Kaum eine Automesse ohne neue Elektroautos, die Tokyo Motor-Show macht da keine Ausnahme. Hiroshi Nagaoka, Forschungschef von Mitsubishi Motors, kann dem Batterieauto derzeit aber trotzdem nur wenig abgewinnen. „Um voll alltagstauglich zu sein und eine Reichweite von 500 Kilometer und mehr zu erreichen, braucht es riesige Batterien, die das Auto nicht nur sehr schwer, sondern auch recht teuer machen. Damit ist es nicht sehr effizient.“ In zehn Jahren komme man wegen der dann nochmals verschärften Umweltgesetze wahrscheinlich nicht umhin, in größerer Zahl Autos mit rein elektrischem Antrieb anzubieten. Aber derzeit mache das noch wenig Sinn, weder aus technischen, schon gar nicht aus wirtschaftlichen Gründen. Zumal die Zahl der öffentlichen Ladestationen in vielen Ländern der Welt – auch in Japan – noch völlig unzureichend sei: „Elektroautos kaufen deshalb derzeit nur Enthusiasten.“

Nein, wenn Nagaoka von Elektroautos redet, dann meint er Plug-in-Hybride: Autos, die nur in der Stadt batterieelektrisch fahren, auf der Langstrecke den Fahrstrom aber mit Hilfe eines kleinen Verbrennungsmotors erzeugen. An eine Ladestation kommt der Wagen nur über Nacht oder wenn es zum Beispiel am Arbeitsplatz parkt. Nagaoka: „Das macht aus unserer Sicht derzeit viel mehr Sinn.“ Die Technik sei wegen der deutlich kleineren Batterie vergleichsweise preiswert. Und das Auto könne weiter wie gewohnt, ohne jede Einschränkung der Alltagstauglichkeit oder Änderung der Gewohnheiten, betrieben werden. Zudem habe das Antriebssystem noch jede Menge Optimierungsmöglichkeiten.

Mitsubishi Entwicklungschef
© Ulrich Schaarschmidt/Mitsubishi Motors

Welche? Nun ja, auf der Tokio Motor-Show zeigt Mitsubishi Motors mit dem „MI-TECH“ gerade ein Konzeptauto in Gestalt eines extravagant gestylten Buggys, bei dem der Fahrstrom statt von einem Benziner mit Hilfe von zwei kleinen Gasturbinen erzeugt wird. Nagaoka: „Eine Gasturbine ist nur halb so groß und schwer wie ein Benziner.“ Obendrein arbeite sie bei so niedrigen Temperaturen, dass beim Verbrennungsvorgang keine Stickoxide mehr entstehen und auf eine Abgasnachbehandlung weitgehend verzichtet werden kann. Weiterer Vorteil: Die Gasturbine kann sowohl mit Benzin, als auch mit Kerosin wie auch Ethanol betrieben werden und ist somit weltweit und obendrein flexibel einsetzbar. Mit einer ähnlichen Argumentation arbeitet Mazda ebenfalls an einem exotischen Hilfsmotor: Das neue Elektroauto MX-30 will Mazda ab 2021 mit einem kleinen Kreiskolbenmotor als Reichweitenverlängerer anbieten. BMW bot früher eine Variante seines etwas kurzatmigen i3 ebenfalls mit einem sogenannten Range Extender an – dort war es ein Zweizylinder-Motorradmotor.

Einziges Manko: Obwohl seit den 1950er Jahren schon verschiedene Hersteller intensiv an der Gasturbine gearbeitet haben und auch Prototypen entwickelten, hat es die Technik im Automobilbau noch nie zur Serienreife gebracht. Nagaoka macht sich auch keine Illusionen: „Wir befinden uns noch in einem frühen Forschungsstadium. Bis zur Serie ist noch ein weiter Weg.“ Aber Mitsubishi Motors sei bekanntlich eine Ingenieursgesellschaft, die sich von technischen Herausforderungen nicht abschrecken lasse.

Und in der Zwischenzeit? Wird der Plug-in-Hybridantrieb, der bereits seit 2013 im Mitsubishi Outlander vor allem in Europa mit großem Erfolg eingesetzt wird, weiter optimiert. Aktuell kann das knapp fünf Meter lange SUV, das einen 135 PS starken Benziner mit zwei Elektromotoren und einer Batterie zusammenspannt, in der 13,8 Kilowattstunden (kWh) Strom gespeichert werden können, bis zu 57 Kilometer voll elektrisch fahren. Mit vollem Akku und vollem Tank kommt der Allradantrieb damit über 700 Kilometer weit. Reichweitenangst kommt hier keine auf.

Jet-Antrieb
Eine kleine Gasturbine soll den Fahrstrom erzeugen, wenn die Energie in der Batterie des Autos erschöpft ist. Mit dem Konzept will Mitsubishi Motors ein neues Kapitel in der Geschichte wiederaufladbarer Hyridfahrzeuge aufschlagen.
© Copyright Ulrich Schaarschmidt/Mitsubishi Motors

Zudem kann das Auto als rollendes Kraftwerk eingesetzt werden – nach einem Blackout oder einfach nur, wenn in freier Wildbahn eine Steckdose mit 220 Volt Spannung benötigt wird. In Japan sind deshalb Plug-In-Hybride (und Elektroautos), die über ihren Chademo-Anschluss den in der Autobatterie gespeicherten Strom zurück in das Stromnetz eines Wohn- oder auch Krankenhauses speisen könne, fester Bestandteil der staatlichen Katastrophenschutzpläne.

Und wie der Entwicklungschef andeutet, soll die Batteriekapazität des Outlander PHEV in den nächsten Entwicklungsstufen noch ein wenig wachsen, um im Alltagsbetrieb zunächst bis zu 70 Kilometer, später in einer Variante vielleicht auch 100 Kilometer Reichweite im Elektro-Modus darstellen zu können. Nagaoka: „Das reicht selbst in einer Millionenstadt wie Tokio völlig aus.“ Zudem seien schon bald weitere Mitsubishi-Fahrzeuge mit der Antriebsarchitektur des Outlander PHEV zu erwarten. Welche? Darüber muss der Autor leider noch schweigen.

Für ein Upgrade des kleinen Elektro-Stadtautos i-MIEV, das Mitsubishi 2009 auf den Markt brachte und immer noch in kleinen Stückzahlen hauptsächlich für den Heimatmarkt produziert, sieht deshalb zumindest der Entwicklungschef keine Notwendigkeit. Und wenn die Nachfrage nach Batterieautos wider Erwarten in den kommenden Jahren doch sprunghaft ansteigen sollte? Dann werde Mitsubishi sehr schnell zur Stelle sein, entgegnet der Ingenieur mit breitem Lächeln: Die Allianz mit Nissan biete dazu „alle Optionen“.

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