Gemüse vom eigenen Balkon wünschen sich viele Stadtbewohner. Doch Erde und Kompost zu schleppen finden nicht alle attraktiv. Die üblichen Pflanzkübel benötigen zudem viel Arbeit und Aufmerksamkeit: Düngen, umgraben, Erde erneuern sind weitere lästige Pflichten, auch für Kleingärtner. Ein Start-up aus Stuttgart hat vielleicht die Lösung: Das vertikale Pflanzen-System von Geco-Gardens bildet einen genügsamen, ökologischen Kreislauf.

Die Gemüsebeete in unterschiedlicher Höhe können individuell angeordnet werden, je nach Größe von Balkon oder Terrasse. Wichtigste Mitarbeiter des Systems sind Würmer der Gattung Eisenia foetida – und die Sonne.

Mehrere hundert der winzigen Lebewesen liefert Geco-Gardens gemeinsam mit den Pflanztrögen. Die Würmer wohnen in einer Kiste am Boden und ernähren sich von grünen Abfällen aus der Küche und später auch von Resten aus dem Mini-Garten. Sie bringen in dem System einen Kreislauf in Gang, denn ihre Ausscheidungen sind beste Komposterde, die wiederum das Gemüse gedeihen lässt.

Wurmzucht für Stadtbalkone

„Eigentlich ist das eine Wurmzucht. Bislang gibt es noch kein Ökosystem dieser Art“, sagt Bastian Winkler stolz. Er ist einer der beiden Gründer und außerdem Agrarwissenschaftler. An der Universität Hohenheim forscht Winkler zum Thema erneuerbare Energien, kennt sich aber auch in Stoffkreisläufen bestens aus. Einen solchen hat er mit Geco-Gardens entwickelt.

Ein entscheidender Vorteil der Vertikal-Gärten ist ihre Bewässerungsanlage. Sie läuft mit Solarstrom, der direkt vor Ort produziert wird. Das 20-Watt-Modul liefert Geco-Gardens gleich mit. Erde und Kompostkiste werden auf diese Weise regelmäßig gewässert, eine Pumpe bringt das von den Würmern in Nährlösung verwandelte Wasser nach oben und lässt es durch die Kästen rieseln. Die Eigentümer müssen nur noch Grünmasse in die Wurmkiste werfen. „Wieviel nötig ist berechnen wir vorab“, sagt Winkler.

Ganz kurz erklärt, hört sich das so an:

Eine oder zwei Hände Biomüll-Wurmfutter voll pro Tag seien genug, um die Tiere bei Laune zu halten. Die Anlage gibt es in zwei Varianten: Mit Drahtgestell und Kunststofftrögen sowie in einer luxuriösen Holzausführung. Los geht’s mit 800 Euro, ein Schnäppchen ist das System also nicht unbedingt.

Schwierige Autarkie

Funktioniert so tatsächlich die Selbstversorgung in der Stadt? Darüber macht sich der Gründer keine Illusionen: „Mit diesen Gärten ist in unseren Breiten keine Unabhängigkeit möglich. Wir wollen damit aber Städter wieder näher an die Nahrungsmittelproduktion heranführen“, sagt der Jung-Unternehmer.

Das Kalkül: Wer sich mit dem Wachstum von heimischem Gemüse auskennt, der konsumiert nachhaltiger und intelligenter. Er geht zum Beispiel auf den Wochenmarkt und wählt dort saisonal und regional aus. Statt beim Discounter weit gereiste Früchte zu kaufen.

Die jungen Tüftler aus Stuttgart sehen ihr Projekt aber nicht nur als schöne Freizeitbeschäftigung für urbane Mitteleuropäer. In weniger entwickelten Regionen könnte das System sogar einen wichtigen Beitrag für bessere Lebensverhältnisse liefern. Dort wäre ein ganzjähriger Anbau möglich. Und die Sonnenenergie für das Bewässerungssystem ist dann auch kein Problem.

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