Eines muss man Aiways lassen: Der chinesische Autobauer lässt seinen Worten Taten folgen. Und vor allem ist er noch im Geschäft. In den letzten fünf Jahren sind Elektromobil-Startups immerhin wie Pilze aus dem Boden geschossen und oftmals auch schnell wieder verschwunden. Auch Aiways zählte zu den Unternehmen, denen Experten nur geringe Überlebenschancen einräumten. Tatsächlich hatte Aiways schwer zu kämpfen, wie die Verkaufszahlen des vergangenen Jahres zeigen: In Europa entschieden sich gut 3.000 Kunden für den Aiways U5, in Deutschland waren es nur wenig mehr als 1.000. Deutlich zu wenig.

Doch das soll sich jetzt mit dem Aiways U6 ändern, der im ersten Quartal 2023 bei den deutschen Euronics-Händlern online zu ordern wird. „Für uns ist der U6 das entscheidende Auto, weil wir beim U5 einiges gelernt haben“, ordnet Europachef Alexander Klose den Neuling ein.

"Abwarten, wie weit die Kunden wirklich fahren" 
Der Aiways U6 wird in Europa vorerst nur mit einem 63 kWh-Akku angeboten. Bei Bedarf gebe es das Elektroauto dann auch mit einer 53 oder 80 kWh großen Batterie, sagte Europachef Alexander Klose (r.) im Gespräch mit unserem Autor.
„Abwarten, wie weit die Kunden wirklich fahren“
Der Aiways U6 wird in Europa vorerst nur mit einem 63 kWh-Akku angeboten. Bei Bedarf gebe es das Elektroauto dann auch mit einer 53 oder 80 kWh großen Batterie, sagte Europachef Alexander Klose (r.) im Gespräch mit unserem Autor.

Optisch hat die 4,80 Meter lange coupehafte Limousine das Zeug dazu. Das Exterieur-Design scheint eine Mixtur aus Lotus Eletre und Polestar 2, was ja nicht das schlechteste Umfeld ist. Der Aiways U6 kann sich jedenfalls sehen lassen und wird sicher mehr Abnehmer finden als das Schwestermodell. Zumal die chinesischen Techniker aus den Unzulänglichkeiten des U5 oft die richtigen Schlüsse gezogen haben.

Bedienkonzept nach Polestar-Art

Das fängt schon bei der Heckklappe an, die wesentlich weiter aufschwingt, so dass man auch mit einer Körpergröße von 1,85 Metern aufrecht darunter stehen kann. Der Innenraum wirkt nun zudem deutlich hochwertiger – allein über die Farbgebung kann man sich streiten. Auch beim Cockpit stand offenbar der Polestar 2 Pate – auch die Bedienlogik beider Fahrzeuge ist fast identisch. Kommandozentrale ist ein 14,6 Zoll großer Touchscreen, über den im Grunde alle Infotainment und Fahrzeugfunktionen gesteuert werden. Die Fernbedienung per Lenkradknöpfe ist nur komplementär. Ähnlich wie bei dem chinesisch-schwedischen Stromer basiert das Infotainment auf der Android-Software. Das Smartphone kann dann natürlich per Android Auto, aber auch per Apple CarPlay in das Infotainment eingebunden werden.

Über Geschmack lässt sich streiten 
Wer mag, kann den Aiways U6 in kunterbunten Farben - innen wie außen erwerben. Das Bedienkonzept immerhin überzeugt.
Über Geschmack lässt sich streiten
Wer mag, kann den Aiways U6 in kunterbunten Farben – innen wie außen erwerben. Das Bedienkonzept immerhin überzeugt.

Ein großer Kritikpunkt beim Aiways 5 war das Fehlen eines Navigationssystems, in dem auch die Reichweite des Fahrzeugs einfließt und dementsprechend die passenden Ladestationen angezeigt werden. Auch das ändert sich jetzt. Die Navigation läuft immer noch über das Handy des Fahrers ab, jetzt wird aber eine App namens Pump mit Google-Maps kombiniert, die auf die Fahrzeugdaten zugreift und damit auch Ladesäulenempfehlungen anhand der Restreichweite geben kann. Wird interessant zu sehen sein, wie und ob das in der Praxis funktioniert.

Leichtgewicht mit 1790 Kilogramm

Der Radstand des Aiways U6 beträgt 2,80 Meter, deswegen hat man im SUV Coupé hinten viel Platz, vor allem weil man die Füße auch unter die Vordersitze schieben kann. Trotz der abfallenden Dachlinie bleibt über dem Haupt noch etwas Platz. Eine nette Spielerei ist der große Bedienhebel der Automatik, der dem Fahrhebel einer Yacht nachempfunden ist: Dreht man am Griff, wird die Fahrstufe eingelegt.

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Mit einem Gewicht von lediglich 1.790 Kilogramm gehört der U6 eher zu den Leichtgewichten unter den Elektroautos der gehobenen Mittelklasse. Deswegen reicht auch die Nennleistung von 160 kW (218 PS) und das Drehmoment von 315 Newtonmetern aus, um den Aiways in sieben Sekunden aus dem Stand auf 100 km/h zu beschleunigen. Bei 160 km/h wirft die Elektronik den Anker. Den Durchschnittsverbrauch gibt Aiways mit 15.9 bis 16.6 kWh/100 km an.

Ganz weit nach oben 
Auch Menschen mit einer Körpergröße von 1,85 Metern können jetzt unter der elektrischen Heckklappe aufrecht stehen.
Ganz weit nach oben
Auch Menschen mit einer Körpergröße von 1,85 Metern können jetzt unter der elektrischen Heckklappe aufrecht stehen.

Fast noch wichtiger ist, dass sich unter dem Blech ebenfalls einiges getan hat. Die Techniker haben die Elektroarchitektur verändert und die Zahl der Steuereinheiten deutlich reduziert. Damit sind jetzt vermehrt drahtlose Updates möglich.

Vorerst nur mit 63 kWh-Akku

Der Aiways U6 teilt sich mit dem U5 die so genannte MAS-Plattform und damit auch die 63-Kilowattstundenbatterie, die für eine Reichweite von rund 400 Kilometer (WLTP) gut sein soll. Das ist nicht Fisch und Fleisch. Andere bieten zumindest Akkus mit 75 kWh oder sogar bis zu 100 kWh Kapazität an.

„Wir wollen erst einmal abwarten, wie weit die Kunden wirklich fahren und dann die Batteriegröße dementsprechend anpassen“, sagt Klose. Für Aiways sei durchaus denkbar, die Batteriekapazität bei Bedarf auf 53 kWh zu reduzieren – oder auf 72 bis 80 kWh zu erhöhen. Allerdings würde mit der höheren Batteriekapazität auch der Preis deutlich in die Höhe schießen. Im Heimatland China ist der Aiways U6 ab sofort zu Preisen ab 219.900 Yuan erhältlich, was umgerechnet etwa 31.350 Euro entspricht. Bei uns soll das Elektroauto zu Preisen zwischen 45.000 bis 48.000 Euro angeboten werden.

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