Der Luftverkehr wächst nach wie vor ungebremst: Um knapp fünf Prozent Jahr für Jahr und das noch über die kommenden zwei Jahrzehnte, sagen aktuelle Marktprognosen voraus. Diese Mobilität hat aber ihren Preis, denn auch die Umweltbelastungen durch die Fliegerei nehmen zu. Flugzeuge sorgen für etwa drei Prozent der CO2-Emssionen weltweit. Das ist im Vergleich zum Straßenverkehr mit fast 18 Prozent zwar gering. Aufgrund der großen Höhe, in der die Maschinen unterwegs sind, wirken befeuern allerdings auch Wasserdampf, Stickoxide und Rußpartikeln aus den Triebwerken den Treibhauseffekt.

Daher sucht die Branche nach Alternativen und will über den Wolken elektrisch fliegen. Pläne gibt es reichlich. Etwa beim britischen Triebwerkshersteller Rolls-Royce. Von einem Serienflugzeug sind die Briten aber genau wie die meisten anderen Luftpioniere noch weit entfernt. Mit Accel hat der Triebwerkhersteller aber schon mal das schnellste Elektroflugzeug der Welt präsentiert. Mit an Bord: das Beste aus der Luft- und Raumfahrttechnik, des Formel-E-Rennsports und aus der Entwicklung von Hochleistungsbatterien.

Das Innenleben des Accel
2020 soll der Einsitzer Accel von Rolls-Royce abheben. Seine drei Elektromotoren leisten 750 Kilowatt, die Reichweite beträgt 320 Kilometer, die Höchstgeschwindigkeit soll 480 Kilometer pro Stunde übertreffen, was Weltrekord wäre.
© Copyright Rolls-Royce

Akkus mit besonders hoher Energiedichte

Bei seinem Jungfernflug soll das E-Flugzeug nach Angaben von Rolls Royce 480 Kilometer pro Stunde (km/h) schaffen. Damit würde der Batterieflieger den bisherigen Rekord von Siemens von 338 km/h aus dem Jahr 2017 überbieten. Zwei Stunden westlich von London in Gloucestershire steht der Elektroflitzer der Lüfte in einem Hangar und soll ab dem kommenden Jahr im britischen Luftraum unterwegs sein. Die Entwicklung des einsitzigen E-Flugzeugs sei weitestgehend abgeschlossen, teilt Rolls-Royce mit. Es müsse jetzt nur noch umfassende Tests und Sicherheitschecks durchlaufen.

Ein besonders leichtes Lithiumionen-Batteriepack mit 6000 Zellen soll über eine besonders hohe Energiedichte verfügen und die drei Elektromotoren mit einer Leistung von rund 500 PS von Accel antreiben – was für Beschleunigung (Accelerating) steht. 320 Kilometer kann der E-Fliegen damit am Stück überwinden. Was in etwa der Strecke zwischen London und Paris entspricht. Gekühlt werden die Hochleistungsbatterien über ein Wärmemanagement. „Wir versuchen, die Möglichkeiten der Elektrifizierung aufzuzeigen“, erklärt Matheu Parr, ACCEL-Projektmanager für Rolls-Royce.

Geld vom Google-Gründer
Cora heißt das autonom fliegende Flugtaxi vom US-Unternehmen Kitty Hawk, in das Google-Mitgründer Larry Page sein Geld steckt. Dessen Zulassungsverfahren läuft in Neuseeland, dort hat sich das Start-up mit der lokalen Fluglinie Air New Zealand verbündet. Cora hat Platz für zwei Personen, besitzt zwölf Triebwerke, soll Tempo 180 schaffen und rund 100 Kilometer weit kommen.
© Copyright Kitty Hawk

Für die Realisierung von Accel holte Rolls-Royce das Luftfahrt-Start-up Electroflight und den E-Motorspezialisten YASA mit an Bord, der in der Formel E zuhause ist. „Es ist wirklich ein globales Projekt“, so Parr. Eine Herausforderung sei der Aufbau einer stabilen Lieferkette für die spezialisierten Zulieferer.

Accel ist nicht das einzige elektrische Projekt der Briten. Zusammen mit Airbus und Siemens arbeitetet Rolls-Royce an einem Elektro-Hybridantrieb. Der E-Fan X genannte Antrieb soll Ende 2020 in Toulouse erstmals in die Lüfte steigen, vorerst allerdings noch als Testflugzeug. Damit wollen die Projektpartner testen, ob sich die CO2- und Geräuschemissionen signifikant reduzieren lassen.

Deutsche Start-ups mischen auch mit

Aber nicht nur die großen Konzerne forschen an alternativen Antrieben. Auch viele kleinere Unternehmen und Start-ups wollen den Markt aufmischen, etwa mit Lufttaxis. Wie das US-Unternehmen AirSpaceX. Es arbeitet mit Mobi-one an einem Flugzeug, das wie eine Mischung aus Drohne und Hubschrauber aussieht und senkrecht starten und landen kann. Das schafft auch der Volocopter aus dem badischen Bruchsal, der bereits erste Testflüge absolviert hat.

Das Flugtaxi, das wiederum Lilium Aviation in der Nähe von München entwickelt, startet ebenfalls senkrecht. Ausgestattet mit 36 vollelektrischen Motoren soll es für einen bis zu 300 Kilometer emissionsfreien Flug als On-Demand-Air-Shuttle sorgen. Auf Knopfdruck können Fluggäste mithilfe der Lilium-App ihren nächstgelegenen Landeplatz finden. Die Lilium-Gründer Daniel Wiegand, Matthias Meiner, Sebastian Born und Patrick Nathen haben bereits mehr als 100 Millionen Dollar für ihre Entwicklung eingeworben und beschäftigen rund 300 Mitarbeiter. Sie wollen bis 2025 in verschiedenen Städten weltweit ihr Lilium-Taxi auf den Markt bringen.

Von ihrem Konzept überzeugten sie zuletzt auch Christopher Delbrück. Der Chief Financial Officer der Uniper SE wechselt spätestens im Sommer vom Energiekonzern als neuer Finanzchef zum Mobilitäts-Start-up. „Die Gelegenheit, eine Branche zu revolutionieren, gibt es in jeder Generation nur einmal“, begründet Delbrück seinen Karrierewechsel. Er ist überzeugt: „Der Markt für Luftmobilität in Städten wird in den nächsten zehn Jahren enorm wachsen.“

Artikel teilen

Kommentar absenden

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert