Mit seinem neuen Elektro-Flaggschiff Mustang Mach-E GT hat Ford ein ganzes Bündel Widersprüche in ein einziges Auto zu packen versucht. Das fängt beim Namen an. Der Mustang war seit Mitte der 1960er Jahre ein graziler Sportwagen und hat angelehnt an das Logo in seinem Kühlergrill das Genre der Ponycars mit begründet. Der Mach-E allerdings hat zumindest optisch mit einem Pony nicht mehr viel gemein. Eher mit einem ausgewachsenen Mustang mit ausgeprägtem Hang zum Übergewicht.
Gewicht, Herstellerangabe (kg): 2.348 kg max. Zuladung (kg): 369 kg Abmessungemax. Ladevolumen (L): 402 bis 1.420 L Preis (Euro): 72.900 Euro (Basismodell 47.500 Euro) Abgasnorm: – Effizienzklasse: A+++
Was er an Temperament auf die Straße bringt ist eine ganz andere Sache. Wenig nachvollziehbar auch, dass Ford dem Mach-E GT dezidiert die Tauglichkeit für die Rennstrecke eingebaut hat. Schwer vorstellbar, dass dieses Trumm mit seinen 2,4 Tonnen Leergewicht auf dem Hockenheimring über die Kerbs fegt.
Technische Daten Ford Mustang Mach-E GT
Motor: Allradantrieb mit 358 kW Antriebsleistung; max. Drehmoment: 830 Nm; Höchstgeschwindigkeit: 200 km/h; Akku-Kapazität: 98,7 kWh,
Durchschnittsverbrauch: 20 kWh/100km (nach WLTP-Norm; Reichweite: 490 km.
Leergewicht: 2.348 kg, Zuladung: 369 kg.
Abmessungen: (L/B/H): 4.743 x 1.881 x 1.613 mm. Basispreis: 72.900 Euro
Könnte er aber. Und zwar ganz locker. Und für ein paar Runden sollte der Akku-Inhalt trotz Durchschnittsverbräuchen von wahrscheinlich über 30 kWh/100 km auch reichen – im Alltagsverkehr und unter idealen Bedingungen sind es schon 20 kWh.
Der „Temperamentvoll Plus“-Modus ist laut Ford „nur für den Rennstreckeneinsatz vorgesehen“ und hilft dem Fahrer, die Leistung des Antriebsstranges auf der Rennstrecke auszubalancieren. Der Renn-Modus passt die Traktions- und Stabilitätskontrolle entsprechend an. Das System reduziert dabei die Aktivierungsschwelle des ESP und der Traktionsregelung und modifiziert die Drehmomentverteilung. Dass es dabei weniger um Pokale denn um Spaß am schnellen Fahren geht, zeigt sich schon alleine daran, dass der künstlich erzeugte Sound des Antriebsstrangs noch einmal verstärkt wird.
Geschwindigkeitsrausch endet bei 200 km/h
Auch wenn eine „Launch Control“ fehlt: Genug Leistung für den Spaß auf der Rennstrecke jedenfalls liefert der Mustang Mach-E GT schon von der ersten Umdrehung an. 358 Kilowatt Leistung, nach alter Zählweise 487 PS stehen im Datenblatt sowie satte 860 Nm Drehmoment, die von der ersten Umdrehung anliegen. Das reicht, um den Fünftürer in 3,7 Sekunden auf Tempo 100 zu beschleunigen. Die Höchstgeschwindigkeit selbst liegt bei 200 km/h. Sie sollte allerdings nicht allzu lange anliegen: Die Motoren des Mustang Mach-E werden bei hoher Beanspruchung auch gerne heiß, was dann zu einer Abregelung der Leistung führt.
Auch wer nicht an jedem Wochenende über die Nordschleife in der Eifel brettert, hat seinen täglichen Nutzen von so viel Leistung. Beim Überholen auf der Landstraße etwa. Ein Kick aufs Gaspedal – und wusch, vorbei. Das ist ein spürbarer Zugewinn an Sicherheit.
Reichweite von 500 Kilometern – theoretisch
Ansonsten ist der Ford Mustang Mach-E GT durchaus alltagstauglich. Die maximale Reichweite liegt offiziell bei 500 Kilometern. Real sind 400 Kilometer allemal drin. An der Schnellladesäule braucht er dank einer Ladeleistung von 150 kW – in der Disziplin ist der GT nicht besser als seine zahmeren Brüder – etwa 45 Minuten, um den Akku von 10 auf 80 Prozent aufzufüllen. Dass es nicht schneller geht, liegt auch daran, dass beim Mach-E die maximale Ladeleistung nur bei komplett leerem Akku und auch nur kurze Zeit anliegt – und dann auf 100 kW absackt. Zwischen 20 und 80 Prozent SoC („State of Charge“, Füllgrad) sind es sogar Werte nur um 84 kW. Da schlagen sich andere besser. An der Wallbox fließt der Wechselstrom mit 11 kW – das ist „State of the Art“.
Insgesamt hat der Akku eine Kapazität von 98,7 kWh, wovon aktuell 88 kWh für das Vorankommen nutzbar sind. Per Software-Update soll demnächst die Nett-Kapazität auf 91 kWh angehoben werden – die Sicherheits-Reserven geben es wohl her.
Mustang made in Mexico
Innen macht der Mach-E für ein Auto made in Mexico einen soliden, ordentlichen Eindruck: Materialien, Verarbeitung, die Dicke der sichtbaren Bleche – man fühlt sich gut und sicher aufgehoben. Platz ist reichlich vorhanden- sowohl vorne wie hinten und über dem Kopf – da sind sich GT und die zivilen Versionen gleich. Vier Passagiere haben es im Mustang Mach-E bequem. Der Laderaum fasst zwischen 402 und 1.420 Liter, dazu kommen noch einmal 100 Liter unter der Fronthaube. Das Cockpit informiert den Fahrer hinter dem Lenkrad digital über die wichtigsten Daten von Geschwindigkeit bis Ladezustand.
Dazu kommt in der Mitte des Armaturenbrettes ein riesiges Display im Tesla-Stil, unter anderem für die Navigation. Rund 80 Fahrzeugfunktionen sind hier individuell einstellbar. Ein umfangreiches Paket an Fahrassistenten ist serienmäßig an Bord. Zudem gibt es automatische Softwareupdates und die Möglichkeit, das Auto per Handy zu öffnen. Auch das kennt man von Tesla schon.
Kamerasystem hilft beim Rangieren
Die Federung des leicht tiefergelegten Mach-E GT ist trotz einstellbarer MagneRide-Dämpfern auf schlechten Straßen ein wenig ruppig und die Lenkung wirkt etwas künstlich. Aber der Stromer lässt sich exakt um Kurven und Serpentinen zirkeln, weist auch dank des niedrigen Schwerpunktes kaum Seitenneigung auf. Das Rangieren etwa beim Parken wird durch ein modernes Kamerasystem unterstützt und der Wendekreis von 11,6 Metern passt auch, sofern man sich nicht durch italienische Kleinstädte bewegt. Die Rekuperation lässt sich unterschiedlich stark einstellen – bis hin zum Ein-Pedal-Betrieb, in dem der Mustang rein über das Gaspedal zu fahren ist.
Auch schon optisch ist der Mustang Mach-E GT eine imposante Erscheinung. Mit etwas Phantasie erkennt man auch die Design-Elemente, die an das klassische Pony-Car aus den 1960er Jahren erinnern sollen. So etwa die kraftvoll gezeichnete Fronthaube mit den beiden Powerdomes (hier zwar funktionslos aber eindrucksvoll) sowie die Heckpartie mit den typisch dreiteiligen Rückleuchten der Mustang-Modelle. Der Mach-E GT basiert auf einer Fahrzeug-Architektur, die Ford neu für rein elektrische Automobile entwickelt hat.
Angetrieben wird der Ford Mustang Mach-E GT von zwei ölgekühlten Permanentmagnet-Synchronmotoren. Der GT-Antriebsstrang ist so kalibriert, dass je nach Fahrmodus ein stetig größerer Anteil des Drehmoments auf die Hinterräder übertragen wird. Der E-Motor an der Hinterachse erreicht laut Ford sein maximales Drehmoment bereits nach einer Ansprechzeit von nur 0,5 Sekunden. Unabhängig davon steuert der E-Motor an der Vorderachse zusätzliche Leistung, Drehmoment und Traktion bei.
Bei 72.900 Euro beginnt der Spaß
So weit, so gut. Die schlechte Nachricht: Ein Billigangebot ist der Mach-E GT nicht. Der Einstandspreis beträgt 72.900 Euro. Das sind über 25.000 Euro mehr als Ford für das 198 kW starke und 47.500 Euro teure Basismodell mit dem 75,7 kWh großen Akku fordert. Die Differenz zum allradgetriebenen Mustang mit großem Akku und 216 kW Leistung (63.700 Euro) beträgt immerhin noch 9.200 Euro. Und das ist nur der Basispreis: Kostenlos ist nur die Lackierung in Schwarz, in „Cyber Orange“ sind es schon 1.200 Euro mehr. Und wer die Sonne auch im Innenraum genießen möchte, zahlt 1000 Euro für das gläserne Panoramadach. Es läppert sich, wie man im Rheinland sagt.
Vielleicht ist das der Grund, warum Ford zum Start auch für den GT einen „Aktionspreis“ aufruft: 2975 Euro Preisnachlass gibt es für den, der sich jetzt schnell für den Kraftprotz entscheidet. Geliefert wird dann, wenn alles gut geht, in 28 Wochen – also so etwa Ende April.