahr gründete der Konzern die Geschäftsabteilung Solar & Batterie, um den Ausbau voranzutreiben. Neun Projekte mit insgesamt 50 Megawatt Batteriekapazität sind in Deutschland, Großbritannien und den Niederlanden geplant. Das nächste ist der Windpark Ray in Großbritannien. Der ist mit einer Zehn-Megawatt-Batterie etwas kleiner als in Wales, aber immer noch Dimensionen von den Hamburger Akkus entfernt ist. Am geplanten Windpark Haringvliet in den Niederlanden will Vattenfall Windenergie, Solarenergie und Batterie miteinander vereinen und ab 2020 Primärregelleistung für das Stromnetz zur Verfügung stellen.

Auch für Nordex ist die Koppelung von Speicher und Windpark zunehmend interessant, da sie in Zukunft Turnkey-Lieferant von Hybridkraftwerken sein wollen. Systemdienstleistungen seien der Schlüssel, um keine Beschränkungen bei der Integration von erneuerbaren Energien zu haben, betont Nordex-Sprecher Felix Losada. Nicht nur in Deutschland. „Es geht darum, sich auf die Zukunft vorzubereiten, auch im Hinblick auf Exportmöglichkeiten, die in diesen Bereichen weiter entwickelt werden. Zum Beispiel für die Märkte Australien und Nordamerika.“

Das Speicherregelkraftwerk Curslack ist Teil des Projekts NEW 4.0, in dem sich Hamburg und Schleswig-Holstein zusammengeschlossen haben, um 2035 komplett auf grünen Strom umzustellen. 4,5 Millionen Einwohner sollen dann zu 100 Prozent über erneuerbare Energien versorgt werden. In insgesamt 25 Demonstratoren werden dafür Lösungen für das Energiesystem der Zukunft unter Realbedingungen erprobt, die auch auf andere Bundesländer übertragen werden sollen.

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