Das Laden eines Elektroautos an öffentlichen Ladesäulen ist gewöhnungsbedürftig, schreckt aufgrund der scheinbaren Komplexität auch manchen Interessenten ab. An Tankstellen können Benzin und Diesel an der Kasse mit Bargeld, Bank- oder Kreditkarte bezahlt werden. Und der Bezahlvorgang wird meist auch noch von einem Menschen assistiert.
Die Ladesäule hingegen steht allein in der Landschaft, Hilfe bei Problemen gibt es allenfalls per Telefon über eine Hotline. Und um die Säule aktivieren und den Strom bezahlen zu können, braucht es entweder eine RFID-Karten eines Ladenetzbetreibers oder Smart Mobility Providers – oder eine Lade-App auf dem Smartphone. Letztere funktioniert aber nur dort, wo ein Funkverbindung aufgebaut werden kann.
Seit Juli 2023 müssen gemäß der zweiten Novelle der Ladesäulenverordnung neue Strom-„Tankstellen“ am Straßen- oder Autobahnrand „mindestens einen kontaktlosen Zahlungsvorgang mittels gängiger Kredit- und Debitkarte“Lesegeräte für Kredit- und Bankkarten“ vorhalten, um das spontane „Ad Hoc“-Laden von Elektroautos zu erleichtern. Eine Nachrüstung älterer Ladesäulen mit Lesegeräten ist aber nicht vorgeschrieben. Die Folge: Diese Bezahltechnik findet setzt sich hierzulande erst langsam durch. Das gleiche gilt für Plug &Charge – das automatische Laden von E-Autos mithilfe der im Fahrzeug hinterlegten Vertrags- und Bankdaten.
Also bleibt vorerst nur die Wahl App oder Karte. Frank Lauenstein, Deutschlandchef bei Plugsurfing, erklärt in einem Gastbeitrag für EDISON die Vorzüge und Nachteile beider Zahlungsmethoden. Mit der App oder Ladekarte des 2012 gegründeten Unternehmens lassen sich in 27 Ländern Europa über 600.000 Ladepunkte freischalten. Plugsurfing ist Ladepartner unter anderem von Jaguar/LandRover, NIO, Nissan, Polestar, Renault und Zeekr.
Solange noch nicht alle Ladesäulen mit einem Kreditkarten-Lesegerät ausgestattet sind, stehen Fahrer von Elektroautos heute vor der Wahl, wie sie an einer Ladestation den Strom bezahlen wollen: per Lade-App oder mit einer physischen Ladekarte. Beide Strategien haben Vor- und Nachteile. Doch die Frage ist: Welche Anforderungen und Features sind bei der Entscheidung für die eine oder andere Lösung wichtig?
Komfort und individuelle Einstellungen mit der App
Die Nutzung der App ist unglaublich bequem. Die Anwendung ermöglicht es den Benutzern, den nächstgelegenen Ladepunkt zu finden, den Ladevorgang an der Ladestation zu beginnen und am Ende auch über die App zu bezahlen. So können sie alles bequem aus einer Hand erledigen. Da sämtliche Informationen und Funktionen in der Anwendung bereits zusammengefasst und voreingestellt sind, spart dies viel Zeit. Darüber hinaus bieten Apps häufig spezielle Dienste wie eine detaillierte Verbrauchs- und Zahlungshistorie, die Überwachung des Ladevorgangs und das Speichern bevorzugter Ladestationen an. Diese Funktionen erleichtern die Nutzung und bieten eine detaillierte Darstellung der eigenen Ladevorgänge. Außerdem können Nutzer mit der Lade-App einen Ladepunkt reservieren oder Rabattcodes und Kundenboni einlösen, wodurch sie viel Geld sparen können.
Bezahlen per Ladekarte: Universalität und Einfachheit
Eine Ladekarte bietet auch einige klare Vorteile. Schnell und einfach lässt sich eine Ladekarte über die Webseite des entsprechenden Anbieters beantragen und nach einer kurzen Aktivierung ist sie einsatzbereit. Diese Karten sollten E-Autofahrer stets griffbereit halten. Die Verwendung einer Ladekarte an der Ladestation ist einfach und erfordert keine Konfiguration. Der Prozess ist simpel: die Karte an der Ladesäule an der entsprechend gekennzeichneten Stelle vorhalten und damit den Ladevorgang starten, ohne dass das Smartphone genutzt werden muss. Zudem ist man nicht auf den Akku des Handys oder eine Funkverbindung angewiesen.
Sicherheit, Datenschutz & Nachhaltigkeit
Bei beiden Zahlungsmethoden können Sicherheitsrisiken auftreten. Wenn auch nur selten, können persönliche Daten bei der Verwendung von Apps gefährdet sein. Bei Ladekarten besteht die Gefahr des Diebstahls und die Abnutzung der Kartenoberfläche. Zum Glück gibt es verschiedene Möglichkeiten für Anbieter, die Nutzung ihrer Dienstleistungen sicher zu gestalten. Dazu gehören die Einhaltung der Datenschutzbestimmungen des Aufenthaltsorts sowie die Verwendung einer Zwei-Faktor-Authentifizierung.
Die Bedeutung von Nachhaltigkeit wird auch in der E-Mobilität immer wichtiger. Da die Verwendung eines Elektroautos im Vergleich zu herkömmlichen Verbrennern bereits erhebliche CO₂-Einsparungen mit sich bringt, passt es gut zusammen, dass auch die Bezahlmöglichkeiten umweltfreundlich sind. In der Regel bestehen Ladekarten zwar aus Plastik, aber für die Ladeapp auf dem Smartphone wird kein zusätzliches Material verbraucht. Bei beiden Wegen sind die Belege im Nachhinein digital einsehbar. Die Bezahlung erfolgt also ressourcenschonend und es besteht keine Gefahr, mal einen Bon an der Ladesäule zu vergessen oder unterwegs zu verlieren.
Fazit und Ausblick
Die Wahl zwischen Lade-App und Ladekarte wird letztendlich durch die persönlichen Vorlieben und Prioritäten entschieden. Beide Methoden haben ihre Vor- und Nachteile und es gibt keine allgemeine Lösung. Wir bei Plugsurfing sind davon überzeugt, dass Lade-App und Ladekarte besonders im Tandem gut funktionieren. Während die App mich ganz bequem zum nächsten Ladepunkt navigiert, starte ich an der Ladesäule meinen Ladevorgang mit der zuverlässigen Ladekarte. Es besteht also kein Zwang, sich zu entscheiden, sondern ist die beste Kombination aus beiden Möglichkeiten.
Ja, die Bezahllösungen in der E-Mobility bleiben vorbildlich. Wann übernimmt die Verbrennerwelt endlich dieses geniale System, dass Autofahrer erst je eine Karte bei Aral, Jet, bft, Agip etc. beantragen müssen und/oder deren Apps installieren? Im Ernst: Solange Kreditkartenzahlung und Plug&Charge nicht flächendeckend verfügbar sind, bleibt ein weiteres ernsthaftes Hemmnis fürs elektrische Fahren bestehen. Da helfen die beste Scheinargumente zum aktuellen „Bezahlkomfort“ auch nicht weiter.