Zuletzt hat sich auf dem Carsahring-Markt wenig getan – das dürfte sich ändern. Nicht nur, dass mit Car2Go und DriveNow die beiden größten Anbieter des sogenannten Free Floatings zusammengehen, auch die zunehmenden autonomen Fahrfunktionen der Autos beschäftigen die Branche. DriveNow-CEO Sebastian Hofelich gibt sich gegenüber Edison betont kämpferisch, wenn es um die Zukunft geht.

Edison: Herr Hofelich, mit einem Thesenpapier will DriveNow aufzeigen, wie sehr sich unsere Mobilität in den kommenden zehn Jahren verändern wird. Wieso ist das die Aufgabe eines Carsharers?
Hofelich: Diese sechs Themen zeigen, welche Durchschlagskraft Carsharing und neue Mobilitätsdienste entwickeln können. Jeder dieser Aspekte wird heute teilweise schon gesehen, aber nur als Gesamtbild wird klar, wie grundlegend sich Mobilität in Zukunft verändern wird.

Erst einmal sollen DriveNow und Car2Go fusionieren – wie wird das den Carsharing-Markt durcheinander wirbeln?
Grundsätzlich geht es hier nicht nur um DriveNow und Car2Go, sondern um die Verschmelzung diverser Mobilitätsdienstsleistungen aus einer Hand. Damit soll das umfänglichste Portfolio im Mobilitätsmarkt geschaffen werden. Im Carsharing wollen wir weiter skalieren, in weitere Märkte wachsen – auch wenn wir aktuell noch keine konkreten Städte nennen können. Wir wollen die Verfügbarkeit erhöhen, das Produkt noch etwas einfacher machen und die Nachhaltigkeit in den Fokus nehmen. Gerade, wenn es zum Zusammenschluss mit Car2Go kommen sollte.

Der ist doch schon ausgemachte Sache?
Unsere Mutterhäuser sind sich einig, aber das Kartellamt hat das letzte Wort.

Und zusammen bespielen Sie dann sieben deutsche Städte. Reicht das, um Ihre erste These umzusetzen? Dass in zehn Jahren jede dritte Fahrt Teil von Carsharing ist?
In den nächsten zehn Jahren werden unsere Geschäftsgebiete kontinuierlich wachsen. Wie genau – das wissen wir heute natürlich noch nicht. Aber das autonome Fahren kann helfen, weniger dicht besiedelte Regionen anzubinden. In Berlin haben wir derzeit 20 Prozent der Gesamtfläche abgedeckt, auf der aber 50 Prozent der Bevölkerung leben. Da bekommen wir natürlich eine höhere Auslastung hin – aber trotzdem soll das nicht der finale Ausbaustand bleiben. Die These beleuchtet allerdings den gesamten Mobilitätsbereich und nicht nur Carsharing. Sie inkludiert auch Bike-Sharing, Ridehaling und andere Formen des Sharings. Hier werden auch andere Marktteilnehmer Akzente setzen, auch und gerade im ländlichen Bereich.

Also ist längst noch nicht jeder bei Ihnen angemeldet? Manchmal kann man das Gefühl bekommen …
In München haben wir 20 Prozent aller Führerscheinbesitzer als Kunden, dort sind wir auch am längsten aktiv – in anderen Städten sind wir noch nicht so weit, was im Umkehrschluss aber auch mehr Potenzial bedeutet. Und die Neuregistrierungskurve flacht nicht ab, wir wachsen konstant.

Wenn Carsharing künftig für jede dritte Fahrt verantwortlich ist, welchen Anteil an Kilometern bedeutet das?
Wir können auch auf ein Drittel der Kilometer kommen. Carsharing kann dabei in längere Anwendungszwecke hineinwachsen. Wir haben über Pfingsten etwa Drei- bis Vier-Tages-Pakete ausprobiert. DriveNow ist dazu in der Lage, aber es kommen natürlich auch weitere Player auf den Markt.

Können Sie sich leisten, das so locker zu sehen? Uber oder Lyft verändern den Markt ja deutlich.
Wir schauen uns das entspannt an. In bestimmten Fällen können diese Unternehmen nicht konkurrieren. Ich habe zumindest noch niemanden mit seinem Uber-Fahrer durch ein Möbelhaus laufen gesehen – für den Zweck sind wir ideal. Aber ja, es ist eine ungeheure Kreativität auf dem Markt vorhanden. Wer hier aber erfolgreich sein will, braucht ein eigenes Alleinstellungsmerkmal.

Das ist aber nicht erst in zehn Jahren so.
Nein, wir glauben, geteilte Mobilität nimmt durchgehend zu. Wer in Zukunft die größten werden, weiß ich natürlich noch nicht, aber es werden mehr. Sixt und Europcar wollen sich zum Beispiel noch einmal breiter aufstellen, die angesprochenen Ridehailer wie Uber oder Lyft kommen auch nach Deutschland, zusätzlich bleibt das stationsbasierte Carsharing. Daraus wird sich dann ein Netzwerk bilden, das den privaten PKW ersetzen kann. Deshalb sage ich auch: Die einzelnen Punkte in unserem Thesenpapier machen noch keine Revolution aus. Setzt man sie aber zusammen, sieht man, welche Revolution hier bevorsteht.

Zukunftsforscher wie Daimlers Alexander Mankowsky sagen, dass mit dem autonom fahrenden Auto Carsharing überflüssig werden könnte.
Bisher sind wir noch nicht überflüssig. Das autonome Fahrzeug wird viele Mobil-Angebote konvergieren lassen. Wir sprechen ja auch von „geteilter Mobilität“. Vor zehn Jahren war alles anders und damals bestehende Konzepte würden heute nicht mehr auf den Markt passen. Wenn jemand glaubt, dass es das Geschäftsmodell von heute in zehn Jahren noch gibt, hat er sich geschnitten. Natürlich müssen wir uns in einem sich schnell verändernden Umfeld selbst weiterentwickeln.

Privater Autotausch könnte zur größten Gefahr werden, weil er Sie preislich häufig unterbieten können wird.
Wir glauben, dass die Kosten weiter sinken – Privatkunden kaufen ihr Auto, wir auch, aber wir haben die höhere Auslastung. Wir sind bei drei bis fünf Stunden und können da auch noch etwas herausholen, etwa mit Prozessoptimierung. Mit autonomen Fahrzeugen ohnehin noch viel mehr. Wir können Fixkosten wie den Kauf besser umlegen, Skaleneffekte weitergeben, wie wir sie bei der Reinigung der Autos haben. Wir haben es durchgerechnet: Für das, was ein Mittelklassewagen am Tag kostet, können Sie auch eine Stunde mit uns fahren.

Oder eine Stunde und 20 Minuten mit einem günstigeren Anbieter von Kleinstwagen? Carsharing könnten auch Suzuki oder VW anbieten.
Wir lassen uns auf jede Konkurrenz ein. Ich glaube aber, dass wir mit unserem Fahrzeugportfolio ein rundes Produkt haben, deshalb habe ich am Ende des Tages vor Low-Cost-Anbietern keine Angst. Bei der langen Nutzungsdauer ist es übrigens nicht schwierig, den Preisunterschieden mit kleinen Aufschlägen gerecht zu werden. Der Aufpreis für einen 1er-BMW im Vergleich zu einem Basisauto macht vielleicht ein oder zwei Cent pro Miet-Minute aus. Ich gehe davon aus, dass da der Großteil der Kunden das bequemere Auto nehmen wird.

Eine weitere These von Ihnen besagt, dass Autohersteller die geteilte Mobilität künftig bei der Fahrzeugentwicklung immer mehr im Blick haben werden. Aber beißt sich das nicht mit der Schaufensterfunktion, die DriveNow für BMW hat? Die meisten i3-Fahrer dürften ihren Erstkontakt über DriveNow und nicht über ein Autohaus gehabt haben.
Nein, das beißt sich nicht. Wir sind mit unseren 6000 Fahrzeugen noch ein bisschen weg vom BMW-Gesamtvolumen, da werden uns die Kollegen noch kein Fahrzeug für den Sharing-Fall bauen. Aber kleinere Unternehmen überlegen das. Und wenn jede dritte Fahrt über Sharing läuft, dann folgt das Angebot der Nachfrage.

Was machen Sie denn heute schon in puncto Anpassung?
Wir testen, wie sich vorhandene Features von BMW fürs Carsharing eignen. Zusammen mit Bosch haben wir etwa Head-up-Displays verbaut, was ein schönes System ist, weil es sehr intuitiv ist. Wenn ich den Motor starte, kommen direkt Informationen ins Sichtfeld, da muss nichts erklärt werden. Für 20 Minuten Fahrt liest ja niemand eine Betriebsanleitung.

Sie sagen, dass sie der E-Mobilität den Weg ebnen. Bislang haben Sie den i3 im Angebot, was folgt da? Der i8?
Wir wollen Fahrzeuge für den urbanen Raum, da ist der i8 vielleicht etwa zu teuer. Aber wir haben einen Elektro-Anteil von 15 – 20 Prozent, und wir diskutieren mit den Städten, diesen Anteil zu erhöhen, wenn diese im Gegenzug die Ladeinfrastruktur ausbauen. So haben wir uns etwa mit Hamburg geeinigt. Und auch BMW hat eine Roadmap und treibt die Elektrifizierung voran. Vorerst ist der i3 aber das Fahrzeug der Wahl für uns, als urbanes Konzept.

BMW rechnet mit dem Carsharing also künftig nicht die Flottenemissionen schön?
Wir wollen die Autos haben, die wir in der Stadt für sinnvoll betreibbar halten. Wenn sich jetzt Hamburg bereiterklärt, Ladesäulen aufzubauen, dann sind für uns mehr E-Autos sinnvoll betreibbar. Aber der i3 lohnt sich für uns nur dann, wenn er nicht wegen fehlenden Lademöglichkeit herumsteht.

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