Strom aus der Solaranlage des Nachbarn, aus der Biogasanlage des örtlichen Bauernhofs oder aus der Talsperre im Umland: Kunden der Wuppertaler Stadtwerke können sich seit Jahresbeginn ihren individuellen Strom-Mix aus erneuerbaren und regenerativen Energien selbst zusammenstellen.

Dazu müssen sie sich nur auf dem digitalen Marktplatz „Tal.Markt“ einloggen: Dort präsentieren sich Stromerzeuger der Region, vom Windrad-Betreiber Bürgerwind Cronenberg bis zur Talsperre Herbringhausen.

Die Abwicklung der Geschäfte läuft mithilfe der Blockchain-Technologie. So wollen die Stadtwerke sicherstellen, dass keine Kilowattstunde Strom doppelt verkauft wird – denn die Blockchain gilt als besonders fälschungssicher. Außerdem entfällt der Dokumentationsaufwand: Stromkunden können ihren individuellen Mix theoretisch jede Viertelstunde neu zusammenstellen. Da die Blockchain alle Veränderungen dokumentiert, können die Stadtwerke die Transaktionen eindeutig nachvollziehen und leichter abrechnen.

Überschüssiger Strom ohne festen Preis

Für Energieproduzenten hat der Tal.Markt einen entscheidenden Vorteil: Sie können den überschüssigen Strom aus ihren Anlagen als zusätzliche Einnahmequelle nutzen. Denn neben der festen Einspeisevergütung bekommen sie zusätzlich einen Bonus der Wuppertaler Stadtwerke.

Auch für die Verbraucher lohnt sich das Konzept: Eine Kilowattstunde Ökostrom kostet im Tal.Markt durchschnittlich 7,36 Cent, dazu kommen Netzentgelte, Steuern und Umlagen. Die Stadtwerke rüsten den herkömmlichen Stromzähler außerdem kostenfrei um. Sollte einmal nicht genügend Energie auf dem Marktplatz zur Verfügung stehen, springen die Stadtwerke ein: Sie sichern die Energieversorgung mit vergleichsweise umweltfreundlichem Strom aus der Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlage der Wuppertaler Abfallwirtschaftsgesellschaft.

Laut den Stadtwerken ist der Tal.Markt der weltweit erste Blockchain-basierte Handelsplatz für Ökostrom eines kommunalen Energieversorgers. Der Schweizer Energiehändler Axpo, der das Projekt umsetzt, sieht im Tal.Markt einen wichtigen Schritt in Richtung Strommarktliberalisierung: „Stromkonsumenten werden sich in Zukunft als Energiepartner auf Augenhöhe mit den Stromversorgern etablieren“ sagt Christoph Sutter, Leiter der Division Neue Energien bei Axpo. „Die Plattform hat das Potenzial, ein führender Marktplatz für personalisierte erneuerbare Energie in Europa zu werden.“

Das Wuppertaler Pilotprojekt soll erst einmal bis zum Jahresende laufen. Was dann passiert, ist offen. Momentan ist der Tal.Markt auf die Region Wuppertal begrenzt. Allerdings haben laut den Stadtwerken bereits mehrere Verbraucher und Windparkbetreiber außerhalb der Region Interesse signalisiert. Mittelfristig sei es denkbar, das Wuppertaler Modell auch auf andere Regionen zu übertragen.

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