Montagmorgen, sieben Uhr: Aus dem Spiegel schaut einen das eigene schlaftrunkene Gesicht an. Daneben erscheint plötzlich ein Fenster mit dem Wetterbericht. Alles klar, heute soll es regnen – also besser den Schirm einpacken. Neben der animierten Regenwolke stehen die Termine für den Tag, darunter die Schlagzeilen des Morgens. Ein Blick in den Spiegel genügt und schon hat man alle wichtigen Informationen parat – ohne auch nur einmal die Wetter-App geöffnet, in den Terminkalender geschaut oder die Nachrichten gehört zu haben.

Vernetzte Geräte sparen Zeit, deswegen sind sie so beliebt: Laut dem US-Telekommunikationsunternehmen Cisco nutzt jeder Mensch durchschnittlich 3,47 vernetzte Geräte. Bis zum Jahr 2020 sollen es 6,58 Stück pro Person sein. Smarte Spiegel sind dabei die Neuzugänge unter den schlauen Helfern, die vor allem durch ihre einfache Funktionsweise überzeugen: Ein Display auf der Rückseite des Spiegels leuchtet durch das Glas hindurch und erzeugt so einen Hologramm-Effekt. Das weckt die Aufmerksamkeit des Betrachters – und macht die digitalen Spiegel nicht nur zum Alltagshelfer, sondern vielmehr zu einer interessanten Werbeplattform für Unternehmen.

Eine Spielwiese für Start-ups

Das hat zum Beispiel das Start-up Mirrads erkannt: Vor einem Jahr haben die Ingolstädter einen herkömmlichen Spiegel auf der Herrentoilette eines Cafés gegen einen Smart Mirror ausgetauscht. Sie wollten testen, ob er sich als Werbefläche eignet. Und das tat er: Inzwischen gibt es zehn Mirrads-Spiegel in Ingolstädter Restaurants, Bars und Clubs. Unternehmen können die Spiegel als Werbefläche buchen.

„Das Feedback ist durchweg positiv“, sagt Geschäftsführer Peter Stahr. „Die Effizienz der einzelnen Aktionen hängt allerdings stark vom Inhalt der Werbung ab.“ Besonders gut laufen Recruiting-Themen. Um den Erfolg der Smart Mirrors zu messen, hat Mirrads vor kurzem eine Studie durchgeführt. Das Ergebnis: Bei den 100 Probanden hat die Werbung auf den digitalen Spiegeln eine zehnmal höhere Aufmerksamkeit erzeugt als vergleichbare Plakatwerbung.

Die digitalen Spiegel eignen sich allerdings nicht nur als Werbeplattform: Sie bieten auch eine Fläche für Gesellschaftskritik. Eine Gruppe Studenten der FH Münster hat im Rahmen eines Forschungsprojekts einen smarten Spiegel entwickelt, der auf die Gefahren von Mikroplastik hinweist. Auf dem Spiegel erscheinen interaktive Elemente rund um das Thema. So erfahren die Betrachter beispielsweise, wie Mikrofasern von der Waschmaschine bis ins Meer gelangen.

Da Menschen die Informationen im Smart Mirror direkt auf ihrem eigenen Körper sehen, erhofft sich Projektleiterin Tina Glückselig eine stärkere Auseinandersetzung mit dem Thema: „Nutzer können die Folgen ihres täglichen Handelns im wahrsten Sinne des Wortes durchschauen und werden so zur Selbstreflexion angeregt.“ Noch ist der Spiegel des Forschungsprojekts nur ein Prototyp. Glückselig plant, ihn auch an Flughäfen oder in Shoppingcentern zu platzieren.

Smart Mirror zum Selbstbasteln

Bislang sind Smart Mirrors ein Nischenprodukt. Es gibt nur wenige Anbieter, dazu kommt der stolze Preis: Die Spiegel sind mit 400 bis 600 Euro für den Privatgebrauch noch vergleichsweise teuer. Wer Geld sparen, aber dennoch nicht auf den neuen digitalen Helfer im Badezimmer verzichten möchte, kann auch selbst aktiv werden: Der Smart-Mirror-Anbieter Glancr hat auf seiner Website kürzlich eine Bauanleitung für digitale Spiegel veröffentlicht. Für den Smart Mirror braucht man einen Bilderrahmen, einen lichtdurchlässigen Spiegel und einen internetfähigen Computer mit Display.

Das Betriebssystem kommt von Glancr. Trotz Handarbeit müssen Tech-Liebhaber dennoch einige hundert Euro investieren – dafür sind sie schon morgens im Badezimmer mit einem Blick top informiert.

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