Elon Musk weiß bereits alles. Wo seine Elektroautos herumkurven, wie viel Strom aktuell in den Akkus gespeichert ist und wie oft sie an einem der Tesla Supercharger schnellladen. Und per Fernabfrage könnte er auch die Videodaten abfragen, die acht Kameras am und im Auto aufgezeichnet haben. Um die „Autopilot“ genannten Assistenzsysteme für das teilautonome Fahren zu optimieren, haben Tesla-Ingenieure im Fahrzeug ein System installiert, das eine Übertragung aller Daten auf einen Server des Unternehmens ermöglicht – sofern der Fahrzeugbesitzer dazu seine Genehmigung erteilt. Welche genauen Inhalte die gesammelten und per WLAN übertragenen Daten haben, bleibt Betriebsgeheimnis – Tesla verschlüsselt die Pakete.

Das Elektroauto ist nicht nur ein Transportmittel, sondern ein Smartphone auf Rädern. Und wie der mobile Kleincomputer in der Jackentasche sammelt auch das Auto im Laufe eines Tages jede Menge Daten. Über Standort und Geschwindigkeit, über Störungen und Defekte und vor allem über die Energieflüsse an Bord: Wie viel Strom ist im Akku gespeichert und wie verteilt sich dieser auf die einzelnen Batteriezellen? Mit welcher Geschwindigkeit wird der Strom an einer Ladestation auf genommen und welche Leistungen fließen unterwegs an den oder die Elektromotoren?

Software analysiert komplexe Vorgänge im Akku

Riesige Datenmengen kommen da allein im Laufe eines Tages zusammen, weiß Tal Sholklapper. Zusammen mit Eli Leland, seinem Studienfreund und Kollegen im Forschungsinstitut der US-Energieministeriums, hat der 38-jährige Ingenieur aus Kalifornien Voltaiq gegründet – ein Unternehmen, das sich auf die Analyse und Auswertung großer Daten von Batteriedaten in Echtzeit spezialisiert hat.

„Die Daten“, sagt er im Gespräch mit EDISON, „sind der Schlüssel zum Verständnis der komplexen Vorgänge, die sich im Innern der Antriebsbatterien von Elektroautos abspielen“ – und die meisten Autohersteller seien damit im Unterschied zu Tesla („neben Apple dem führenden Unternehmen auf dem Gebiet“) schlichtweg überfordert. Das sei aber auch kein Wunder: „Die meisten Manager dort sind in der Welt mechanischer Antriebe groß geworden.“

Mit ihrer „Enterprise Batteriy Intelligence“ (EBI)-Plattform will Voltaiq den traditionellen Autoherstellern auf die Sprünge helfen und gleichzeitig die Performance der Elektroautos auf der Straße und an der Ladesäule verbessern. Wie schnell bauen einzelne Batteriezellen Spannung auf, wie schnell geben sie ihre Leistung ab? Wie fit sind die Zellen, wie schnell altern sie? Und wie viel Prozent der Kapazität kann man für den Fahrbetrieb freigeben, wie viele Sicherheitsreserven braucht es für andere Zwecke?

Daten aus dem fahrenden Stromer in Echtzeit

Frage über Fragen, die mithilfe der Voltaiq-Software geklärt werden können. Und das nicht nur im Labor, sondern im Alltagsbetrieb, in Elektroautos auf der Straße. Ladeleistungen könnten ebenso wie die Reichweiten von Elektroautos allein durch die Echtzeit-Analyse solcher Batteriedaten optimiert, Reichweiten allein durch Software-Updates vergrößert oder auch Rückruf-Aktionen verhindert werden – und obendrein ganz neue Geschäftsfelder entstehen. Etwa durch den Verkauf des in den Autobatterien gespeicherten Stroms an Netzbetreiber – Stichwort: Smart Grid – oder die Integration des Fahrzeugs etwa in Sharing-Services wie Uber. Der schnelle Datenaustausch liefert dafür die Basis.

Karl-Thomas Neumann Karl-Thomas Neumann hat in der Autoindustrie viele Spitzenpositionen bekleidet. Heute würde er dort so manches anders machen, erklärt er im Ladetalk mit EDISON. E-Mobilität

Das Problem war bislang nur: Wie gelangen die im Fahrzeug erhobenen Daten schnellstmöglich auf eine Cloud, um dort in Echtzeit analysiert zu werden? Voltaiq hat sich deshalb nun mit Veniam zusammengetan. Das Unternehmen mit Sitz in Portugal und Außenbüro in München und im Silicon Valley hat sich auf das Internet der mobilen Dinge spezialisiert und eine Software entwickelt, um große Datenmengen über so genannte Mesh-Netzwerke schnell und preisgünstig zu transportieren.

Kommunikation über öffentliche Wifi-Hotspots

Die Veniam-Software nutzt dafür statt der teuren Mobilfunknetze unter anderem öffentliche Wifi-Hotspots in den Städten, deren Kapazitäten nach Erkenntnissen von Firmengründer überall in der Welt nur zu einem geringen Teil genutzt werden – für einen automatischen Offload von Daten sind sie somit perfekt geeignet. Aber auch eine Kommunikation zwischen Fahrzeugen und von Elektroautos mit smarten Ladestationen ist mit der Technik möglich. Auf diese Weise wurde in Porto, der Heimatstadt von Veniam, aber auch in Singapur bereits der öffentliche Nahverkehr optimiert, berichtet Joao Barros, der Gründer und CEO von Veniam, nicht ohne Stolz.

Durch die Zusammenarbeit mit Voltaiq soll nun der Individualverkehr mit Batterieautos perfektioniert werden.Während einer einstündigen Autofahrt täglich könnten im Monat leicht bis zu 40 Gigabite an Daten zusammenkommen und blitzschnell in die Cloud transferiert werden, sofort oder mit kleiner Verzögerung. Und ohne dass der Autofahrer davon etwas mitbekommt oder etwas aktiv unternehmen muss. „Das ist ein echter Game-Chager: Wir können so der Autoindustrie einen Weg weisen, um den Daten-Tsunami zu bewältigen, der mit der wachsenden Zahl an Elektroautos auf die Branche zurollt“, erzählt Barros.

Autohersteller nutzen Voltaiq-Plattform bereits

Der Bedarf ist nach Einschätzung von Sholklapper immens. Ein deutscher Autobauer und wohl auch Autohersteller aus Detroit nutzen bereits die EBI-Plattform von Voltaiq – Details mochte der CEO im Gespräch mit EDISON gleichwohl nicht nennen. Und das Interesse anderer Autohersteller an der Technik sei riesig. „Immerhin können wir dafür sorgen, dass die Elektromobile länger fahren und seltener in die Werkstatt müssen.“ Und nicht nur das. Das Veniam-Netzwerk weise auch einen Weg in das Zeitalter des vollautonomen Fahrens, wie Barros hinweist: Der Austausch großer Datenmengen und eine zielgenaue Übertragung bestimmter Datenpakete etwa für die Navigation in einem Ökosystem „Smart City“ scheitere hier oft noch an den damit verbundenen hohen Kosten. „Das war bislang ein Flaschenhals.“

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1 Kommentar

  1. Norbert Sele

    Titel des Artikels: Veniam und Voltaiq heben die Datenschätze in E-Autos
    Erster Absatz: …“Welche genauen Inhalte die gesammelten und per WLAN übertragenen Daten haben, bleibt Betriebsgeheimnis“…..
    Zweiter Absatz: Da werden jede Menge Daten aufgelistet, die durch das Auto aufgezeichnet werden.
    Frage: Was genau ist denn das Betriebsgeheimnis aus dem Ersten Absatz?

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