Die Namensähnlichkeiten mit dem Urzeit-Phantom aus dem Loss Ness in Schottland sind natürlich rein zufällig. Im Unterschied zu „Nessi“ versteckt sich „Nezzy2“ nicht, streckt seine Flügel im Gegenteil hoch in den Wind. Und statt Angst und Schrecken verbreitet es Hoffnung. Auf einen Innovationsschub und eine effektivere Gewinnung von elektrischem Strom mit Hilfe von Windkraft auf dem Wasser. Nicht nur in jenem Baggersee bei Bremerhaven, wo er jetzt ausgesetzt wurde, sondern schon bald auch weit draußen auf hoher See.

Denn „Nezzy“ ist eine schwimmende Windkraftanlage der neuesten Bauart. Mit einem Twin-Rotor-Konzept und einer Doppelturbine mit einer Gesamtleistung von 15 Kilowatt (kW). Vor allem aber mit einer Y-förmigen Plattform aus Beton-Fertigteilen, die auf den Wellen schwimmt und ohne ein in den Meeresboden gerammtes Fundament auskommt – in Position halten die 18 Meter hohe Anlage lediglich sechs dicke Stahlseile, an denen Anker hängen. Der Vorteil: „Nezzy“ kann sich selbständig nach dem vorherrschenden Wind ausrichten. Und es kann auch dort arbeiten, wo das Wasser eine Tiefe von über 50 Metern hat – bei konventionellen Offhore-Windkraftanlagen ist hier Schluss.

Erst mal nur im Maßstab 1:10

Entwickelt hat das Konzept die auf Windkraft spezialisierte Ingenieursgesellschaft Aerodyn aus Büdelsdorf in einem Forschungsprojekt zusammen mit dem Energieversorger EnBW. Nach umfangreichen Tests eines Miniaturmodells im Maßstab 1:36 in einem künstlichen Windkanal im irischen Cork und einer Erprobung mit nur einer Turbine vor Japan wird „Nezzy“ im neuen Design nun im Hymendorfer Baggersee erstmals in freier Natur erprobt. Im Maßstab 1:10 und einer maximalen Wassertiefe von zehn Metern. Weil in so einem Baggersee weder die Wasserströmung noch der Wind allzu stark ausgeprägt ist, soll sich später im Sommer ein zweites Modell in der Ostsee beweisen. Der eigentliche Härtetest steht dann Ende kommenden Jahres mit einem weiteren Partner vor der Küste Chinas an. Mit einem zehnmal größeren Modell und bei deutlich größerer Wassertiefe.

Durch die zwei, nebeneinander angeordneten Rotoren verdoppelt sich nicht nur die Leistung der Anlage. Die Twin-Rotor-Konstruktion bietet dem Wind zudem weniger Angriffsfläche, so dass die Plattform stabiler auf dem Wasser liegt. Geplant ist, später mehrere Dutzend derartiger Plattformen zu einer Windpark auf offener See zusammenzubinden.

Aber zunächst gilt es, Daten über das Verhalten von „Nezzy“ in „freier Wildbahn zu sammeln. Dazu haben die Ingenieure von Aerodyn ihr 18 Meter hohes Modell auch mit unterschiedlichen Rotoren ausgestattet. Einer trägt zwei Arme, der andere drei. Mal sehen, mit welcher Variante mehr Windkraft in Strom umgewandelt werden kann.

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1 Kommentar

  1. Manfred Grefe

    Um die Tragweite dieses Konzepts zu verstehen, muß man wohl ein Visionär sein. Sicherlich ist auf dem Ponton noch Platz genug für einen entsprechend großen Akku

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