Vier Siege hat der Porsche 9XX Electric in dieser Saison bereits eingefahren, mit 183 Punkten belegt das TAG Heuer Porsche Formel-E-Team vor den beiden nächsten Läufen in Shanghai Platz 2 in der Teamwertung. Und Porsche-Werksfahrer Pascal Wehrlein hat derzeit gute Aussichten auf den Weltmeister-Titel. Für Porsche läuft es derzeit gut in der Formel E, der Rennserie für elektrisch angetriebene Formelwagen. Das war in den zurückliegenden fünf Jahren nicht immer so: Die Punkteausbeute war anfangs eher dürftig, Siege wurden erst ab 2022 eingefahren.
Aber die jüngsten Erfolge haben wohl Appetit auf mehr gemacht: Vor den anstehenden Läufen in Shanghai gaben Technikvorstand Michael Steiner und Teamchef Thomas Laudenbach jetzt bekannt, dass Porsche der Formel E die Treue hält und sein Engagement mindestens bis zur Saison 13 fortsetzt. Zur Orientierung: Aktuell wird die Elektro-Rennserie in der zehnten Saison ausgetragen. Zuvor hatten mit Nissan und Jaguar zwei weitere Autoherstellung eine Vertragsverlängerung bis 2030 verkündet.
GEN4-Rennwagen mit Servolenkung
„Unser Engagement in der Formel E war von Anfang an langfristig ausgerichtet“, betonte Steiner bei der offiziellen Verkündung des Vorstandsbeschlusses, der in Stuttgart schon vor einigen Wochen getroffen worden war – nach nur kurzer interner Diskussion, wie EDISON erfuhr. Die Entwicklung des Porsche 9XX Electric der aktuellen dritten Generation auf den Rennstrecken zeige das „enorme Potenzial“ des Autos wie der Elektromobilität insgesamt. „Künftig wollen wir in der Formel E noch mehr Erkenntnisse gewinnen und auf unsere Straßenfahrzeuge übertragen“, erklärte der Technikchef die Motivation, sich weiterhin in der Rennserie zu engagieren.
Technologisch – und wohl auch finanziell – ist das gleichwohl eine große Herausforderung. Denn in Saison 13, die 2026 startet, treten die neuen Rennwagen der Generation 4 (GEN4) auf den Plan, nicht nur mit neuer Optik, sondern auch mit Allradantrieb, einem größeren Akku (55 kWh), mit profillosen Reifen und noch mehr Leistung (600 kW). Darüber sollen auch die Freiheitsgrade für die Teams bei der Weiterentwicklung des Antriebs wachsen. Zudem werden die Fahrzeuge – wie heute schon in der Formel 1 – über eine Servolenkung verfügen, wie Formel-E-Chef Jeff Dodds jetzt verriet. Letzteres soll es erleichtern Frauen als Fahrerinnen zu gewinnen, erklärte der Brite in einem Pressegespräch am Rande der Läufe in Berlin.
Das neue Porsche-Racer will erst einmal entwickelt werden – und in der Zwischenzeit muss parallel der 350 kW starke und über 300 km/h schnelle 9XX der GEN3 Evo mit seinem 40 kWh-Akku weiter optimiert werden, damit der auch in der kommenden Saison Siegeschancen hat.
Taycan mit „Attack-Mode“
Motorsportchef Laudenbach sieht in der Formel 1 aber nicht nur ein Marketingtool – um etwa den Absatz des Porsche Taycan oder Macan Electric zu befördern. „Motorsport betreiben wir nie um seiner selbst willen. Wir stärken damit unser Markenimage und damit den Markenkern – ja, nennen Sie es Marketing. Es geht uns aber auch im Innovationen. Wie die Formel E wollen wir innovative Technologien und mehr Nachhaltigkeit in den Motorsport bringen – und damit an der Spitze neuer Entwicklungen stehen.“ Auf der Rennstrecke, aber auch auf der Straße.
Als Beispiel nennt Laudenbach den „Attack Mode“, der im neuen Taycan Turbo GT zur Verfügung steht: Per Knopfdruck stehen hier für einige Sekunden 120 kW Zusatzleistung zur Verfügung. Die Rennsportabteilung in Weissach sitze nicht von ungefähr mitten im Entwicklungszentrum: Dadurch ergebe sich eine „sehr, sehr enge Zusammenarbeit“ und ein intensiver Austausch – aber auch immer wieder das eine oder andere technologische Spin-off. „Ich kann hier keine Details verraten. Aber wir werden in den kommenden Jahren immer wieder Innovationen in unseren Serienfahrzeugen sehen, die vom Rennsport abgeleitet sind. Nicht die gleichen Teile, aber die Prinzipien.“
Lehren aus dem Motorsport
Das gelten insbesondere für den Software-Bereich, der insbesondere für Elektroautos immens wichtig sei. „Für das Engiemananagement spielt die ebenso wie für das Thermomanagement eine immens wichtige Rolle. Was wir hier in den Formel-E-Rennen an Erfahrungen sammeln, lässt sich ganz einfach auf Serienfahrzeuge übertragen.“ Um sparsamere Antriebe zu entwickeln und Elektroautos mit noch größerer Reichweite auszustatten.
Umgekehrt käme die technologische Entwicklung von Komponenten für Serienfahrzeuge auch den Rennwagen zugute, so dass sich beide Felder gegenseitig befruchteten. Laudenbach: „Ohne solche Benefits wären wir in der Formel E nicht dabei.“ Mit Blick in die Zukunft und die ehrgeizige Elektrifizierungs-Strategie von Porsche sei die Rennserie wahrscheinlich die derzeit wichtigste für das Unternehmen.
Ladestopps kommen später
Zumal sich hier künftig auch einiges über Ladestatrategien lernen lässt: Formel-E-CEO Todds möchte die Autos künftig während des Rennens zu einem Ladestopp kurz in die Boxen holen. Der Plan sieht vor, während einer Pause von maximal 30 Sekunden zehn Prozent der Akkukapazität – also etwa fünf Kilowattstunden – nachzuladen. Williams Advanced Engineering hat dafür einen Ultraschnell-Charger mit 600 kW Leistung entwickelt. Und wie Todds im Pressegespräch ausführt, funktioniert die Technik auch bereits. Dennoch werde es bis zur Einführung wohl noch eine Weile dauern.
„Der Boxenstopp sollte einen echten Gewinn für das Rennformat bringen und muss 100-prozentig zuverlässig funktionieren.“ Um das sicherzustellen, seien noch eine Menge Simulationen nötig. Und die Einführung der neuen Fahrzeug-Generation wolle man auf keinen Fall stören. Im Klartext: Vor 2027 ist damit nicht zu rechnen.