Carmen Hijosa produziert aus Ananas einen Stoff, der Leder Konkurrenz macht. Die Designerin war vom Umweltschaden durch die Lederproduktion schockiert und hat deshalb eine Alternative entwickelt. Dafür nutzt sie jene etwa 40.000 Tonnen Ananasabfälle, die jährlich weltweit anfallen. Aus den Fasern der Ananasblätter, die bei der Ernte in der Regel weggeschmissen werden, fertigt sie mit ihrem Unternehmen Ananas Anam modische Kleidungsstücke. Das Material nannte die Erfinderin übrigens Piñatex: Piña ist Spanisch für Ananas. Wir haben nachgefragt.

Frau Hijosa, Sie hatten eine ungewöhnliche Idee. Gab es einen Moment, an dem Sie wussten: Das ist das Projekt, mit dem ich mein Arbeitsleben verbringen will?
Es gab diesen Augenblick, in dem mir klar wurde, dass meine Idee, die sich gerade zu einem Konzept entwickelte, mein ganzes Leben andauern würde. Es war ein interessanter Moment – beängstigend und aufregend zugleich.

Wie fiel die erste Reaktion der Branche auf die Idee aus?
Die hat von Anfang an sehr positiv reagiert. Wir gewannen die ersten Kunden auf unserer ersten Messe an Weihnachten 2009. Diese sind uns immer noch treu.

Gab es Sponsoren oder Investoren? Wenn ja, welche?
Ananas Anam wird vom Royal College of Art in London unterstützt und von einer starken internationalen Basis sozial engagierter Angel-Investoren. Zudem von in Europa ansässigen Risikokapitalgesellschaften, die in nachhaltige Unternehmen investieren.

Weshalb verkaufen Sie den Stoff nicht an Verbraucher?
Es ging darum, Prioritäten zu setzen – die Entwicklung von Piñatex, seiner Lieferkette und des Unternehmens dauerte einige Jahre. Es ist angedacht, bald eine Kollektion zur Markteinführung für das Jahr 2020 zu entwickeln.

Gab es Leute, die Sie von der Gründung abhalten wollten? Wenn ja, wie haben Sie geantwortet?
Ja, natürlich gab es die, besonders „wohlmeinende“ Freunde und Familie, die mir sagten: „Wie wirst Du Deinen Lebensunterhalt bestreiten?“ Meine Antwort war stets die gleiche: Das ist es, woran ich glaube – und das werde ich weiterhin tun.

Wie sieht für Sie ein gesundes Wachstum der Firma aus?
Wir haben unser Produktionsvolumen und unseren Umsatz von 2017 bis 2018 verdoppelt. Seit der Markteinführung von Piñatex 2016 wurde der Stoff an über 700 Marken – in über 50 Ländern – verkauft. Doch am wichtigsten ist, dass wir unter den ärmsten Gemeinschaften auf den Philippinen einen Beitrag leisten. Tatsächlich haben die Bauern durch den Ankauf ihrer Ananaspflanzenblätter, die sonst verschwendet werden, ein zusätzliches Einkommen erzielt. Darüber hinaus landen die Bioabfälle, die bei der Faserdekoration anfallen, als Düngemittel wieder in den Betrieben.

Gibt es einen Businessplan für 2019?
2019 wird ein spannendes Jahr, denn wir werden unsere Entwicklung beschleunigen, indem wir unsere Produktionsanlagen auf den Philippinen vergrößern und Piñatex New Generation mit anpassbaren Farben und Oberflächen einführen. Wir werden unser Geschäft in den Bereichen Mode, Schuhe und Accessoires ausbauen, indem wir mit größeren Marken zusammenarbeiten. Und: Wir wollen auch neue Märkte erschließen zum Beispiel für die Automobilindustrie. Auf regionaler Ebene konzentrieren wir uns auf Europa und die USA, wo die Nachfrage nach nachhaltigen Lösungen wächst.

Und irgendwann kommt der Börsengang? Oder lautet Ihre Antwort darauf: „Niemals“?
Kurz- bis mittelfristig dürften Risikokapitalgesellschaften und Finanzinstitute die wichtigsten Geldgeber für das Unternehmen sein. Längerfristig ist ein Börsengang eine der vielen anderen untersuchten Finanzierungsmöglichkeiten.

Was gefällt Ihnen an der Arbeit eigentlich am besten?
Alles – außer der Beantwortung von Mails.

Und nun bitte eine Erklärung für Kinder: Was ist Ihr Produkt?
Es ist ein Material, das Menschen und der Erde hilft.

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