Nikolaiviertel, Museumsinsel, Schloss Bellevue  –  langsam fährt das Schiff auf der Spree entlang. Rechts und links stehen die Prachtbauten von Berlin. Sightseeing von seiner schönen Seite, die jetzt auch ein wenig ökologischer ist. Statt mit Diesel fährt das Ausflugsschiff der SolarCircleLine mit Batterieantrieb. Der Strom kommt nachts aus der Steckdose und tagsüber von den 48 Solarmodulen auf dem Oberdeck des Solarschiffs mit dem Namen „Suncat 120“. Damit die komplette Ökokette funktioniert, kommt der Strom aus der Ladesäule im Hafen aus regenerativen Energien.

Für 14 Stunden muss die Energie für den Antrieb der beiden Elektromotoren mit einer Leistung von jeweils 45 Kilowatt reichen. Wie viele Stunden davon von der Sonne erzeugt werden, kann Louise Ahrens nicht sagen. Dies, so die Projektleiterin von SolarCircleLine, hänge von den Wetterbedingungen ab. Neben dem Antrieb wird auch noch Strom für Navigationshilfen, Funk- und Kühlanlagen sowie Peripheriegeräte wie Stromverteiler oder Heizungsanlage benötigt.

Mit weniger als 50 Dezibel über das Wasser

Gebaut wurde das Ökoschiff, das Platz für 180 Personen bietet und aus Aluminium und Spezialglas besteht, um das Gewicht so gering wie möglich zu halten, von der Kiebitzberg Schiffswerft in Sachsen-Anhalt. Zudem sorgen driftoptimierte Rümpfe für ein „optimiertes Gleitverhalten im Wasser“, was nach Aussage von SolarCircleLine Energie spart. Das Solarschiff ist nicht nur gut für das Klima, sondern auch für die Menschen an Bord: denn es ist leise. Unter 50 Dezibel liegt die Geräuschkulisse, weniger als bei einer normalen Unterhaltung. Bei einem Dieselmotor steigen die Werte auf etwa 150 Dezibel.

Durch die Sonne schippern
Reeder Andreas Behrens und SolarCircleLine-Geschäftsführer Tim Schultze (v.l.) an Bord der „Suncat 200“ vor der Oberbaumbrücke über die Spree. Foto: Phillip Maubach

„Ein erster Schritt von SolarCircleLine, ein Quantensprung für das Berliner Klima“, wirbt Geschäftsführer Tim Schultze. Die Luft in der Bundeshauptstadt ist schlecht. Wie in vielen Großstädten überschreiten die Stickoxide regelmäßig die Grenzwerte. Während auf der Straße die Diesel-Debatte auf Hochtouren läuft, wurde Ausflugsschiffen als Klimasünder lange Zeit wenig Bedeutung beigemessen. Erst seit einigen Jahren wird der Druck größer und die Politik finanziell großzügiger. Mit gut 900.000 Euro fördert die Berliner Wirtschaftsverwaltung den Bau der „Suncat 120“ und des baugleichen Schwesterschiffs mit einem gesamten Investitionsvolumen von knapp vier Millionen Euro. Für die Genehmigung haben sich die Berliner eine Menge Zeit gelassen. Den Antrag stellte SolarWaterWorld, die Muttergesellschaft der SolarCircleLine, bereits 2014.

Das Ziel ist ein CO2-freies Fahrgastschiff

Für die Öko-Reederei sind die beiden Schiffe der erste Schritt auf dem Weg zu einer „Fortbewegung auf dem Wasser ohne den Verbrauch fossiler Energieträger“, erklärt Schultze. Sein Ziel ist, mittelfristig eine nachhaltige Fahrgastflotte für die Berliner Hauptstadt aufzubauen. Bereits seit 20 Jahren ist das Berliner Unternehmen auf elektrische Antriebe und auch auf Solarschifffahrt spezialisiert und hat sich zum Ziel gesetzt, zum führenden Anbieter von CO2-freien Serienbooten und Fahrgastschiffen zu werden. „Dafür wurden wir bisher belächelt“, erzählt Louise Ahrens. „Jetzt werden wir ernst genommen.“ Mit den beiden Schiffen will sich die Öko-Reederei auch international positionieren und Interessenten zeigen, dass ein elektrischer Antrieb, gespeist mit Sonnenenergie, funktioniert.

Betrieben werden die beiden Solarschiffe auf Havel und Spree gemeinsam mit der alteingesessenen Reederei Stern und Kreis, die 30 Linien betreibt und jährlich eine Million Fahrgäste befördert. „Die Technologie ist ressourcenschonend, ohne Abgase, geräuschlos und weist so den Weg in eine umweltfreundlichere Zukunft der Fahrgastschifffahrt auf Berliner Gewässern“, so Schultze. Seine Begeisterung teilt Andreas Behrens, Geschäftsführer von Stern und Kreis, der sich bereits seit Jahrenmit der Umrüstung der Dieselmotoren beschäftigt. SolarCircleLine, so Behrens, sei eine unerwartete Chance, auch in Solar-Technologie zu investieren.

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1 Kommentar

  1. Duesendaniel

    Elektrische Boote und Schiffe sollten eigentlich lângst Standard sein, anstatt noch ein bestauntes Prototypendasein zu führen. Sind die technischen Herausforderungen wirklich so gross, oder macht auch hier die Lobby der Schiffsbauer und Betreiber ihren Einfluss geltend? Die Technik sollte doch eigentlich überwiegend aus Standardmodulen bestehen, die nur noch intelligent angeordnet werden müssen. Ich wünsche dem Unternehmen auf jeden Fall viel Erfolg.

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