Immer strengere Sicherheitsvorschriften und stetig steigende Komfortansprüche der Kunden sorgten in den späten 1990er und frühen 2000er Jahren dafür, dass die Autohersteller mit den Kleinwagen kaum noch Geld mehr verdienen konnten. Keine große Überraschung, dass sich das Kleinwagenangebot über die Jahre mächtig ausdünnte. Doch auch wenn viele schon den Abgesang auf das automobile Einstiegssegment schmetterten, sieht es aktuell besser denn je aus. Die Nachfrage nach kleinen Neuwagen zieht durch einen stabilen Elektrotrend wieder an. Die Rückkehr der erfolgreichen Kleinwagen scheint nur eine Frage der Zeit. Nur ganz so günstig wie früher sind diese nicht mehr.
Dem Ford Fiesta trauern nicht allein viele Ford-Fans hinterher. Das Einsteigermodell ließ sich nicht mehr ertragreich verkaufen und wurde von den Kölnern im Sommer 2023 ebenso gestrichen wie zuvor schon der noch kleinere Ford Ka. Ford wollte elektrisch werden und bei der Neuausrichtung gab es kein Platz mehr für das kleine Doppelpack aus Ka und Fiesta. Bitter, denn auch der Focus scheidet im November aus dem Lieferprogramm aus. Und so fängt es bei Ford erst mit dem Puma an – leicht elektrifiziert ab 28.900 Euro, auf Wunsch auch vollelektrisch. Allerdings auch erst zu Preisen ab 36.900 Euro.

Auch Volkswagen wollte sich elektrisch neu erfinden und hat das Kleinstwagentrio aus VW Up, Skoda Citigo und Seat MII ebenfalls 2023 in die Wüste geschickt. Zu teuer waren die Modelle in den Herstellkosten und zu gering war die Nachfrage. Das galt sowohl für die Verbrenner wie für die E-Modelle. Bei den Wolfsburgern standen zeitweise sogar Polo und Golf auf der Abschussliste.
VW wird wieder volkstümlich
Die Pläne wurden mittlerweile getilgt und jetzt sind die Erwartungen umso größer an den neuen VW ID.2, der Ende des Jahres seine Premiere feiert und zu einem Basispreis von 25.000 Euro angeboten werden soll. Auch als GTI und in einer SUV-Variante. Rein elektrisch und mit einer neuen, eher klassischen Designsprache könnte der ID.2 zum neuen Polo werden. Mit der Studie ID.Every1 gab VW zudem einen Ausblick auf den noch kleineren ID.1 der 2027 erscheinen und zum Preis von 20.000 Euro angeboten werden soll. Die Optik zitiert das klassische VW-Gesicht und die Bedienung des Infotainments soll sich wieder an bewährten Konzepten orientieren. Und mit dem Cupra Raval und Skoda Epiq hat der Konzern noch andere Pfeile im Köcher, mit denen der Angriff von BYD, Chery und andere Billiganbietern aus Fernost abgewehrt werden soll.

Renault macht derzeit vor, wie es richtig geht. Jahrzehntelang war von Renault 4 und Renault 5 nichts mehr zu sehen. Doch kurz nacheinander erleben nun beide Modelle ihre Auferstehung. Der elektrische R5 (ab 24.000 Euro) ist etwas sportlicher und sehenswerter. Der R4 E-Tech Electric (ab 29.400 Euro) auf gleicher technischer Basis und ebenfalls batteriegetrieben, geht in Richtung Crossover und soll sogar als Allradler „Savane“ kommen. Und wem das aus dem Hause Renault nicht reicht: Nächstes Jahr kommt eine Neuauflage des Twingo. Der wird noch kleiner, aber auch deutlich günstiger: Angepeilt ist ein Startpreis von 20.000 Euro.
Hyundai Inster sorgt für neue Impulse
Keine Historie, aber günstig und cool, ist der neue Hyundai Inster. Die Elektroversion des südkoreanischen Schwestermodells Casper zum Einstiegspreis von rund 23.000 Euro bietet eine Kombination aus kleinem Akkupaket mit 42 kWh und einem 71 kW starken Elektromotor an der Vorderachse. Nicht nur was die Reichweite anbetrifft, dürfte die stärkere Variante mit 85 kW Antriebsleistung und 49 kWh großer Batterie die größere Nachfrage finden. Das Batteriepaket im Unterboden des Inster erstarkt an einem Schnelllader von 10 auf 80 Prozent in rund einer halben Stunde – leider ist das Ladetempo mit 85 Kilowatt etwas müde.

Noch günstiger ist mit einem Startpreis von 18.900 Euro der Leapmotor T03. Auf den ersten Blick sieht der 3,62 Meter lange und 70 kW starke Kleinwagen aus wie eine Mischung aus einem zu heiß gewaschenen London-Taxi und einem neuen Fiat 500, der übrigens ab Herbst nicht mehr allein als 25.000 Euro teure Elektroversion, sondern zu einem Preis von unter 20.000 Euro auch mit Hybridantrieb angeboten werden soll.
Richtig billig kann nur China
Unterboten wird der Leapmotor T03 derzeit nur noch vom Dacia Spring, der in der Basisversion 16.900 Euro kostet. In der Ausstattungsvariante Spring Expression Electric 65 (mit 48 kW starkem Antrieb und ab 18.900 Euro) sind dann beide Modelle zumindest preislich auf Augenhöhe.

Mit einer Reichweite von 265 Kilometern überflügelt der von Stellantis importierte Chinese den in China produzierten Rumänen (228 Kilometer) allerdings noch. Und das Ausstattungs-Bingo entfällt beim Leapmotor T03. Es gibt nur eine Variante für 18.900 Euro. Punkt. Und zur Auswahl stehen auch nur drei Farben: Hellblau, Silber und Weiß.
Egal: Hauptsache, in den Kleinwagenmarkt kommt wieder Bewegung. Wenn auch auf einem höheren Preisniveau als früher.