Wenn Algorithmen essen würden – was wäre wohl ihre Lieblingsspeise? Der Gewürzhersteller „McCormick & Company“ tat sich für vier Jahre mit IBM Research zusammen und bastelte an einer KI-Lösung für den Geschmack. Gemeinsam bringen sie Mitte 2019 von Künstlicher Intelligenz zusammengestellte Gewürzmischungen auf den US-amerikanischen Markt, 2021 dann auch im Rest der Welt.

Die ersten beiden Kreation tragen die Titel „Tuscan Chicken and Vegetables“ und „Bourbon Pork Tenderloin“. Hühnchen und Gemüse à la Toskana und Bourbon-Schweinelendchen – das scheint bei den digitalen Geschmacksknospen besonders gut anzukommen.

Oder zumindest glaubt der Algorithmus, dass diese Mischung uns Menschen besonders gut schmeckt. Bisher mussten die Aroma-Erfinder sich auf menschliche Einschätzungen und Trial-and-Error-Verfahren verlassen. Um die passende Formel zu finden, wurden Stoffe addiert, subtrahiert oder gleich ganz verändert. In einigen Fällen sorgen bis zu 150 Aromen für den Geschmack, wie McCormicks wissenschaftlicher Leiter Hamed Faridi sagt. Das maschinelle Lernen hilft den Geschmacksentwicklern bei der Erkenntnis, welche Inhaltsstoffe sich gegenseitig perfekt ergänzen, damit Menschen sie lieben. Und das KI-System hilft auch dabei, die Abläufe zu optimieren.

KI hat bei der Geschmackskreation „große Zukunft“

Die Geschmacksentwickler entwarfen diese Produktplattform, indem sie IBMs Expertise in KI und maschinellem Lernen mit McCormicks sensorischer Wissenschaft und Geschmacksdaten kombinierten. „Durch die Kombination wollen wir die Grenzen der Kreativität neu erschließen und den Entwicklungsprozess von Lebensmitteln und Aromen verändern“, sagt Kathryn Guarini von IBM.

Bleibt die Frage, ob die Algorithmus-Köche tatsächlich die Zukunft des Essens mitbestimmen könnten oder ob das ganze eher ein gut gemachter Marketing-Stunt von McCormick ist. Jens-Uwe Garbas arbeitet für das Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS und sagt: „Die Anwendung künstlicher Intelligenz im Bereich ‚Flavour and Food‘ nimmt gerade zu und besitzt in dieser Branche enormes Potenzial. Gerade hier ist eine enge Zusammenarbeit der Experten für KI mit den Spezialisten aus der jeweiligen Domäne nötig. Nur so können Lösungen erarbeitet werden, die den Ansprüchen und der hochkomplexen Datenlage gerecht werden.“

Und weiter: „Das Interesse aus den entsprechenden Industrien ist in jedem Fall sehr groß. Das Thema hat eine große Zukunft, deswegen handelt es sich nicht um einen PR-Gag.“ Es ist abzuwarten, ob die KI auch wirklich unseren Geschmack trifft – und wir uns von Computern sagen lassen wollen, was uns schmeckt.

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