Das glänzende Zauberding hört aufs schlichte Kürzel CM-ONE, ist gerade mal 510 Millimeter lang, 750 Millimeter breit und 790 Millimeter hoch. Und es frisst am liebsten große Mengen an Kunststoff, den es dabei ruck, zuck so dramatisch zerkleinert und komprimiert, dass am Ende von dem ganzen Zeugs nur ein mittelgroßer Beutel übrigbleibt.

Wir reden von diesem automatischen, zweistufigen Abfallaufbereiter, den jetzt das französische Unternehmen Crushmaster Marine offeriert. Dem neuen Feind aller riesigen und müffelnden Abfallberge an Bord größerer Segel- oder Motoryachten, die länger unterwegs sind. Und der, wenn nichts dazwischenkommt, künftig zur gern georderten Standardausstattung für die luxuriösen Pantrys größerer Boote zählen könnte.

Müllberge an Bord nach 14 Tagen Segeltörn

Die Idee dazu kam Zerma-Chef Carsten Paeslack (Crushmaster Marine ist ein französisches Tochterunternehmen) im November 2019 auf einem 14tägigen Atlantiktörn Richtung Karibik. „Wir sind da am Ende mit der Crew ständig über die wachsenden Müllberge gestolpert“, erinnert er sich mit Schrecken und Ekel. Nervender Kunststoffabfall ohne Ende. Irgendwann habe er dann mit seinen Ingenieuren telefoniert. „Da könnten wir mit unserer Technik doch was unternehmen. Macht Versuche, lasst euch was einfallen“, lautete die Order. Und am Ende sollte die kompakte Apparatur, die ihm da vage vorschwebte, auch noch hübsch in eine feine Bordküche passen.

Crustmaster
Abfall-Schrumpf-Maschine
Der Crushmaster CM-ONE ist keine 80 Zentimeter hoch und passt damit in jede Bordküche. Foto: Crushmaster Marine

Richtig, das nette Ergebnis ist nun der CM-ONE, der ziemlich easy, aber auch ungewöhnlich trickreich funktioniert. Die Kunststoff-Bordabfälle (Verpackungen, Folien, PET-Flaschen und so) marschieren über den Eingabeschacht in den cool designten Edelstahl-Automaten. Und dort werden sie erst einmal in winzige Teile zerkleinert. Sicherheitshalber legt die Schneideinheit jedoch nur los, wenn die Oberseite verschlossen ist. Ein integriertes Touchdisplay zeigt den Füllstand an und warnt rechtzeitig, wenn der eingespannte Sammelbeutel voll ist.

Ebenfalls automatisch wird die ganze Packung anschließend durch Vakuumieren weiter komprimiert und luftdicht verschlossen. Damit ist auch der Entstehung übler Gerüche und diverser Bakterien vorgebeugt. Und hurra, das ursprüngliche Volumen des Abfalls hat sich auf ein Fünfzehntel reduziert. Ideal fürs spätere Recycling, zumal man den CM-ONE natürlich auch sortenrein bestücken kann. Und damit die Bordenergie hier nicht über Gebühr strapaziert wird, meldet sich das Gerät nach drei Minuten Inaktivität in den gepflegten Ruhezustand ab.

Auch Glas und Metall können gemahlen werden

„Wir könnten diese Technik auch für Glas oder Metall einsetzen“, verrät Paeslack. Das hänge einfach von der Reißfestigkeit der eingesetzten Kunststoffbeutel ab. Und logischerweise von der Mahlgröße, die im Falle von Glas unter drei Millimetern liegen sollte. Und selbstverständlich gäbe es die CM-ONE nicht nur als Einzellösung. Sie könne zum Beispiel auch in jedem gewünschten Design unauffällig und elegant in alle modernen Bordküchen eingebaut werden. Und dann würde sich auch der Kaufpreis, der normalerweise bei rund 12.000 Dollar läge, deutlich verringern.

Technische Basis dieses 135 Kilo schweren Automaten, der mit einer Leistung von 1,5 kW (220 V/50 Hz) arbeitet, ist übrigens die gängige GSL 180/180, eine langsamlaufende Beistellmühle aus der Produktion von Zerma. Und den Einsatz dieses schlauen Abfallaufbereiters kann sich Carsten Paeslack auch auf Containerschiffen vorstellen. Sogar auf Bohrinseln, wo Lagerräume meist relativ knapp bemessen sind. Interessant ist auch, dass Marketing und Vertrieb der CM-ONE zwar bei Crushmaster Marine im französischen Nantua laufen, die Fertigung aber im thailändischen Rayong stattfindet. Im zweiten Zerma-Produktionsstandort, der von Paeslack 2018 installiert wurde.

Höchste Zeit, kurz ein paar Worte über das ganze Unternehmen zu verlieren. Sein Name setzt sich schlicht aus dem deutschen Wort Zerkleinerungsmaschinen (ja, die jeweiligen Anfangsbuchstaben) zusammen. Und der Ursprung lag mal im sächsischen Radebeul, wo sich 1943 die Firma E. Günzel KG gründete. Später, zu DDR-Zeiten wurde daraus der VEB Zerkleinerungsmaschinen Zerma. Die einzige Firma, die im damaligen Ostblock-Wirtschaftssystem RGW («Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe«) extrem robuste Maschinen für die Kunststoffzerkleinerung baute, von denen einige in afrikanischen Ländern oder Vietnam noch heute problemlos laufen.

Ehemalige DDR-Firma lebt in China weiter

Nach der Wende kam der schleichende Konkurs der traditionsreichen Spezialfirma und 1995 Carsten Paeslack, ein ehemaliger DDR-Bürger, der damals mit seinem Sinsheimer AMIS Gebrauchtmaschinenhandel den Namen und das gesamte Inventar von Zerma übernahm. Und schließlich, weil es in Deutschland zu holprig lief, 1999 mit Zerma im riesigen Industriegürtel von Shanghai einen völligen Neustart seines Unternehmens in China wagte.

Dort arbeiten heute 400 chinesische Mitarbeiter mit modernster Technik in drei Produktionshallen im Dreischicht-Betrieb, und mittlerweile liefert Zerma weltweit jährlich über 5000 Zerkleinerungsmaschinen aus. Hochmoderne 3-D-Konstruktionssoftware, globale Vernetzung über ein SAP-System, aufwändige Qualitätskontrolle. Vor Ort auch ein hochspezialisiertes deutsches Ingenieurteam. Und schon 2003 wurde Zerma vom TÜV Rheinland nach DIN EN ISO 9001 zertifiziert.

Paeslack, der wie sein Sohn Max in Shanghai lebt und gerade seinen sechzigsten Geburtstag feierte, muss bei den aktuellen Dimensionen nun mal kurz nachrechnen. „Unsere Maschinen laufen mittlerweile in über hundert Ländern“, erklärt er dann stolz. Rund 50 Container mit Zerma-Technik würden monatlich ausgeliefert. Weltweiter Service? Garantiert. Die Hauptmaschinentypen: Schneidmühlen, Zerkleinerer und Feinmühlen. Und er schwärmt von seinen ganz großen Parademaschinen für die Rohrindustrie. Über vier Meter hoch und bis zu zehn Meter lang. Die würden, wie im Falle eines aktuellen Auftrags für ein kanadisches Bergbauunternehmen, gewaltige Rohre mit einem Durchmesser von über zwei Metern zerschnitzeln.

Segelyacht wird zum Recycling-Boot

Zurück zum CM-ONE. Denn demnächst können Interessenten den ziemlich schicken Zerkleinerer, dessen Technologie doch gerade gut in die Zeit passt (der böse Kunststoff-Müll auf den Weltmeeren!), auch live erleben. Crushmaster Marine zeigt ihn nämlich demnächst in Amsterdam auf der weltweit führenden Marine Equipment-Messe METS (vom 16. bis 18. November) und etwas später bei uns auf der »Boot« (Messehalle 10, Stand 10A47), die vom 22. bis zum 30. Januar 2022 in Düsseldorf stattfindet.

Paeslacks Traum für später („Wenn mein Sohn mal das gesamte Geschäft übernommen hat“) ist übrigens eine sehr lange Weltreise mit einer großen Segelyacht. Und dazu würde er gern ein existierendes Schiff komplett als Recycling-Boot ausrüsten lassen, gewissermaßen zu einer schwimmenden, überall vorzeigbaren Demoversion. Mit allen komprimierenden Abfallaufbereitern, die Crushmaster Marine mal künftig liefern könnte. Richtig, so ganz raus aus der Firmenphilosophie («The Home of Size Reduction«) kommt er wohl auch in Zukunft nicht.

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