Mit einer Antriebsleistung von 300 kW (408 PS), einem maximalen Drehmoment von 660 Newtonmetern ist der allradgetriebene Polestar 2 bislang sehr sportlich unterwegs – mit einem Basispreis von über 56.000 Euro aber auch zu teuer für den ein oder anderen Interessenten. Daher ist es keine Überraschung, dass die Schweden jetzt eine günstigere Basisversion nachschieben. Die Einstiegsversion des Polestar 2 wird allein über die Vorderachse angetrieben und leistet daher auch nur etwa halb so viel wie die Allradversion. Mit einer Antriebsleistung von 165 kW (224 PS) und einem maximalen Drehmoment von 330 Nm spielt der elektrische Fronttriebler in einer Liga mit vielen anderen Modellen aus dem Volkswagen-Konzern wie dem VW ID.4, dem Skoda Enyaq oder dem Audi Q4 e-tron, aber auch dem Hyundai Ioniq 5.
Den Unterschied macht die Karosserieform aus. Denn während die Wettbewerber nahezu komplett auf Crossover gegangen sind, bleibt der 4,61 Meter lange Polestar 2 eine klassische Stufenhecklimousine. Optisch ist die Basisversion nicht von der deutlich kraftvolleren Variante mit Doppelmotor zu unterscheiden. „Bei den neuen Varianten haben wir darauf geachtet, dass auch die günstigeren Fahrzeuge nichts der besonderen Charakteristik und dem Premiumgefühl einbüßen“, so Polestar-CEO Thomas Ingenlath. „Selbst das Einstiegsmodell ohne optionale Ausstattung verfügt über das einzigartige Design des Polestar 2 und ein hohes Ausstattungsniveau.“
Höchstgeschwindigkeit auf 160 km/h gedrosselt
Am Steuer zieht die frontgetriebene Variante natürlich nicht so wild los wie der große Bruder, aber mit dem vom Start weg verfügbaren Drehmoment von bis zu 330 Nm geht es durchaus dynamisch ans Werk. Aus dem Stand spurtet er in 7,4 Sekunden auf Tempo 100. Abgeregelt wird allerdings schon bei einer Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h – beim Allradler erst bei 205 km/h. Der Normverbrauch sinkt darüber naturgemäß, er liegt bei 17,1 kWh pro 100 Kilometer. Die Fahrwerksabstimmung bleibt für ein Fahrzeug dieser Klasse zu sportlich-straff. Und unverändert bietet das schwedische Elektromodell in seinen einzelnen Fahrprogrammen keine Möglichkeit an, die Dämpfer zu verstellen. Und gerade auf zerborstenen Fahrbahnbelägen, dem immer seltener werdenden Kopfsteinpflaster oder bei Querfugen schlägt es in den Innenraum über Gebühr durch.
Dagegen gewöhnt man sich durchaus an die indifferente Servolenkung und das angenehm niedrige Geräuschniveau. Auch wenn der Polestar 2 schon seit über einem Jahr auf dem Markt ist – man fällt selbst mit der dezenten Graulackierung immer noch im Straßenverkehr auf.
Man täte dem kleinen Zweier Unrecht, würde man allzu sehr die stärkere Topvariante mit Allradantrieb herbeiflehen: Für viele Kunden ist die Basisversion allemal flott genug unterwegs. Auch, weil die Reichweite bis zum nächsten Ladestopp mit 410 Kilometern nur knapp unter der des Topmodells (450 Kilometer) liegt. Zumal es das Basismodell nicht nur mit einem 64 kWh großen Akkupaket, sondern auch in einer Langstreckenversion. Dann ist eine Batterie mit einer Speicherkapazität von 78 kWh an Bord, die für Reichweiten von bis zu 540 Kilometer gut ist. Und die Antriebsleistung steigt auf 170 kW (231 PS) und dann 231 PS leistet.
Antriebskräfte zerren spürbar an den Vorderrädern
Vermissen werden die potenziellen Kunden jedoch so oder so die angetriebene Hinterachse. Denn dass das Einstiegsmodell des Polestar-2 allein über die Vorderachse angetrieben wird, schmerzt am meisten: Selbst bei mittleren Beschleunigungen an der Ampel, dem kurzen Abbiegen in der City oder auf leicht rutschigem Untergrund zuckt es spürbar in der Lenkung – und die Antriebskräfte werden von der Elektronik in Millisekunden reduziert. Das ist eigentlich kein großes Ding, aber eben durchaus störend und bei der Version mit Allradantrieb kein Thema. Aber in dem Punkt sind die Heckantriebe des VW ID.4, des Skoda Enyaq und des Audi Q4 e-tron klar die bessere Lösung.
Das Laderaumvolumen hinten ist unter der elektrischen Heckklappe mit 405 Litern alles andere als mächtig. Immerhin gibt es vorne unter der Fronthaube wie beim Tesla Model 3 noch eine zweite Box mit 35 Litern Fassungsvolumen, in der sich Ladekabel und Kleinteile unterbringen lassen. Wer die Rücksitze umklappt, kann bis zu 1.095 Liter Stauraum nutzen.
Obschon der Verbrenner über der Vorderachse fehlt, ist der Platz im Innenraum (2,74 Meter Radstand) ausreichend, aber alles andere als opulent. Das ist insbesondere im Fond zu spüren, wo der beengte Fußraum stört, wenn der Fahrer weit unten sitzt. Ebenfalls ungewöhnlich und inzwischen ein echtes Manko in dieser Liga: Der Polestar 2 bietet kein Head-Up-Display. Die digitalen Instrumente und der große Multifunktionsbildschirm in der Mitte der Armaturentafel hingegen gefallen. An die Bedienung per Touch oder Sprache gewöhnt man sich schnell – da fehlt einem nichts und man fragt sich, wieso die anderen Hersteller auf hauseigene Bediensysteme setzen. Das von Google entwickelte Android Automotive-System ist besser als die meisten der von Autoherstellern selbst programmierten Betriebssysteme – auch weil man die Bedienungerführung bereits von seinem Smartphone kennt.
Und wie schlägt sich der Verzicht auf den Allradantrieb auf das Prizing nieder? Das frontgetriebene Basismodell des Polestar 2 mit dem Standardakku kostet mindestens 45.500 Euro. Das Pilotpaket, das für 3.500 Euro hinzugebucht werden kann, bietet unter anderem automatisch abblendende Spiegel, ein Komplettpaket an Fahrerassistenzsystemen inklusive Parkassistent sowie adaptive LED-Scheinwerfer. Abzüglich der aktuell in Deutschland gewährten Zuschüsse ist ein Polestar 2 in der Einsteigerversion also schon für knapp 36.000 Euro zu bekommen. Das größere Akkupaket kostet einen stattlichen Aufpreis von 3.000 Euro Extra – und so werden hierzulande trotz eines Aufpreises von 5470 Euro zum Basismodell wohl doch viele zum „Long Range Dual Motor“ greifen. Oder sie werden noch etwas warten: Im nächsten Jahr kommt schon das nächste Modell von Polestar auf den Markt – ein vollelektrisches Crossover namens Polestar 3.