Das Bundeswirtschaftsministerium will den Markt für Elektromobilität mit einem Ladestromguthaben ankurbeln. Das geht aus einem Konzeptpapier aus dem Ministerium hervor. In dem Papier mit dem Titel „Paket für die erfolgreiche Erneuerung der Autoindustrie“ heißt es: „Wir wollen als Anreiz zum Kauf von E-Autos (Neuwagen und Gebrauchte) ein Ladestromguthaben von 1.000 Euro (für das Laden an öffentlich zugänglichen Ladesäulen) staatlich finanzieren.“
Zudem schlägt das Ministerium vor, für Käufer mit niedrigem und mittlerem Einkommen eine steuerliche Förderung einzuführen. Ein bestimmter Anteil der Anschaffungskosten solle von der Steuer abgesetzt werden können. Die Idee sei vergleichbar mit der Förderung der energetischen Gebäudesanierung. Menschen mit niedrigem Einkommen, die durch steigende CO2-Preise „besonders getroffen“, von der steuerlichen Förderung jedoch „kaum profitieren“ würden, sollten zudem durch ein Social-Leasing-Modell ein E-Auto fahren können.
Um auch den Gebrauchtwarenmarkt für Elektroautos anzukurbeln, will das Ministerium zudem Batteriechecks mit 100 Euro bezuschussen. „Gebrauchte BEV erleichtern für preissensitive Kunden den Einstieg in die E-Mobilität. Der Käufer erhält durch einen professionellen Batteriecheck Gewissheit über den Zustand der gebrauchten Fahrzeugbatterie und damit über den Restwert des Fahrzeugs“, heißt es in dem Konzeptpapier.
Lademarkt und Senkung der Stromsteuer
Auch der Ausbau der Ladeinfrastruktur müsse weiter fortgesetzt und beschleunigt werden. Die Förderung müsse erhalten bleiben, zudem brauche es „mehr Wettbewerb durch ein erhöhtes Angebot und bessere Preistransparenz an den Ladesäulen und eine europaweite Regelung für eRoaming durch die neue Alternative Fuels Infrastructure Regulation (EU-AFIR)“, heißt es in dem Papier. Es sei außerdem wichtig, bidirektionales Laden zu ermöglichen.
Das Ministerium schlägt zudem vor, die Stromsteuer zu senken. „Wir machen Strom billiger, indem wir die Stromsteuer für alle auf das europäische Mindestniveau senken und die Netzentgelte durch öffentliche Teilfinanzierung halbieren“, heißt es in dem Papier.
Leasing und Dienstwagenprivileg
Der Markt für Elektroautos soll laut dem Papier auch durch Leasing und Dienstwagen angekurbelt werden. Gewerbliche Leasingnehmer sollten die für das Leasing von Elektrofahrzeugen aufgewendeten Leasingraten zeitlich vorgelagert und damit gewinnmindernd steuerlich geltend machen können, heißt es in dem Konzept. Zudem will das Ministerium das Dienstwagenprivileg laut dem Papier so ändern, „dass es noch deutlichere Anreize für klimaneutrale Mobilität setzt“. Außerdem solle der Staat „als Nachfrager bei der Elektromobilität vorangehen“.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sagte auf Anfrage zu dem Konzept: „Eine erfolgreiche Erneuerung und Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Automobilindustrie sind jetzt von zentraler Bedeutung.“ Damit die deutsche Autoindustrie weiter bestehen könne, werde es „erhebliche Anstrengungen“ der Industrie brauchen, aber es komme auch auf die Politik an. „Den Hochlauf der E-Mobilität als neue Leittechnologie müssen wir weiter unterstützen und fördern. Das Laden muss einfacher und billiger werden. Es braucht außerdem Anreize für Elektroautos“, so der Wirtschaftsminister.
Verbände wollen langfristige Kaufanreize
Christian Heep, Vorstand des Bundesverbands E-Mobilität (BEM), erklärte gegenüber energate: „Grundsätzlich begrüßen wir eine sozialgerechte Förderung der Elektromobilität, insbesondere im Mix aus monetären und nichtmonetären Maßnahmen.“ Wichtig sei dabei, dass die Maßnahmen nicht nur kurzfristige Kaufanreize setzen. Vielmehr müsse der Aufbau der Ladeinfrastruktur, die Förderung von Innovationen und die Schaffung stabiler Rahmenbedingungen für Industrie und Verbraucher langfristig erfolgen. „Nur so können wir eine breite gesellschaftliche Akzeptanz erreichen und die Mobilitätswende erfolgreich gestalten“, so Heep.
Der Automobilverband VDA sieht in den Vorschlägen hingegen keine langfristige Lösung für die Absatzprobleme der Elektromobilität in Deutschland. „Es ist gut und richtig, dass die Politik den Handlungsbedarf bei den Rahmenbedingungen für den Hochlauf der E-Mobilität erkannt hat. Dass aktuell nahezu täglich neue Vorschläge öffentlichkeitswirksam platziert werden, führt allerdings in erster Linie zu Kaufzurückhaltung und Verunsicherung“, teilte ein VDA-Sprecher auf Anfrage mit. Prämien könnten wirken, Debatten darüber seien aber eher schädlich, so der VDA. Von zentraler Bedeutung sei eine Reduzierung des Ladestrompreises.
Hohe Ladestrompreise von bis zu 1,37 Euro/kWh
Zur Erinnerung: Nach den Erhebungen von TheonData und Cirrantic für den „Charging Radar“ von EDISON betrug der durchschnittliche Preis für eine Kilowattstunde Gleichstrom an einem öffentlich betriebenen Schnelllader Ende Oktober 87 Cent. Vereinzelt kostete der Strom hier sogar bis zu 1,37 Euro/kWh. Für Wechselstrom wurden im Schnitt 64 Cent/kWh aufgerufen – bei Spitzenwerten von 93 Cent/kW.
„Ein Guthaben für den Ladestrom macht den Strom insgesamt noch nicht günstiger, wir brauchen daher neben kurzfristigen Anreizen vor allem eine andere Energiepolitik, die ein größeres Angebot an klimaneutraler Energie schafft – auch durch weltweite Energiepartnerschaften“, so der Sprecher.
Die Förderung für Elektroautos, den sogenannten Umweltbonus, hatte der Bundeswirtschaftsminister vor einem Jahr abrupt vorzeitig beendet. Eigentlich sollte das Programm erst Ende 2024 auslaufen. Die Verkäufe von neuen Elektroautos waren daraufhin massiv eingebrochen. Es ist unwahrscheinlich, dass Vorschläge aus dem Konzeptpapier noch vor den Bundestagswahlen umgesetzt werden: Die Parteien befinden sich aktuell im Wahlkampf, Habeck als Wirtschaftsminister ein Auslaufmodell.