Auch bei Toyota hat Corona tiefe Spuren hinterlassen. Nein, nicht der kompakte Viertürer aus den 1950er Jahren, sondern die gleichnamige Pandemie, die seit dem Frühjahr auch in Europa wütet. Das fünf europäischen Werke mussten geschlossen werden, wochenlang konnten keine Fahrzeuge ausgeliefert werden. Aber unter dem Strich ging der Verkauf von Toyota in Europa in diesem Jahr „nur“ um etwa zehn Prozent auf rund 975.000 Einheiten zurück – während die Gesamtbranche ein Absatz-Minus von 22 Prozent beklagen musste.

Und Johan van Zyl, der Präsident und CEO von Toyota Motor Europe glaubt zu wissen, warum sein Unternehmen bislang glimpflicher davon kam als mancher Wettbewerber: „Electrification“, die frühzeitige Elektrifizierung der Modellpalette. Gut 60 Prozent der Fahrzeuge, die Toyota in diesem Jahr in Europa verkaufte, hatte bereits eine Traktionsbatterie an Bord. Bei der Premiummarke Lexus betrug der Anteil der elektrifizierten Autos bereits 90 Prozent. Das habe den Absatz spürbar stabilisiert und ganz nebenbei auch dazu beigetragen, dass Toyota die scharfen europäischen CO2-Flottenziele für 2020 erfüllen wird.

Erster Mittelklasse-SUV mit Batterieantrieb

Und das, obwohl Toyota bis heute kein einziges Auto im Portfolio hat, das ausschließlich von einer Batterie angetrieben wird. Der einzige „richtige“ Stromer ist das Brennstoffzellen-Auto Mirai. Und der verkaufte sich in Europa bislang auch nur in homöopathischen Mengen: Offiziell ist von etwa 1000 Einheiten die Rede. Mit dem Mirai der zweiten Generation, der im kommenden Jahr startet, sollen die Stückzahlen deutlich steigen.

Und mit dem neuen Lexus UX300e, dem neuen Kleintransporter Toyota Proace City sowie einem noch nicht getauften Toyota Kompakt-SUV (das Aufmacherbild zeigt die Silhouette des neuen Autos) werden die Japaner erstmals auch drei batterieelektrische Autos im Angebot haben.

Elektroautos in allen Größen und Formen
Toyota wird die neue Plattform e-TNGA dazu nutzen, um in den kommenden fünf Jahren zehn neue Stromer auf die Räder zu stellen – mit Batterie und Brennstoffzelle. Grafik: Toyota

Doch wie van Zyl dieser Tage beim zweiten, diesmal virtuellen „Kinshiki“-Forum ankündigte, werde das Unternehmen seine Strategie nicht ändern und sich wie andere Unternehmen nicht auf eine Technologie festlegen: „Es gibt für uns nicht nur einen Weg vorwärts. Toyota verfolgt den Weg, jede Antriebstechnik abzudecken – was immer der Markt und der Kunde verlangt.“

Das Ziel sei, im Jahr 2025 mit einem Mix unterschiedlich stark elektrifizierter Antriebe auf einen Absatz von 1,4 Millionen Fahrzeuge und einen Marktanteil von 6,5 Prozent zu kommen. Etwa zehn Prozent der Autos sollen vollelektrisch – mit Batterie und Brennstoffzelle – fahren, zehn Prozent mit einem von außen wiederaufladbaren Hybridantrieb und etwa 70 Prozent als Vollhybrid ohne Stecker. Dazu werde die Modellpalette in den kommenden Jahren komplett überarbeitet. Van Zyl kündigte in seiner Rede insgesamt 60 neue (oder überarbeitete) Modelle an, die zumindest teilelektrifiziert seien. Der neue Toyota RAV4 mit einer elektrischen Reichweite von bis zu 75 Kilometern weise die Richtung.

Schon bald auch mit Feststoff-Batterie
Die neue Toyota-Architektur ist auf Elektroantriebe unterschiedlichster Art zugeschnitten, mit Front-, Heck- und Allradantrieben und Akku verschiedener Größen. Bild: Toyota

Von den 60 neuen Autos sollen immer zehn „Zero Emission“-Fahrzeuge sein, also vollelektrisch fahren. Wie viele davon mit Batterien und wie viele mit Wasserstoff und Brennstoffzelle, wurde bei der Veranstaltung nicht ausgeführt. Für die batterielektrischen Fahrzeuge hat Toyota zusammen mit Mazda und Denso eigens die neue Plattform e-TNGA (Toyota New Global Architecture) entwickelt, von der auch neben Mazda auch Subaru, Suzuki und Daihatsu profitieren werden. Erstmals eingesetzt werde die Plattform in einem komplett neuen E-SUV von Toyota von der Größe des RAV4 – und wie zu erfahren war, auch im neuen Subaru Evoltis.

Neuer Feststoff-Akku spätestens 2025

Wie Chefentwickler Koji Toyoshima in der Konferenz ausführte, ist die Architektur für Front-, Heck- und Allradantriebe und für Antriebsleistungen von bis zu 300 kW (408 PS) ausgelegt. Gespeichert werden soll die Energie in einer zusammen mit Panasonic entwickelten neuen Generation von Lithium-Ionen-Akkus mit Speicherkapazitäten zwischen 50 und 100 Kilowattstunden (kWh). Aufgrund einer hohen Energiedichte sollen damit Reichweiten zwischen 300 und 600 Kilometer dargestellt werden können. „In der ersten Hälfte der 20er Jahre“, deutete Toyosjima an, werde zudem ein erstes Elektroauto auf den Markt bringen, das mit einer neuartigen Feststoff-Batterie ausgestattet sei. Dieser Speicher werde nicht nur haltbarer, sondern auch deutlich schneller zu laden sein als heutige Akkus.

Der SUV ist das erste batterieelektrische Auto aus dem Toyota-Konzern in Europa. Ein guter, aber zaghafter Anfang - nach Deutschland kommen nächstes Jahr nur 200 Exemplare. Elektroauto

Aber auch der Toyota Mirai bleibt kein Solitär. Den neuen, effizienteren und leistungsstärkeren Brennstoffzellenantrieb der Limousine will Toyota schon bald in weiteren Modellen einsetzen. in welchen, bleibt vorerst noch ein Geheimnis. Denn aus Toyota-Sicht macht der Energieträger Wasserstoff sehr wohl auch im Pkw Sinn – neben Anwendungen in Nutzfahrzeugen, Zügen, Flugzeugen oder in der stationären Stromgewinnung: Wer wie Toyota das Ziel verfolge, spätestens 2050 klimaneutral zu sein, müsse alle Technologien nutzen.

„Ohne Wasserstoff geht es nicht“

„Wenn man das Gesamtbild betrachtet, stellt man fest, dass die meisten Erneuerbaren Energien nur sporadisch zur Verfügung stehen“, argumentierte auf der Konferenz Thiebault Paquet, der bei Toyota Motor Europa das Geschäft mit Brennstoffzellen-Technologien verantwortet. Ohne eine großangelegte, globale Wasserstoff-Wirtschaft sei weder die Dekarbonisierung des Verkehrs zu schaffen noch eine klimaneutrale Gesellschaft zu realisieren.

Warum, erläutert der Ingenieur im zweiten Teil, in einem exklusiven Interview mit EDISON.

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1 Kommentar

  1. Gerd

    Wow, ein BEV-Markteintritt mit einer „Silhouette“. Ist ja fast Daimler-Style.

    Da muss die Not aber groß sein, vom Markt überhaupt noch wahrgenommen zu werden.

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