Audi unterhält Designstudios auf drei Kontinenten. In Deutschland, im kalifornischen Malibu und natürlich in Peking, der Hauptstadt von China. 450 Menschen aus 25 Nationen arbeiten dort – Multikulti ist also im Audi Design unter Leitung von Marc Lichte gelebte Praxis. Und all diese Menschen wollen beschäftigt sein. Mit der Entwicklung neuer Serienmodelle, aber auch immer wieder mit der Arbeit an Konzeptautos, die auf eine eher spielerische Art einen Ausblick auf künftige Entwicklungen geben.

Gut in Erinnerungen sind uns da noch die vier Konzeptautos, die Audi auf der IAA 2019 präsentierte. Der so genannte AI:RACE sollte einen Ausblick geben auf einen möglichen vollelektrischen Sportwagen der Extraklasse, Der AI-TRAIL skizzierte eine mögliche Weiterentwicklung des Geländewagens. Noch spannender aber waren die Studien AI:ME und AI:CON. Der eine zeigte, wie ein vollautonom fahrendes Stadtauto – oder der Nachfolger des Audi A2 für das 21. Jahrhundert aussehen könnte. Der andere gab einen Vorgeschmack auf ein vollautonom, also auf Level 5 fahrendes Luxusauto für die Fernstrecke.

Design-Spielerei
Der Audi AI:Con von 2019 sollte eine Vision vermitteln von einer Luxus-Limousine für das Zeitalter des vollautonomen Fahrens, in dem das Auto zu einem „Lebensraum auf Rädern“ wird. Doch die Ära der Robo-Cars lässt noch länger auf sich warten. Foto: Audi

Nichts davon wurde bis heute verwirklicht, nach wie vor baut Audi Autos mit Verbrennungsmotor und mit Lenkrädern. Und Pläne, die Assistenzsysteme des aktuellen Topmodells A8 auf Level 3 zu heben, hat Audi im vergangenen Jahr aufgegeben: Zu komplex die Technik, zu schwierig die Haftungsfragen, zu mutlos die Gesetzgebung. Und Künstliche Intelligenz ist noch weit davon entfernt, alltagstauglich zu werden – alle Konzeptautos verschwanden deshalb nach der IAA schnell in Außenlagern des Audi-Museums.

„SkySphere“, „UrbanSphere“ und „GrandSphere“

Um aber all die vielen Audi-Designer in Ingolstadt, Malibu und Peking nicht zu entmutigen, durften sie nun eine Reihe neuer Show-Cars entwickeln, die in den kommenden Wochen nach und nach das Licht der Öffentlichkeit erblicken werden. So wird die „Monterey Car Week“ (6. bis 15. August) am Pazifik Kulisse für die Weltpremiere für den Audi „Skysphere Concept“ – ein immerhin teilautonom fahrendes Cabriolet mit elektrischem Antrieb und zahlreichen technologischen Highlights, wie es heißt.

Und auf der Münchner IAA im September sollen dann gleich zwei Konzeptautos präsentiert werden: Ein „Urbansphere“ genanntes vollelektrisches Stadtauto – und ein „Grandsphere“ genannter Luxusstromer für die Langstrecke – der zwar noch über ein kleines rechteckiges Lenkrad verfügen wird, aber zumindest in der Phantasie der Designer schon in der Lage ist, Teilstrecken vollautonom auf Level 4 zu fahren: Der Fahrer könnte also zumindest längere Zeit vollständig die Kontrolle über das Fahrzeug abgeben, um sich mit anderen Dingen zu beschäftigen.

Hereinspaziert
Die vier Türen des „GrandSphere“ genannten Elektro-Crossovers öffnen sich beim Rolls Royce Phantom gegenläufig, obwohl auf der Rückbank eigentlich nur im Notfall Passagiere mitgenommen werden möchten – der Knieraum ist bescheiden. Foto: Audi.

Dementsprechend hatten bei der Entwicklung des „Grandsphere“ die Interieur-Designer die Oberhand – die as Auto wurde gewissermaßen von innen nach außen entwickelt. Wie schon der Audi AI:CON von 2019 ist auch der „GrandSphere“ eine Art Sportback mit Fließheck von über fünf Metern Länge – und trotzdem nur ein 2+2-Sitzer, also per se der pure Luxus. Es gibt zwar eine Rücksitzbank, aber der Fußraum dort ist sehr knapp bemessen – den Raum, deutete Interieur-Designer Norbert Weber dieser Tage bei einem „Sneak Preview“ an, werde man zum Sitzen in anderer Ausprägung nutzen können.

Luxuriöses Elektroauto als Lebensraum

Wir vermuten mal: Zum Konferieren oder einfach nur zum Lümmeln. „Der Fahrersitz kann mit 50 Grad Lehnenneigung zu einer Ruheposition während der Fahrt so zurückgelegt werden, dass man gleichzeitig die Füße hochlegen kann“, hatte Deisgnchef Marc Lichte kürzlich schon einmal in einem Interview verraten.

Für den Innenraum des Konzeptfahrzeugs haben sich die Audi-Designer jedenfalls wieder eine Menge einfallen lassen, um eine neue Form von Luxus zu schaffen und das Auto in einen weitgehend lautlos dahingleitenden „Lebensraum“ zu verwandeln. Mit sich gegenläufig öffnenden Türen, die den Zugang zum Fahrgastraum erleichtern, mit einem speziellen Concierge-Schalter, über den der Fahrer – oder Ge-Fahrende seine Präferenzen in Bezug auf das Fahrverhalten oder das Innenraum-Ambiente abspeichern kann. Und mit einer schicken, multifunktionalen Mittelkonsole, in die ein Getränkespender integriert ist: Statt aus Plastik- oder Papierbecher von drittklassigen Coffee-to-Go-Kochern schlürft man Kaffee oder (nichtalkoholische) Kaltgetränke aus Kristallbechern. Wie in der First Class über den Wolken. Vornehm geht die Welt nicht zu Grunde, sondern tritt sie in eine Ära der Ökologie.

Pappbecher? Bloß nicht!
Die Audi-Designer haben in die Mittelkonsole ihrer GrandSphere genannten Luxuslimousine einen Getränkespender integriert. Getrunken wird selbstverständlich aus edlen Kritallgläsern. Na, dann Prost. Foto: Audi

Über das Exterieur der Studie oder gar die Antriebstechnik verlieren die Designer bei dem kleinen Internet-Workshop nur wenige Worte. Selbstverständlich würde sich das Auto vollelektrisch vorwärtsbewegen – wenn es denn irgendwann jenseits von 2025 einmal in Serie gebaut würde – beispielsweise als Nachfolger des Topmodells A8, an dem Audi unter der Projektbezeichnung „Artemis“ derzeit arbeitet. Um mit möglichst wenig Energie möglichst weit zu kommen, ist die Karosserie möglichst weitschnittig geformt und trotzdem, so versichert der für das Exterieurdesign verantwortliche Philipp Römers, sofort als Audi zu erkennen. „Die Sehgewohnheiten ändern sich, aber die Formensprache wird Audi-typisch bleiben.“

Dazu gehöre auch eine lange Fronthaube, obwohl sich aufgrund des Elektroantriebs darunter nicht mehr viel zu verbergen braucht. Da geht es dann auch mehr um Status und Prestige. Römers: „Ein reines Mono-Volumen“ – sprich: ein Kastenwagen – „wird einem Fahrzeug im D-Segment nicht gerecht.“

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