Der grün-weiße Renner donnert mit seinem üppigen Spoilerornat über die vereiste Schneepiste nahe Zell am See heran. Vor einer Linkskurve bremst es brutal ab, stellt das Heck an und brettert anschließend mit Vollgas über einen kleinen Sprunghügel. Alles ganz normal so weit – für eine Wertungsprüfung bei einem Rallyelauf. Doch diesmal ist etwas neu, fühlt es sich anders an. Denn das Rallyeauto braust nicht mit dem brüllenden Lärm eines hoch drehenden Turboverbrenner heran, sondern mit dem Pfeifen und Rauschen eines Düsenjets. Denn der grün-weiße Rallyebolide wird statt von einem PS-starken Benziner von einem drehmomentstarken Elektromotor angetrieben.
Die tschechische VW-Tochter Skoda hat zusammen mit den österreichischen Batterieexperten von Kreisel Electric und den gleichfalls alpenländischen Rallyespezialisten von Baumschlager Racing ein Rallye-Fahrzeug für die abgasfreie Zukunft entwickelt. Der Skoda RE-X1 Kreisel basiert dabei auf dem Chassis des bekannten Rallyeboliden Skoda Fabia Rally 2 Evo, mit dem das Werksteam in den vergangenen Jahre unzählige Siege einfuhr. Statt eines 214 kW (290 PS) starken Vierzylinders wird der Kleinwagen jedoch von einem Elektromotor mit 260 kW (353 PS) Leistung angetrieben.
Prototyp ist vielseitig einsetzbar
Wie gut das Ganze in der Realität mussten einige Gegner bereits schmerzhaft feststellen: Bei der Premiere in der österreichischen Rallyemeisterschaft erzielte das Konzeptfahrzeug auf Anhieb eine Podiumsplatzierung.
„Verschiedene Stufen der Elektrifizierung spielen nicht nur bei Straßenfahrzeugen, sondern auch im Motorsport eine immer größere Rolle. Bei Skoda Motorsport müssen wir uns auf diese Veränderungen vorbereiten. Als sich uns die Chance bot, in Zusammenarbeit mit Kreisel Electric und Baumschlager Rallye Racing ein vollelektrisches Rallyeauto zu entwickeln, haben wir zugegriffen“, erklärt Skoda-Motorsportchef Michal Hrabánek.
„Wir haben die Karosserie, das Fahrwerk und die Aufhängung eines Skoda Fabia Rally 2 Evo an die Anforderungen des Elektroantriebs angepasst. Der Prototyp kann sowohl für Rallyes als auch für Rallycross-Wettbewerbe mit einer Leistung von 260 bis über 500 kW konfiguriert werden. Das Auto hat bei seinen ersten Einsätzen sehr beeindruckt.“
Kreisel hat schon die G-Klasse elektrifiziert
Kreisel Electric hat sich in den vergangenen Jahren einen Namen durch außergewöhnliche Elektrostudien gemacht. Lange Zeit bevor Mercedes seine G-Klasse elektrifiziert, implantierten die Kreisel-Brüder aus Rainbach in Österreich einen leistungsstarken Elektroantrieb in den Allradkraxler und setzten werbewirksam Arnold Schwarzenegger ans Steuer.
Jetzt steht der nächste Coup an, denn Kreisel Electric produziert Komponenten für die einheitliche Hybridtechnologie der neuen Rallye-1-Fahrzeuge in der Weltmeisterschaft. So adaptierte die Motorsportabteilung von Skoda das Chassis des erfolgreichen Skoda Fabia Rally 2 Evo für den Einbau eines Elektroantriebsstrangs. Skoda Motorsport unterstützte Kreisel Electric zudem im Laufe des Homologationsverfahrens für das Chassis und will auch bei der weiteren Entwicklung durch Baumschlager Rallye & Racing mit technischer Expertise und umfassender Beratung zur Seite stehen.
Die Lithium-Ionenbatterie, die Kreisel in den Rallye-Fabia eingebaut hat, verfügt über eine Kapazität von 52,6 kWh und liefert eine elektrische Spannung von 860 Volt. Für eine optimale Leistung ist der Batterieblock wegen des Schwerpunktes so tief wie möglich im Chassis montiert und wird flüssigkeitsgekühlt.
Rallye-Meisterschaft fährt erst einmal Hybrid
Kreisel Electric hat für die Renneinsätze zudem eine Ladestation entwickelt, die mit einem Ladestrom von 180 Kilowatt arbeitet. Zusammen mit Speicherbatterien kann das Ladesystem auf einem Lkw montiert werden und ist damit variabel bei Rennen und Trainings einsetzbar.
Der österreichische Motorsportverband hat den Skoda RE-X1 Kreisel bereits für Einsätze in der nationalen Rallyemeisterschaft homologiert. Beim Wettbewerbsdebüt im Rahmen der Rallye Weiz stellten sich der 14-malige Staatsmeister Raimund Baumschlager und Copilot Jürgen Heigl der Konkurrenz in konventionell angetriebenen Rally-2-Fahrzeugen und belegte im Ziel einen sehr guten dritten Rang.
Abzuwarten bleibt, ob die Rallye-Meisterschaft in den kommenden Jahren komplett auf den Elektrogeschmack kommt. Hybrid ist man seit dieser Saison bereits unterwegs: Das Reglement der Top-Serie Rally 1 wurde für drei Jahre festgezurrt und sieht die Kombination eines 1,6 Liter großen Turbomotors mit einem Plug-In-Hybridmodul vor, das 100 kW (136 PS) leistet. Die elektrische Energie kommt von einer kleinen Batterie mit 3,9 kWh Kapazität, die innerhalb von rund 25 Minuten aufgeladen ist.