Im August haben an den öffentlichen Stromtankstellen in Deutschland fast 672 000 Ladevorgänge stattgefunden – so viel wie noch nie zuvor. Parallel zum Bestand an Elektroautos wächst aber auch die Zahl der Ladesäulen, wie aus der aktuellen Ausgabe des „Charging Radar“ hervorgeht, den die Spezialisten von CIRRANTiC und THEON Data aus München in Kooperation mit EDISON erstellt haben.

Die Corona-Krise und der Shutdown hatte im Frühjahr noch viele Ladesäulen verwaisen lassen: Die Menschen bleiben daheim, Fahrten zum Arbeitsplatz fielen aus. Die Konsequenz: Im März gingen nach den Erhebungen die Ladevorgänge im öffentlichen Raum um 17 Prozent zurück, im April nochmals um 27 Prozent. Doch im Mai kam Deutschland endlich wieder in Bewegung und nutzten die Menschen ihre Elektroautos wieder für längere Fahrten. Seitdem brummt es an den Ladesäulen. Und das kräftiger denn je: Seit Mai hat sich die Zahl der Ladevorgänge mehr als verdoppelt. „Der Trend zeigt ganz klar in eine Richtung: nach oben“, sagt Ludwig Hohenlohe, geschäftsführender Gesellschafter von THEON Data Solutions.

Dass die Auslastung der Ladeplätze steigt, liegt aber nicht nur an der Wiederbelebung des Straßenverkehrs. Ein anderer Grund ist der steigende Bestand an Elektrofahrzeugen. Umweltbonus und staatliche Innovationsprämie haben die Neuzulassungen von Batterieautos und Plug-in Hybriden kräftig wachsen lassen. Ende August waren nach Auskunft des Kraftfahrtbundesamtes hierzulande bereits über 401.00 Voll- und Teilzeitstromer zugelassen. Bei den Neuzulassungen entfielen im August über 12 Prozent auf Fahrzeuge mit elektrifiziertem Antrieb. Tendenz steigend.

Ausbau der Infrastruktur macht Fortschritte

AC vor DC
An den meisten Ladeplätzen in Deutschland gibt es nur Wechselstrom.

Wartezeiten an den Ladestationen sind trotzdem noch nicht zu befürchten. Was zum einen daran liegt, dass das Gros der Fahrzeuge entweder daheim oder am Arbeitplatz geladen wird. Zum anderen geht der Ausbau der Ladeinfrastruktur munter voran. Nach den Zahlen des Charging-Radar gingen allein im August in Deutschland über 1800 Ladepunkte neu in Betrieb – 46 Prozent mehr als im Monat davor. Die Corona-Krise scheint auch in der Baubranche überwunden. Immerhin an 70 der neuen Ladesäulen kann Gleichstrom mit über 50 Kilowatt gezapft werden.

Das Gros der Installationen machen allerdings weiterhin Wechselstrom-Säulen im städtischen Bereich mit Ladeleistungen von bis zu 22 Kilowatt aus. Zu den Treibern der Entwicklung zählen nicht nur Energieversorger wie EnBW, der jetzt in Stuttgart den ersten innerstädtischen Schnellladepark eröffnete und weiter kräftig in den Ausbau in den Ausbau der Ladeinfrastruktur in Baden-Württemberg investiert. Auch der Einzelhandel sieht in der wachsenden Zahl der Elektroautos auf den Straßen eine Chance, mit dem Verkauf von Autostrom neue Umsätze zu generieren. Aldi Süd will in den kommenden Jahren auf den Parkplätzen seiner Filialen 1500 neue Ladestationen installieren – die jeweils mit einem Bezahlterminal verbunden werden sollen.

Auch andernorten wird offenbar neu kalkuliert. Jedenfalls haben die Autostrom-Preise seit Ende Juni und mit Wiederbelebung der Ladeplätze spürbar angezogen. Im Schnitt zahlte laut Charging Radar Ende August für eine Kilowattstunde (kWh) Wechselstrom zwischen 22 und 67 Cent. Für Gleichstrom wurden je nach Anbieter zwischen 29
und 83 Cent/kWh aufgerufen.

Seit Ende Juni hat sich der Ladestrom damit um rund elf Prozent verteuert. Und am 1. September hat Maingau Energie bereits wieder eine neue Tarifrunde eingeläutet, mit erhöhten Ladepreisen und individualisierten Strompreisen, die sich am Ladeverhalten der Kunden orientieren: Elektromobilisten, die häufig unrentable Ladeplätze aufsuchen, müssen seit 1. September mit Preisaufschlägen rechnen. Ob sich dieses dynamische Prizing durchsetzt, ist allerdings eine andere Frage.

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