Windenergie boomt weltweit. Sie ist fast überall verfügbar und kann deshalb auch abgelegene Gebiete günstig mit Strom versorgen. Jährlich werden etwa 25.000 neue Groß-Rotoren gebaut: Im Meer, auf dem flachen Land, in der Nähe von Städten und sogar in Wüsten. Umso überraschender ist es, dass die meisten Anlagen noch nach dem Prinzip Windmühle funktionieren. Die heutigen Möglichkeiten moderner Steuerungstechnik werden zu wenig genutzt. Deshalb sind viele Anlagen größer als sie eigentlich sein müssten und laufen zu oft in einem reduzierten Ausmaß. So werden die Rotoren beispielsweise pauschal gedrosselt, wenn der Wind aus einer bestimmten Richtung bläst. Dieser Vorgang nennt sich Sektor-Management. Die meisten Anlagen könnten aber mehr Energie liefern, wenn die Steuerungssoftware jederzeit Informationen zu ihrer tatsächlichen Beanspruchung zur Verfügung hätte.

Die Rotorblätter sind die wichtigste Stelle, wenn es um Informationen über die gewaltigen Kräfte in einer Windanlage geht. Deshalb hat das junge Münchener Unternehmen fos4X Temperatur- und Kraftmesser entwickelt, die in die Rotorblätter geklebt werden. Sie arbeiten nach dem Prinzip der Faseroptik. Rotorblätter lassen sich damit sehr genau über ihre gesamte Lebensdauer vermessen. Auch die Eigenschaften des auftreffenden Windes lassen sich damit genau feststellen. Zukünftige Software zur Steuerung wird all diese Informationen nutzen. So lassen sich Anlagen günstiger auslegen und gleichzeitig besser auslasten.

Blitzschlag-resistente Sensoren

„Im Schnitt wird jede Windanlage alle paar Jahre vom Blitz getroffen, in Gegenden wie Japan sogar jährlich“, sagt Lars Hoffmann, Gründer und CEO des jungen Unternehmens. Windräder stehen exponiert und ziehen Blitze deshalb förmlich an. Das gilt umso mehr, wenn dort elektrische Leitungen verbaut werden, etwa in Form von traditionellen Sensoren. Fos4X verwendet deshalb faseroptische Sensoren, deren Glasfasern auch noch günstiger sind. Blitze beeinflussen diese innovativen Fühler nicht. „Bei uns werden die Informationen durch geführtes Licht weitergegeben“, sagt Hoffmann.

Er und seine Mitgründer haben an der TU München über die Technologie promoviert und sie dort zu einer Geschäftsidee entwickelt. Ihre Ausgründung fos4X beschäftigt heute 70 Mitarbeiter und verdient schon nach wenigen Jahren Geld. „Das ist mir wichtig“, sagt Hoffmann. Die Begeisterung mancher Gründer, möglichst viel Geld von Investoren einzusammeln, teilt er nicht.

Stärkerer Fokus auf Software-Entwicklung

Die Industrie ist heiß auf die neuartigen Sensoren. Sie ermöglichen den Herstellern von Windrädern endlich, diese präziser zu steuern. Sie können zum Beispiel die Winkel jedes Rotorblattes einzeln verstellen, sobald sich die Windverhältnisse ändern. Die faseroptischen Fühler melden auch genau, ob und wie viel Eis auf den Rotoren liegt. Der Betrieb wird dann entsprechend angepasst. „Wenn man genau weiß, wie schwer die Eismasse ist, kann man die Anlage gezielt aus- und wieder anschalten“, sagt Hoffmann. Allein dieses genaue Wissen bringe an den ausgerüsteten Anlagen im Schnitt fünf Prozent mehr Ertrag.

Eine exakte Steuerung steigert nicht nur die Energieausbeute, sie senkt auch die Kosten und verlängert sogar die Lebensdauer der Anlagen. „Es gibt am Windenergiemarkt einen riesigen Bedarf für eine intelligentere Steuerung“, stellt Hoffmann fest. Er will sich deshalb weiter auf den Bereich konzentrieren und noch stärker in Software-Entwicklung investieren. In Zukunft könnten die fos4X- Sensoren dann auch in Energienetzen, Elektromobilität oder Flugzeugen sinnvoll eingesetzt werden.

Artikel teilen

Kommentar absenden

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert