Lithium zählt derzeit zu den begehrtesten mineralischen Rohstoffen überhaupt. Ohne Lithium funktioniert kein Batteriespeicher, ohne Lithium fährt kein Elektroauto. Der Bedarf allein der Autoindustrie ist enorm – und wird in den kommenden Jahren noch steigen. Experten warnen deshalb bereits vor Versorgungs-Engpässen. Denn die Erweiterung der Abbaukapazitäten an den bekannten Lagerstätten in Australien, Südamerika und China ist teuer und kostet Zeit. Und alternative Fördermethoden wie die Gewinnung von Lithium aus Thermalwasser müssen erst noch den Praxistest besteht – wann hier erstmals in großen Mengen und zu marktfähigen Preisen Lithiumcarbonat oder Lithiumhydroxid gewonnen wird, steht noch in den Sternen.

Richard Herrington 
Der Geologe leitet am Londoner Naturkundemuseum die erdgeschichtliche Abteilung und hat sich als Experte für Lithium weltweit einen Namen gemacht.
Richard Herrington
Der Geologe leitet am Londoner Naturkundemuseum die erdgeschichtliche Abteilung und hat sich als Experte für Lithium weltweit einen Namen gemacht.

Aber was ist Lithium überhaupt, wie ist es entstanden und wo findet man es? Wir haben einen Experten gefragt: Professor Dr. Richard Herrington, der am Naturkundemuseum London die erdgeschichtliche Abteilung leitet. Hier seine Ausführungen.

Obwohl es sich um ein echtes Metall handelt, ist die Dichte von Lithium nur halb so hoch wie die von Wasser, weshalb es als Metall für die Verwendung in den Batterien unserer wiederaufladbaren Mobiltechnologien so attraktiv ist. 

Lithium ist das leichteste bekannte Metall und entstand zusammen mit den Gasen Wasserstoff und Helium beim Urknall vor mehr als 13 Milliarden Jahren. Das Element war auch eines der ersten, das von Experimentalphysikern künstlich hergestellt wurde, als sie in den 1930er Jahren die Kernspaltung entwickelten.

Wie selten ist Lithium?

Lithium ist keineswegs selten. Es zählt im Ranking der auf der Erde am häufigsten vorkommenden Elemente an der 30. Stelle – knapp hinter Kupfer, aber noch vor Blei, Zinn und Silber. Die Ozeane enthalten schätzungsweise 230 Milliarden Tonnen Lithium, mehr als unser gesamter vorhersehbarer Bedarf. Das Problem ist nur: Im Meerwasser ist die Konzentration geringer als ein Teil pro Million. Die Gewinnung von Lithium aus dem Meer ist deshalb mit heutigen Methoden unwirtschaftlich.

Kräfte der Sonne und der Erde
Eine einzigartige Kombination geologischer, geomorphologischer sowie mikroklimatischer Bedingungen führte dazu, dass sich Lithium in den Soleschichten unter dem Salar de Atacama in Chile hochkonzentriert anreicherte. Grafik: US Geological Survey
Kräfte der Sonne und der Erde
Eine einzigartige Kombination geologischer, geomorphologischer sowie mikroklimatischer Bedingungen führte dazu, dass sich Lithium in den Soleschichten unter dem Salar de Atacama in Chile hochkonzentriert anreicherte. Grafik: US Geological Survey

Derzeit stammt das weltweite Lithiumangebot entweder aus so genannten pegmatitischen Lagerstätten im Hartgestein, die mit Granit verbunden sind und bei der Abkühlung von vulkanischem Magma entstanden. Alternativ wird das Leichtmetall aus lithiumhaltigen Solen gewonnen, die in Sedimentbecken entstehen.

Wo findet sich Lithium?

Die wichtigsten Hartgesteinsproduzenten sind heute Australien, Brasilien, China, Portugal und Simbabwe, während die wichtigsten Soleproduzenten Argentinien, Chile, China und die Vereinigten Staaten sind. Andere Lagerstätten, die mit Tonen und Zeolithen in Verbindung stehen und in alten Sedimentbecken entstanden sind, werden ebenfalls untersucht und könnten in Zukunft zur Versorgung beitragen.

Unter brennender Sonne
In riesigen Becken wie hier im bolivianischen Salar de Uyuni verdunstet die hochgepumpte Sole bis zu einem Jahr lang. Nach und nach werden die enthaltenen Mineralien ausgefällt bis schließlich Lithiumcarbonat übrig bleibt. Foto: Ministerio de Energías Bolivia
Unter brennender Sonne
In riesigen Becken wie hier im bolivianischen Salar de Uyuni verdunstet die hochgepumpte Sole bis zu einem Jahr lang. Nach und nach werden die enthaltenen Mineralien ausgefällt bis schließlich Lithiumchlorid übrig bleibt. Foto: Ministerio de Energías Bolivia

In der Natur hat Lithium die gleichen Eigenschaften wie die Metalle der gleichen Gruppe des chemischen Periodensystems, einschließlich Natrium und Kalium. Und aufgrund seiner Reaktivität wird es nie in elementarem Zustand gefunden. Infolgedessen ist es in einer Reihe von natürlichen Mineralien zu finden, wo es Natrium und Kalium folgt. Aber noch wichtiger ist, dass es sich wie diese beiden gemeinsamen Elemente sehr gut in salzhaltigen Flüssigkeiten lösen lässt – den so genannten Solen, zu denen auch das Meerwasser gehört.

Was hat Vulkanismus damit zu tun?

In geologischen Systemen ist Lithium sehr ruhelos. Und seit der Entstehung der Erde vor etwa 4,5 Milliarden Jahren ist es in einen natürlichen Kreislauf des geochemischen Recyclings und der Neukonzentration von Lithium eingebunden. Dieser Kreislauf beginnt mit tiefen Erdsystemen beginnt, die intrusive magmatische Gesteine (die als Granite bekannt sind), sowie Vulkane und heiße Quellen hervorbringen. Diese bringen das Lithium an die Oberfläche und speisen und es in die verschiedenen Solen ein, die knapp unter der Erdoberfläche zu finden sind. Infolgedessen sind die Gesteine der Erdkruste an der Oberfläche im Durchschnitt zehnmal stärker mit Lithium angereichert als die Gesteine in der Tiefe der Erde.

Süchtig nach Lithiumcarbonat
In Raffinerien wird das flüssige Lithiumchlorid erst gereinigt, dann geröstet – bis ein weißes Pulver übrig bleibt, das in der Autoindustrie und bei Batterieherstellern heiß begehrt ist. Ein Kilogramm wird derzeit für etwa 70 Euro gehandelt.

Wenn es nicht in Granitgestein eingeschlossen wird, bleibt Lithium unruhig – vor allem, wenn Wasser in der Nähe ist. Es löst sich leicht in den verschiedenen Arten von Wasser, die überall in der Erdkruste zu finden sind. Und es verbleibt auch dann noch hartnäckig in der Lösung, nachdem sich andere Metalle längst in mineralischer Form abgesetzt haben.

In Teilen der Erde mit offenen Flusssystemen wird Lithium weggetragen, um in den Ozean zurückzukehren. Dort konzentriert es sich in tiefen Meeresschlämmen, die zu Sedimentgestein werden. An manchen Orten auf der Welt jedoch wird gelöstes Lithium in geschlossenen Beckensystemen eingeschlossen, die nicht zum Meer hin offen sind. Hier haben die Solen einen Lithiumgehalt, der bis zu 2000-mal höher ist als im Ozeans. Diese Salar-Sole-Systeme in den Anden sind aufgrund der hohen Lithiumkonzentration, des Volumens der verfügbaren lithiumhaltigen Sole, aber auch wegen der Einfachheit ihrer Gewinnung besonders attraktive Abbauziele. 

Warum sind Lithium-Vorkommen in den Anden so ergiebig?

Der Salar de Atacama in Chile weist von allen Solesystemen weltweit den höchsten Lithiumgehalt auf. Dies ist möglicherweise auf die einzigartige Kombination von geologischen Merkmalen zurückzuführen. Aktive Vulkane in den Anden haben sich mit Lithium aufgeladen, das aus dem Schmelzen von recycelten alten Meeressedimenten stammt (von denen wir wissen, dass sie mit Lithium angereichert sein können). Tektonische Kräfte haben sie unter den südamerikanischen Kontinent gepresst und dabei Metalle wie Lithium in die Schmelze (Magma) abgeben, mit denen bei Vulkanausbrüchen die Lavaströme gespeist werden. Die aktiven Vulkane tragen bei der Gelegenheit die mit Lithium angereicherte Vulkanasche direkt in das Salarbecken. Zudem spült Regenwasser das Lithium aus den Lava- und Ascheschichten herausgewaschen und trägt es in die Solen des Beckensystems ein.

Es ist bekannt, dass im Salar de Atacama zudem heiße Quellen den Salar speisen. Sie bringen wahrscheinlich mehr Lithium in die Solen, die tief unter den salzigen Oberflächenlagunen liegen. Schließlich sind die natürlichen Verdunstungsraten hier die höchsten weltweit. Somit tragen Aspekte der natürlichen Topografie, der Geologie und Geomorphologie, aber auch ein einzigartiges Mikroklima dazu bei, dass im Salar de Atacama die Konzentration von Lithium besonders hoch und die Abbaubedingungen besonders günstig sind.

Artikel teilen

Kommentar absenden

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert