In China ist nichts so alt wie die Neuigkeit von gestern. Selbst beim Essen kleben die jungen Menschen am Smartphone, um nichts zu verpassen. Die Gier nach neuen Nachrichten, Kontakten und Hightech ist riesengroß. Deswegen müssen auch die Autobauer im Reich der Mitte ein rasantes Entwicklungstempo anschlagen, um im Wettlauf mit der Konkurrenz nicht ins Hintertreffen zu geraten. Zumal die Markentreue bei den hiesigen Käufern bei weitem nicht so ausgeprägt ist wie in Deutschland.

Also frischt BYD seinen großen Familien-Crossover Tang nur zwei Jahre nach der Markteinführung in Europa umfassend auf und verpasst dem Vehikel das typische BYD-Gesicht mit der breiten Chromspange quer über den Schnabel. Das Design und vor allem die Front wirkt ohne den großen Kühlergrill frischer und die 21 Zoll-Pneus füllen die Radkästen satt aus. Um den Mangel an komfortspendenden Reifenflanken-Gummi auszugleichen, haben die Ingenieure semi-aktive Dämpfer installiert.

Ganz gefällig 
Das Facelift zum Modelljahr 2024 hat dem BYD Tang gut getan. Insbesondere das neue Leuchtenband am Heck.
Ganz gefällig
Das Facelift zum Modelljahr 2024 hat dem BYD Tang gut getan. Insbesondere das neue Leuchtenband am Heck.

Dieses Bemühen, den Komfort mit allen Mitteln zu gewährleisten, merkt man dem Fahrwerk des Allradlers auch an, das für europäische Geschmäcker zu weich abgestimmt ist. Deswegen wankt der BYD Tang in Kurven deutlich und nickt beim scharfen Verzögern ein. Wir würden uns auch wünschen, dass die Bremsen exakter zu dosieren sind, da der Pedalweg, bis die Beläge greifen, lang und der Druckpunkt nicht genau fühlbar ist. Dazu kommt, dass der chinesische E-Crossover in den Kurven sein Gewicht von rund 2,5 Tonnen nicht kaschieren kann und merklich über die Vorderachse Richtung Fahrbahnrand schiebt.

108,8 kWh große Blade-Batterie im Boden

Allerdings waren wir mit der Fahrwerksabstimmung für den chinesischen Markt unterwegs. Für Europa, wo der überarbeitete Tang im zweiten Quartal dieses Jahres erscheinen soll, wollen die Techniker noch einmal nachbessern. Das gilt auch für den Preis. Aktuell kostet der Tang rund 69.000 Euro. „Vielleicht haben wir ein paar Überraschungen“, verrät ein BYD-Manager augenzwinkernd und deutet damit an, dass die E-Crossover trotz der größeren Akkus nur unwesentlich im Preis zulegen wird. Wenn überhaupt.

Dicker Brummer 
Mit knapp fünf Metern Länge und einem Gewicht von 2,7 Tonnen konkurriert der BYD Tang unter anderem mit dem Kia EV9, aber auch dem Mercedes EQE SUV. Auch beim Preis: Aktuell werden knapp 70.000 Euro für den Stromer aufgerufen.
Dicker Brummer
Mit knapp fünf Metern Länge und einem Gewicht von 2,7 Tonnen konkurriert der BYD Tang unter anderem mit dem Kia EV9, aber auch dem Mercedes EQE SUV. Auch beim Preis: Aktuell werden knapp 70.000 Euro für den Stromer aufgerufen.

Eine Modellpflege bei einem Elektroauto heißt aktuell nichts anderes als die Reichweite zu verbessern. Deswegen schnallt BYD nun die hauseigene LFP-Blade-Batterie mit einer Kapazität mit 108,8 Kilowattstunden unter das Fahrzeug – bislang mussten 86 kWh Speicherkapazität reichen. In Reichweite übersetzt heißt das jetzt 530 Kilometer (gemäß dem WLTP-Zyklus) anstelle von rund 400 Kilometern wie zuvor.

Maximale Ladeleistung steigt auf 170 kW

Auch beim Laden an einer Wechselstrom-Tankstelle legt der Tang des Jahres 2024 zu und saugt jetzt mit dreiphasigen 11 kW statt bisher 7,3 kW Energie. An einem DC-Schnelllader sind bis zu 170 kW möglich. Damit sind die Speicher innerhalb einer halben Stunde von 30 auf 80 Prozent gefüllt. Zeitgemäß und praktisch zugleich ist die Vehicle-to-Load-Funktion (V2L), mit der man Haushaltsgeräte an der Steckdose des Autos anschließen und mit dessen Strom betreiben kann.

Flexibilität ist Trumpf 
Je nach Platz- und Sitzbedarf lässt sich der Innenraum des Tang flexibel gestalten. Platzangst kommt so niemals auf.
Flexibilität ist Trumpf
Je nach Platz- und Sitzbedarf lässt sich der Innenraum des Tang flexibel gestalten. Platzangst kommt so niemals auf.

Die größten Akkus sind nur so gut wie die Effizienz des Antriebsstrangs. Also hat der E-Crossover serienmäßig eine Wärmepumpe installiert. Beim BYD-Tang kommen wie bisher zwei Elektromotoren mit insgesamt 380 kW oder 517 PS zum Einsatz, die nur bei Bedarf gemeinsam am Werk sind. Damit beschleunigt der Tang von 4,9 Sekunden aus dem Stand auf Landstraßentempo und ist bis zu 190 km/h schnell – zehn km/h mehr als bisher. Dass der Sprint etwas langsamer ist als zuvor, liegt an dem höheren Gewicht der größeren Batterie. Wird die Traktion des Allradantriebs nicht benötigt, meldet sich die Hinterachse ab und überlässt der Vorderachse das Kommando. Trotz des recht staatlichen Gewichts des Tangs reicht die Power aus, um mit dem 4,97 Meter langen Siebensitzer entspannt und flott unterwegs zu sein.

Vieles wird per App gesteuert

Neben der Batterietechnik und der Reichweite spielt im Reich der Mitte auch das Infotainment eine wichtige Rolle. Deswegen legt der schwenkbare Touchscreen von 12,8 auf standesgemäße 15,6 Zoll zu. Die zwölf Lautsprecher des Dynaudio Audio-Systems sorgen für voluminösen Klang und das große Panoramadach für angenehmes Licht im Innenraum. Der Fahrer kann die Klimaanlage, das Öffnen und Schließen des Daches und das Entriegeln der Türen per Smartphone-App steuern.

Alles andere als vegan 
Der großzügige Innenraum des BYD Tang ist üppig mit fein gegerbten Rinderhäuten ausgekleidet. Der Trend zum tierfreien Innenraum ist bei Chinas größtem Autobauer noch nicht angekommen. Bilder: BYD
Alles andere als vegan
Der großzügige Innenraum des BYD Tang ist üppig mit fein gegerbten Rinderhäuten ausgekleidet. Der Trend zum tierfreien Innenraum ist bei Chinas größtem Autobauer noch nicht angekommen. Bilder: BYD

Im Innenraum geht es mit viel echtem Rindsleder geradezu luxuriös zu. Die Sitze für Fahrer und Beifahrer sind bequem, aber der Seitenhalt stand offensichtlich nicht auf der ersten Seite des Lastenhefts. Raum ist bei einem chinesischen Vehikel der Fünf-Meter-Klasse nie ein Thema. Auf den Reihen eins und zwei kann man bequem reisen, was vor allem für den rechten Platz im Fond gilt. Nur bei der dritten Reihe wird es enger.

Aber auch als Lastesel eignet sich der Tang. In der siebensitzigen Grundkonfiguration passen 235 Liter in den Kofferraum. Legt man die Lehnen der dritten Reihe um, fasst das Gepäckabteil 940 Liter. Kippt man auch die Sitzlehnen der zweiten Reihe nach vorne, werden sogar 1.655 Liter daraus. Nicht rekordverdächtig, aber gut genug.

Ob das neue Paket, das der BYD Tang bietet, auch für Europa zum Erfolg reicht, wird sich zeigen.

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