Die Garage ist ein guter Ort für innovative Ideen. So scheint es jedenfalls. Die Geschichte von Bill Gates, der angeblich in seiner Garage mit dem Programmieren anfing, kennt fast jeder. Die Geschichte von Jona Christians und Laurin Hahn ist dagegen kaum bekannt. Aber auch spannend.
Sie begann 2012. Die beiden hatten gerade ihr Abitur erhalten und diskutierten über die Ausbeutung der natürlichen Ressourcen. Jung und idealistisch, wie man direkt nach der Schule nun mal ist, wollten sie dabei nicht tatenlos zusehen, sondern sich entgegenstellen. Ihre Idee wartete in der Garage: Ein alter Fiat. Sie überlegten, wie sie aus ihm ein Elektroauto basteln können. Doch damit nicht genug: Solarzellen sollten den Wagen schmücken, damit auch gleich an Bord ein wenig Energie produziert wird. Erfahrung hatten sie keine, weder mit Motoren noch mit Solarzellen. Dafür aber viel Willenskraft.
Vier Jahre lang haben sich Jona Christians und Laurin Hahn von ihrer Leidenschaft treiben lassen, bis schließlich der nur 4,10 Meter lange Sion fertig war. Es gab nur ein Problem: Er war unglaublich hässlich. Doch auch dabei wussten sie sich zu helfen. Oder vielmehr: Navina Pernsteiner wusste ihnen zu helfen. Die befreundete Grafik-Designerin machte aus dem unansehnlichen Gefährt ein flottes Auto und zusammen gründeten sie Sono Motors.
Solarzellen auf Dach, Motorhaube und Türen
Heute beschäftigen die drei Gründer ein Team von Ingenieuren, Elektrotechnikern, Management-Strategen, Grafik-Designern und Kommunikationsexperten, die das Konzept umsetzen. Gut zweieinhalb Millionen Euro haben sie per Crowdfunding eingesammelt, 3200 Vorbestellungen haben sie schon für das Elektroauto, das nur 16.000 Euro kosten soll. Die Batterie kommt allerdings noch hinzu – sie kann gekauft oder gemietet werden. Das ist sehr günstig im Vergleich zur Konkurrenz und eine Kampfansage an die etablierten Autohersteller. Der neue Tesla soll etwa 35.000 Dollar kosten. Aber mit Elon Musks Autos wollen sich die Münchner Elektroenthusiasten ohnehin nicht vergleichen.
Das Auto des Münchner Start-ups ist eine bezahlbare Alternative zum Verbrennungsmotor. Aber es ist auch kein gewöhnliches Elektroauto, denn siebeneinhalb Quadratmeter Solarzellen überziehen die Karosserie. Insgesamt 330 schwarz schimmernde Zellen bedecken das Dach, die Motorhaube und die Türen. Mehr geht nicht, sonst würde der Preis des Autos steigen. Das wollen die Gründer aber vermeiden.
Der Sion ist ein Auto für die Großstadt. Die Reichweite liegt daher bei lediglich 250 Kilometern – egal ob geheizt wird oder das Radio läuft. Dazu kommt noch die aus den Solarzellen generierte Energie: Bei acht Stunden Sonnenschein sorgen sie für Strom für 30 Kilometer. Ein 80 kW Motor ermöglicht eine Maximalgeschwindigkeit von 140 km/h.
Im Innenraum gibt es ein wenig Natur: Das Armaturenbrett ist mit Moos verziert, das in unterschiedlichen Farben beleuchtet werden kann. Das dient nicht nur der Optik. Es filtert Schadstoffe und hält die Luft im Innenraum sauber. „Es ist in der Lage, bis zu 30 Prozent Feinstaubpartikel aus der Luft zu filtern“, erklärt Unternehmenssprecher Julius Zimmer.
Test-Tour durch Europa
„Menschen, die sich für unser Auto interessieren, geht es um ein Gesamtkonzept wie integriertes Car-Sharing und bidirektionales Laden“, sagt Zimmer. Auch die Einfachheit des Designs komme an. Auf Schnickschnack wurde verzichtet. Luxus ist eher Mangelware. Ein wenig wird noch an Details gefeilt, bevor der Sion im kommenden Jahr auf den Markt kommt. Produziert wird nicht in Deutschland. Über den genauen Standort will Zimmer sich nicht äußern, da die Verträge sind noch nicht unterschrieben sind. Er liegt aber in der EU.
Vor dem Marktstart stellt sich der kleine E-Flitzer dem Kunden in einem Praxistest. Auf einer Tour, die im März in der italienischen Hauptstadt Rom begann und ein halbes Jahr lang quer durch Europa geht, wollen die Gründer das Auto und das Mobilitätskonzept den Menschen vor Ort näher bringen. Zehn Länder, 42 Städte und 12.000 Probefahrten sind geplant. Für die Gründer ist das wichtig. Denn sie wollen nicht nur ein Auto verkaufen. Sie werden nach all den Jahren immer noch von der selben Vision angetrieben: „Unser wichtigstes Ziel ist der Schutz der Umwelt.“