Das erste Auto wurde im Mai gebaut, aktuell werden im neuen „E-Werk“ in Zuffenhausen täglich sechs Exemplare des neuen Modells Taycan produziert – für Crashtests und Erprobungsfahrten durch die Ingenieure und Vorstände des Unternehmens, für die IAA in Frankfurt und natürlich auch die Händler, die im Herbst den neuen Taycan ihren Kunden präsentieren wollen. Porsche lässt es langsam angehen: Der Taycan ist schließlich nicht nur ein neues Modell. Es ist der erste Porsche, der rein elektrisch angetrieben wird, der obendrein in einem neuen Werk mit neuen Prozessen entsteht und – als wäre all dies nicht schon genug an Herausforderungen – auch noch von neuen Mitarbeitern montiert wird. Lediglich 300 der rund 1500 Beschäftigten in der Taycan-Produktion haben eine Porsche-Historie, der überwiegende Teil wurde neu an- und bei anderen Unternehmen abgeworben. 100 Beschäftigte etwa im VW-Werk Emden, andere bei Daimler oder Autozulieferern aus der Region. Und weil Porsche natürlich nicht jeden in seine Mannschaft aufnimmt, wurde ein aufwändiger Prozess etabliert, um aus rund 32.000 Bewerbungen die Besten herauszufischen.
Über 30.000 Vorbestellungen
Doch allmählich lüftet sich der Staub über dem neuen Werk, legt sich der Stress: „Wir liegen voll im Plan“, gaben Produktionschef Albrecht Reimold und Personalvorstand Andreas Haffner jetzt bekannt. 1000 Kräfte seien bereits angeheuert und geschult worden, bis Ende Oktober werden der Rekrutierungs- und Qualifizierungsprozess abgeschlossen sein. Das bedeutet: Im September kann die Produktionskurve „im 45-Grad-Winkel“ (Reimold) und im Zwei-Schicht-Betrieb hochgezogen werden, können die ersten Serienmodelle an Kunden ausgeliefert werden. Konkrete Stückzahlen lässt sich Reimold nicht entlocken, aber dass Porsche vom Taycan wenigstens 20.000 Exemplare im Jahr bauen will und vom Schwestermodell Cross Turismo wenigstens ebenso viel, ist in Stuttgart ein offenes Geheimnis. Und die Vorbestellungen stimmen die Porsche-Vorstände hoffnungsfroh: Über 30.000 Menschen aus Nordamerika, Europa und Asien haben mittlerweile ein Fahrzeug vorbestellt und dafür auch bereits eine Anzahlung von 2500 Euro auf den Fahrzeugpreis geleistet, der in der Topversion bei 130.000 Euro liegen soll.
Eine Menge Geld, aber dafür will Porsche auch ein Elektroauto liefern, das den hohen Qualitätsansprüchen seiner Kunden genügt – ein Qualitätsniveau wie bei Tesla können sich die Stuttgarter nicht leisten. Und darum wird geschult und geschult. Und getestet und getestet – und stetig optimiert. Hunderte von Ladevorgängen haben die Tester beispielsweise inzwischen in 14 Ländern und drei Kontinenten mit dem Taycan absolviert dabei Zigtausende von Daten – und mancherlei profane Erkenntnis gewonnen. Unter anderem die, dass die Schnellladestationen von Ionity und anderer Energieversorger schleunigst überdacht werden sollten, damit sie den Qualitätserwartungen der Porsche-Kunden erfüllen.
Scheu vor dem Elektroauto verloren
Mehr als nur eine Ahnung von den hohen Ansprüchen der Marke bekamen auch die neuen Mitarbeiter des „E-Werks“ mit. In sieben Trainingscentern und von 60 Trainern wurden sie durch ein Schulungsprogramm geschleust, wo sie mit dem Fahrzeug und dem Porsche-Produktionssystem und „Zuffenhausen 4.0“ bekannt gemacht wurden, wo sie aber auch Elektromobilität in Theorie und Praxis kennen lernten – unter anderem am Steuer von Autos von Tesla und BMW, aber natürlich auch durch Mitfahrten in Vorserien-Fahrzeugen des Typs Taycan. „Alle haben darüber die Scheu vor der Elektromobilität verloren“, freute sich Jasna Peters, die das Schulungsprogramm leitete.
Auch Produktionsvorstand Reimold wurde durch die intensive Beschäftigung mit dem Taycan unüberhörbar elektrisiert. Die Beschleunigungswerte seien mit denen eines Porsche GT3RS vergleichbar, des Spitzenmodells der Elfer-Baureihe. „Da bleibt einem die Luft weg.“ Nach der Weltpremiere am 4. September in Berlin werden wir uns davon selbst einen Eindruck verschaffen können.