„Jetzt geht er wieder in seine Höhle“, sagen sie spöttisch, wenn Tawatchai Natipakorn in sein Eco-Resort zurückkehrt. Die Bewohner von Mae Hong Son, einer Stadt im Norden Thailands, verstehen nicht, warum er freiwillig einen Ort erschaffen hat, der so rückständig ist: Im Fern Resort gibt es kein WLAN, kein Telefon und kein TV auf den Zimmern.

Stattdessen erwartet die Gäste Natur pur, Frösche quaken, Grillen zirpen und ein Bach plätschert ruhig vor sich hin. „The Eco-Tourism Resort for Naturelovers“ steht am Eingang und damit wird nicht zu viel versprochen, denn es liegt inmitten von waldbedeckten Bergen und Reisfeldern. Man sieht Grünnuancen so weit das Auge reicht.

„Ich habe mich damals auf den ersten Blick in die wunderschöne Natur dieser Region verliebt“, erzählt Natipakorn, der nach seinem Jurastudium in Bangkok durch die Welt reiste und 1985 als Backpacker schließlich in Mae Hong Son landete. „Und ich beschloss, dass ich dabei helfen möchte, sie zu bewahren.“

Doch in Mae Hong Son wünscht man sich etwas anderes: viele Touristen, die viel Geld bringen. Und dazu den westlichen Lebensstandard. „Nachdem die Stadt einen eigenen Flughafen bekam, wurde sofort ein riesiges Holiday Inn gebaut.“ Natipakorn war dagegen, er warnte die Menschen, einen falschen Weg einzuschlagen und Fehler zu begehen, die anderswo bereits begangen wurden. Doch er stieß auf taube Ohren.

Während manche Regionen Südthailands unter den Massen an Pauschalreisenden und Backpackern zu kollabieren drohen, gilt der Norden bisher noch als Geheimtipp. Grund dafür ist die abgeschiedene Lage hinter den Bergen, bis in die Fünfzigerjahre war die unwegsame Region nur mit Elefanten zu erreichen.

Das hat sich geändert: neben dem Flugplatz gibt es auch eine Straße, die von Chiang Mai nach Mae Hong Son führt. Sie zu bewältigen ist allerdings nicht ganz so leicht: 1.864 Kurven gilt es zu überwinden, das zumindest besagt das Zertifikat, das die Besucher bei ihrer Ankunft erhalten. Vor allem Motorradfahrer schätzen die Route deshalb.

Neue Projekte braucht das Land

Zum Glück ist Natipakorn mit seiner Einstellung nicht allein: „Nachhaltiger Tourismus gewinnt immer mehr an Bedeutung“, sagt Laura Stäter vom Thailändischen Fremdenverkehrsamt. „Schon heute hat Thailand über 300 Nationalparks und rund 17 Prozent des Landes unter Naturschutz gestellt. Immer mehr Projekte werden ins Leben gerufen, um umweltfreundliches und nachhaltiges Reisen zu fördern.“

So zum Beispiel Green Fins, das effizient die Riffe des Königreichs schützt und mit zahlreichen Tauchcentern zusammenarbeitet. Hinzu kommen Organisationen wie die Thai Ecotourism and Adventure Travel Association, deren Mitglieder auf ökologisch verträgliche Angebote setzen. Oder die Green Leaf Foundation, die Checklisten für das Führen von umweltbewussten Hotelbetrieben entwickelt hat.

Zu den Green Leaf-Kriterien zählen zum Beispiel ein wasser- und energiesparender Betrieb, eine ökologische Müllentsorgung, die Nutzung umweltfreundlicher Produkte, Lärmschutz, die Kooperation mit lokalen Gemeindevertretern und Organisationen sowie Recyclingmaßnahmen.

Zu Gast bei Bergvölkern des Nordens

Zum Ausbau des sanften Tourismus gehört jedoch auch der Schutz der einheimischen Bevölkerung. In Nordthailand leben viele ethnische Minderheiten wie die Karen, Mong oder die Lahu, meist in ärmlichen Verhältnissen und in abgelegenen Bergdörfern. Bei sogenannten Homestay-Angeboten haben Besucher die Möglichkeit, vor Ort bei Familien zu übernachten und an ihrem Alltag teilzunehmen. Den Kontakt vermitteln Kommunen oder Organisationen wie z.B. das Community Based Tourism Institute oder das soziale Unternehmen Local a Like, sie fördern den sogenannten Gemeinschaftstourismus (community based tourism).

Bei diesem sollen auch die Bewohner der Gemeinden vom Tourismus profitieren. Der finanzielle Beitrag der Gäste fließt im Wesentlichen in Gemeindeprojekte und unterstützt somit die regionalen Bergvölker in ihrer Entwicklung. „Wer in einer thailändischen Familie einen Thai-Kochkurs erlebt- oder bei der Produktion von Kunsthandwerk mitgeholfen hat, wird sicher sehr viel intensivere Einblicke in die thailändische Kultur mit nach Hause nehmen“, so Stäter.

Zu den Bergdörfern, die besucht werden können, gehört beispielsweise Mae Klang Luang, wo früher Opium angebaut wurde. Heute pflanzen und ernten die Bewohner stattdessen Arabica-Kaffee, Reis, Erdbeeren und Bohnen, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen – eines der vielen „Royal Projects“, die der verstorbene, thailändische König Bhumibol ins Leben rief, um die Lebenssituation der Dorfbewohner zu verbessern. Inwieweit das gelungen ist, davon kann sich jeder selbst ein Bild machen, der vor Ort übernachtet.

Eco-Resort mit ungewisser Zukunft

Auch Tawatchai Natipakorn vermittelt seinen Gästen – auf Wunsch – Homestay-Angebote bei seinen Angestellten und ihren Familien: „Zu den Prinzipien des Fern Resorts gehört es, dass wir fast ausschließlich Menschen aus der Region einstellen, die meisten von ihnen sind Karen – eine ethnische Minderheit, die sich vorwiegend in den Bergdörfern Nordthailands angesiedelt hat.“

Natipakorn hat viele Visionen, doch gibt es mindestens ebenso viele Hürden, die es zu meistern gilt. Es sei zum Beispiel immer wieder frustrierend, wenn man den Müll im Eco-Resort fein säuberlich trenne, um dann festzustellen, dass dank der ländlichen Müllentsorgung letztendlich wieder alles einfach im Wald abgeladen werde.

Manchmal ist der Gründer des Eco-Resorts kurz davor zu resignieren, zum Beispiel, wenn Gäste sich über fehlende Annehmlichkeiten beschweren, die sie von luxuriösen Hotels in der Stadt gewohnt sind. Dann fühlt er sich, als kämpfe er gegen Windmühlen. Zum Glück gibt es auch andere Gäste, von denen wünscht er sich in Zukunft mehr.

Einzig auf die Unterstützung der Regierung kann er sich verlassen, sowohl für den Bau des Resorts erhielt er von ihr finanzielle Zuschüsse als auch für seine Pläne, das Resort um eine Bio-Anbaufläche für Gemüse, Obst und Reis zu erweitern. „Das Fern-Resort soll als Vorbild für die umliegenden Communities dienen, um zu zeigen, dass es sich lohnt, die natürliche Schönheit der Umgebung zu schützen“, sagt der 57-Jährige.

In ein paar Jahren möchte Natipakorn in den Ruhestand gehen, was dann aus dem Eco-Resort wird, ist nicht klar. „Natürlich würde ich es mir sehr wünschen, dass es jemand in meinem Sinne weiterführt, doch ich kann es nicht erzwingen“, sagt er und lächelt dabei traurig. Aber die Hauptsache sei ja, dass er in seinem Leben etwas getan habe, das ihn glücklich macht.

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