Die Schweizer sind bekannt für ihre Uhren, ihre Schokolade und das berühmte Armeemesser. Als Autohersteller haben sie sich dagegen bisher keinen Ruf erworben. Auch als Batteriehersteller sind sie noch nicht berühmt. Dennoch haben sie es geschafft, das größte und stärkste batteriebetriebene Elektrofahrzeug der Welt zu bauen. „Lynx“ heißt der Muldenkipper – ein monströses Gefährt.

Entwickelt haben den umweltfreundlichen Laster die Berner Fachhochschule BFH, die NTB Interstaatliche Hochschule für Technik Buchs und die Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa). Zusammen haben sie gleich drei Weltrekorde gebrochen. „Lynx“ ist mit 58 Tonnen Leergewicht und 65 Tonnen Zuladung sowie einer Motorenleistung von 634 kW nicht nur das größte Elektro-Fahrzeug der Welt. Die Batterie ist mit 4,5 Tonnen so schwer wie zwei Autos und setzt Meilensteine. Nie zuvor ist ein Landfahrzeug mit einem solch gewaltigen Akkupaket bestückt worden. Die nutzbare Batteriekapazität betrage 600 kWh, erklärt Peter Affolter, Autoexperte von der Berner Fachhochschule. Die verbaute Kapazität ist sogar etwas höher, um die Batterielebensdauer zu erhöhen. Und noch nie hat ein vergleichbares Fahrzeug eine derart große Menge an CO2 einsparen können. 1300 Tonnen CO2 und 500.000 Liter Diesel soll „Lynx“ – was zu Deutsch Luchs bedeutet – in den kommenden zehn Jahren einsparen, wenn er in einem Steinbruch seiner Arbeit nachgeht.

Rekuperation könnte Lynx zum Null-Energie-Fahrzeug machen

18 Monate hat das interdisziplinäre Forscherteam getüftelt, bis der Elektromuldenkipper funktionierte und jetzt Kalk- und Mergelgesteine aus einem höher gelegenen Abbaugebiet in eine tiefer gelegene Verarbeitungsanlage transportiert. Das hat einen großen Vorteil: Wenn „Lynx“ mit 65 Tonnen Felsbrocken beladen den Berg runterfährt, steht der Fahrer ununterbrochen auf der Bremse. Und das ist gut, denn mittels Rekuperation wird die Batterie wieder geladen. Der so erzeugte Strom reicht nach vorläufigen Berechnungen für die unbeladene Rückfahrt bergauf ins Abbaugebiet aus. Er wäre damit ein Null-Energie-Fahrzeug. Ob das in der Praxis tatsächlich funktioniert, muss der Alltagsbetrieb erst noch zeigen. Muss der Muldenkipper doch ans Netz, reichen sechs bis sieben Stunden Laden über Nacht aus.

Vermarktet wird „Lynx“ von der Firma eMining. Das Know-how solle aber auch weiteren Firmen und Forschungsinstitutionen zur Verfügung gestellt werden, sagt Affolter. Das durch das schweizerische Bundesamt für Energie gefördert Projekt soll die Technologie von batteriebetrieben Großsystemen in der Schweiz zugänglich machen. „Insbesondere im Untertagbau sind die Eigenschaften von batteriebetrieben Großfahrzeugen von großem Interesse, da die Abgase und Wärmeentwicklung von Verbrennungsmotoren große Herausforderungen an die Belüftung stellen“, erklärt Affolter.

Elektroantriebe kommen im Lkw-Markt an

Die Schweizer sind nicht die einzigen, die sich mit großen Antrieben beschäftigen. Von dem sauberen, leisen und wartungsarmen Antrieb könnte die Transportbranche profitieren. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung will Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) Lkw mit Elektroantrieb ab dem kommenden Jahr von der Maut befreien. Spediteure könnten dadurch im Durchschnitt 5000 Euro pro Jahr und Fahrzeug sparen. Damit soll der bislang schleppende Einsatz der E-Mobilität bei Lastwagen vorangetrieben werden. Bisher gibt es kaum serienreife Modelle. Aber immer mehr Hersteller beschäftigen sich auch bei Lkw und anderen Nutzfahrzeugen mit Elektroantrieben.

Diese E-Truck-Modelle sollen in den nächsten Jahren an den Markt kommen:

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