Aktuell sieht es nicht gut aus rund um die Elektromobilität.Während es aufgrund verschiedener Fördermodelle in vielen europäischen Ländern mit den Zulassungen nach oben geht, liegen die deutschen Elektroverkäufe am Boden. Doch mehr Ladesäulen und ein schnelleres Ladetempo könnten das ändern: Aktuell hapert es an beiden Seiten des Steckers.

Derzeit haben reine Elektroautos in der deutschen Verkaufsstatistik kaum eine Chance gegen Hybridmodelle. Wer sich die Ergebnisse von Kundenkliniken und repräsentativen Befragungen anschaut, bekommt für die anhaltende Verkaufszurückhaltung immer wieder die gleichen Antworten genannt. Neben den hohen Verkaufspreisen sind es insbesondere die geringen Reichweiten und eine unzureichende Infrastruktur, die von der Anschaffung eines Elektroautos abschrecken. Viele haben den Neuwagenkauf daher zurückgestellt. Mit der Folge, dass das Durchschnittsalter der Privatfahrzeuge auf deutschen Straßen mittlerweile bei über zehn Jahren liegt.

Porsche Taycan am HighPower-Charger von Ionity
Lademeister
Der Porsche Taycan kann am Hypercharger Gleichstrom inzwischen mit bis zu 320 kW aufnehmen. Nur 18 Minuten dauert es dadurch, um den Akku von 10 auf 80 Prozent zu füllen – beim Gang zum Waschraum muss sich der Fahrer sputen. Foto: Porsche

Auch beim Ausbau des Ladenetzes liegen viele europäische Länder, aber auch Teile Deutschlands hinter den Erwartungen der Kunden sowie den Planungen der großen Netzbetreiber zurück. Vor allem in ländlichen Regionen und im Osten der Republik hapert es oft noch an Möglichkeiten, ein Elektroauto mit Strom zu versorgen. In vielen Kleinstädten gibt es immer noch keine Ladesäule, von einer Schnellladestation ganz zu schweigen.

Und auch wenn die Verkaufszahlen der Elektroautos seit dem abrupten Ende der staatlichen Förderung eingebrochen sind, ist der Bestand der Stromer immer noch weitaus größer als das Angebot an öffentlichen Ladeplätzen: Nach dem Charging Radar von EDISON und Cirrantic mussten sich Ende vergangenen Jahres 20 E-Autos einen öffentlichen Ladeplatz teilen. Zudem ist schnelles Laden mit hohen Ladeleistungen in der Stadt nach wie vor schwierig. Viel mehr als 22 Kilowatt geben die überwiegend mit Wechselstrom betriebenen Ladeplätze hier in der Regel nicht her. Selbst in Metropolen wie Hamburg oder München findet man Hypercharger mit mehr als 150 Kilowatt Ladeleistung nur an wenigen Stellen – zumeist an Tankstellen von Aral und Shell.

Viele weiße Lade-Flecken auf dem Land

Doch es sind nicht allein die zumeist kommunalen Betreiber, die mit ihren Ladesäulen und speziell den Hochgeschwindigkeitsanlagen nicht nachkommen. Auch bei den Elektroautos hapert es oft noch am Ladetempo. Modelle, die schnell mit mehr als 250 Kilowatt nachladen können und sich damit insbesondere für lange Strecken eignen, sind rar gesät – und bewegen sich in Preisregionen, die für Normalverdiener unerschwinglich sind. Elektrische Klein- und Kompaktwagen können an der Zapfsäule selbst unter optimalen Umständen oft nur mit maximal 100 Kilowatt nachladen.

Das gilt für nahezu die gesamten Modelle des Stellantis-Konzerns vom Peugeot e-208 über Lancia Y bis hin zum Opel Astra Electric. Die jüngst vorgestellten Mini-Modelle des Cooper SE oder eines Mini Aceman tanken an der Ladesäule mit schmalen 75 bis 95 kW nach. Aber auch viele Modelle der Mittel- und Oberklasse wie ein Audi Q8 e-tron, BMW i5 oder Mercedes EQE / EQS kommen nicht über eine Ladeleistung von 200 kW hinaus – das 400-Volt-Bordnetz lässt mehr nicht zu. Selbst der neue VW ID7, der erfolgreich gegen das Tesla Model 3 (Ladeleistung 240 kW) antreten will, lädt mit maximal 200 kW.

Mehr als 100 kW sind oft nicht drin

Was möglich ist, demonstrieren Fahrzeuge wie der Porsche Taycan, der Lucid Air oder der Audi e-ton GT: Gleichstrom nehmen die E-Autos mit über 300 kW auf. Wenn zum müden Ladetempo eines Klein- oder Mittelklassewagens dann noch ein allzu kleines Akkupaket mit 40 bis 50 kWh kommt, wird es zäh auf einer längeren Fahrt. Denn wer denkt, dass die kleinen Fahrzeuge ausschließlich in der City oder in einem urbanen Umfeld bewegt werden, irrt. Auch Opel Corsa, Hyundai Kona, Mini Cooper SE oder MG 3 sind regelmäßig auf langen Distanzen unterwegs. Um Freunde oder die Familie zu besuchen, einen Kurztrip ins Wochenende zu unternehmen oder ein Konzertevent zu besuchen.

Peugeot e-205
Fehlbesetzung
Mit einer maximalen Ladeleistung von 100 kW ist der elektrische Peugeot e-208 an einem 350 kW Hypercharger eigentlich fehl am Platz. Um den Akku zu füllen, dauert es wenigstens eine halbe Stunde. Foto: Martin Hangen

Wer sich auf eine längere Fahrt mit einem Elektroauto macht, dessen Akku schon auf dem Papier nur für 350 Kilometer reicht, wundert sich zudem, was aus dieser alles andere als beeindruckenden Reichweite bei Autobahntempo oder gar im Winter wird. Statt der in Aussicht gestellten 350 Kilometer sind es im Realbetrieb kaum mehr als 200 Kilometer. Und wenn es dann noch beim Ladetempo hakt und auf der Langstrecke selbst am Schnelllader mitunter mehrfach bis zu einer halben Stunde lang nachgeladen werden muss, entscheidet sich das nächste Mal doch wieder für Bahn, Flieger. Oder er wählt beim nächsten Autokauf ein Fahrzeug mit Verbrennungsmotor.

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1 Kommentar

  1. Jürgen Baumann

    Kann nicht klagen. Einmal Nordkapp voll elektrisch und zurück geht prima. 9000 km. Oder mal schnell nach Sevilla, Córdoba, Valencia, Carcassonne huschen wie vor zwei Wochen. 4700 km.

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