Es kommt wohl nicht sehr oft vor, dass Daimler-Chef Dieter Zetsche den Bosch-Boss Volkmar Denner durch die Gegend chauffiert. Normalerweise ist es eher umgekehrt und Zulieferer Bosch derjenige, der seinen Premium-Kunden Daimler hofiert. Doch um der guten PR-Sache willen fuhr Zetsche Denner in einer schwarzen S-Klasse zur Bosch Connected World in Berlin, einer Konferenz rund um das Internet der Dinge.

Der Zweck der Aktion: Zu demonstrieren wie sich die Limousine, nachdem die beiden Topmanager ausgestiegen waren, selbstständig einen Parkplatz sucht. Ohne Fahrer am Lenkrad, gesteuert über die Cloud. Bosch nennt die Dienstleistung Automated Valet Parking, angelehnt an den Service vieler Hotels, bei denen der Gast den Schlüssel seines Autos dem Portier gibt. Der dann den Wagen parkt.

Das automatisierte Parken ist nur ein Beispiel für die neuen Dienste, mit denen der Zulieferer künftig Geld verdienen will. Chef Denner hat dazu einen eigenen Geschäftsbereich namens Connected Mobility Solution mit derzeit 600 Mitarbeitern gegründet. Er hofft, so für seinen Konzern einen Teil der schnell wachsenden Umsätze mit Mobilitätsdiensten und digitalen Services erobern zu können. Die sollen laut der Beratungs- und Prüfungsgesellschaft PWC 140 Milliarden Euro in 2022 betragen.

Bosch hat bereits eine Cloud-Lösung entwickelt, in der Daten aus dem Auto per Mobilfunk gelangen, ausgewertet und verknüpft werden. Wie beim automatisierten Parken: Kameras, Radaraugen und andere Sensoren erfassen die Umgebung des schrittfahrenden Autos. Läuft ein Fußgänger vor das Fahrzeug, erkennt es diesen sofort und bremst. Sensoren im Parkhaus überwachen zusätzlich das Geschehen und dirigieren das Auto zu einer freien Parklücke. Die Parkplätze können schmaler sein als bisher, weil niemand mehr aus- und einsteigt. Die Kapazität einer Parkgarage steigt so um bis zu 20 Prozent.

Dies Hochglanz-Video von Bosch zeigt, wie das automatische Parken funktioniert:

Nach intensiven Tests soll Anfang 2018 im Parkhaus des Stuttgarter Mercedes-Benz Museums der Live-Betrieb starten. Der Fahrer stellt seinen Wagen in einer Abgabezone ab und aktiviert das Einparken per App auf seinem Smartphone. Umgekehrt lässt er es bei der Rückkehr per App wieder heranrollen.

Der Dienst ist aber nicht nur etwas für Premium-Fahrzeuge. Auch das Aachener Start-up E.go Mobile will ihn für seinen Elektroflitzer Life anbieten. Im Frühjahr ist der Baubeginn für ein entsprechend ausgerüstetes Parkhaus, ab September soll der Betrieb starten. Der viersitzige Life lasse sich von außen problemlos fernsteuern, heißt es aus dem Unternehmen. Da das Parkhaus selbst die Fahrwege überwacht, muss das Auto nicht über eine große Zahl noch teurer Sensoren verfügen, um sich zu orientieren.

Neben Bosch arbeiten auch Zulieferer wie Continental und Siemens an Park-Diensten genauso wie Audi oder BMW aufseiten der Autohersteller.

Cloud-Dienst gegen Reichweitenangst

Neben dem Park-Dienst sei der neue Unternehmensbereich Connected Mobility Solution für „mehr als 20 Services“ zuständig, sagt Bosch-Chef Denner. Mit weiteren, die gerade in Entwicklung sind, will er etwas gegen die Reichweiten-Angst von E-Mobilisten tun. Dazu sammelt das System!E genannte Konzept Daten wie den Batterieladestand, den Fahrstil des Fahrers, den Energiebedarf von Heizung oder Klimaanlage sowie Informationen aus der Umgebung wie Witterung, Steigungen und Gefälle der Strecke oder Staus.

Ein Algorithmus berechnet auf Basis dieser Infos eine Prognose für die Reichweite, die genauer als bisherige Vorhersagen sein soll. Auf längeren Strecken plant das System die nötigen Ladestopps bei der Berechnung der Route ein und wickelt anschließend sogar das Bezahlen ab. Denner wünscht sich, dass das Fahrzeug den Platz an der Ladesäule vorab reservieren kann, um lästige Wartezeiten zu verhindern. Bisher geht das in der Regel nicht.

Ein weiterer Dienst soll die Fahrzeug-Batterie in das Smart-Home integrieren. Und so etwa tagsüber Strom von Solarzellen auf dem Dach im Auto-Akku speichern und ihn nachts wieder abgeben. Dabei soll aber genügend Energie in der Batterie verbleiben, um am nächsten Morgen die übliche Distanz ins Büro bequem zu schaffen.

Mitfahrgelegenheit für Berufstätige

Allerdings muss nicht jeder Pendler mit seinem eigenen Wagen zur Arbeit fahren. Die gute alte Fahrgemeinschaft unter Kollegen ist nach wie vor ein wirkungsvolles Mittel, um die Zahl der Fahrzeuge im Berufsverkehr zu reduzieren. Doch erschweren flexible Arbeitszeiten und unerwartete Überstunden, sich abzusprechen. Das US-amerikanische Start-up Splt, das Bosch gerade übernommen hat, soll das einfacher machen.

Es richtet sich an Unternehmen, die ihren Mitarbeitern helfen wollen, Fahrgemeinschaften zu bilden. Ein Algorithmus ermittelt, welche Kollegen ähnliche Heimwege haben und berechnet den schnellsten Weg. Immerhin 140.000 Anwender aus Firmen und Verwaltungen in den USA, Mexiko und Deutschland nutzen den Dienst bereits. „Und wir werden ihn auch den Bosch-Mitarbeiter anbieten“, verspricht CEO Denner.

Aber auch hier gibt es Konkurrenz: Der Software-Konzern SAP bietet mit TwoGo einen ähnlichen Dienst an, ebenso das Start-up Klaxit in Frankreich, das gerade eine weitere Finanzierungsrunde abgeschlossen haben. Immerhin: Der Markt ist groß, laut Datenportal Statista sollen 2022 rund 685 Millionen Menschen Ridesharing-Angebote nutzen.

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