Maarten Steinbuch hat an der Technischen Universität von Eindhoven den Lehrstuhl für „Systems & Control“ inne. Seine Forschungsaktivitäten reichen von der Automobiltechnik (Schwerpunkt: Vernetztes und autonomes Fahren) über die Robotik und bis hin zur Steuerung von Bewegungen, nicht nur im Verkehr, sondern auch bei hochpräzisen chirurgischen Eingriffen. Der heute 61-jährige Ingenieur startete seine Karriere im Elektrokonzern Philips. Er leitet den Thinktank „Eindhoven Engine“ und hält neun Patente. Zusammen mit seinem Kollegen, Carlo van de Weijer von der TU Eindhoven hat er ein Buch über die Zukunft der Mobilität verfasst.

Prof. Maarten Steinbuch
Foto: Privat

Besitzer von Elektroautos sind es gewohnt, ein Kabel mit einem Stecker statt eines Benzinschlauchs zu benutzen, um ihrem Fahrzeug Energie zuzuführen. Das ist einfach, wenn man eine eigene Ladestation besitzt oder eine Schnellladestation zur Verfügung steht, an dem das Ladekabel befestigt ist. Aber wenn man das Kabel im Regen aus dem Kofferraum holen und dieses nach Beendigung des Ladevorgangs erst reinigen und dann wieder zusammenrollen muss, ist das schon etwas lästiger. Und auch für das vollautonom fahrende Elektroauto der Zukunft haben wir noch keine Lösung gefunden. Eigentlich müsste hier das Aufladen des Akkus vollautomatisch geschehen.

Der Vorteil des Ladens mit einem Stecker – dem so genannten konduktiven Laden – ist, dass der Energieverlust hier sehr gering ist. Das ist anders als bei der Alternative, dem Laden ohne festen Anschluss und direkte Verbindung zur Stromquelle – das induktive Laden. Der Vorteil bei der Technik ist jedoch, dass es leicht zu automatisieren ist. Induktives Laden funktioniert zudem aus der Ferne, genau wie beim kabellosen Laden eines Telefons. Das ist sehr praktisch und bequem..

Hohe Energieverluste beim induktiven Laden

In Wissenschaft und Industrie wird derzeit viel am induktiven Laden geforscht, insbesondere am automatischen Laden von Elektroautos auf Parkplätzen und an Ladestationen. Das Problem dabei ist, dass aufgrund der auftretenden Energieverluste beim induktiven Laden Wärme erzeugt wird, die abgeleitet werden muss (auch wenn der Wirkungsgrad selbst manchmal bei 90 Prozent liegt). Das macht die Systeme sehr teuer. Und wegen dieses Wärmeproblems ist die Ladeleistung auch stark begrenzt. Aus diesem Grund hat sich die Technik noch nicht durchsetzen können.

Anschluss gesucht 
Das niederländische Startup Rocsys aus Einhoven hat einen Roboter entwickelt, der vor allem das Laden vollelektrischer Busse und Nutzfahrzeuge im Flottenbetrieb deutlich vereinfachen soll. Foto: Rocsys
Anschluss gesucht
Das niederländische Startup Rocsys aus Einhoven hat einen Roboter entwickelt, der vor allem das Laden vollelektrischer Busse und Nutzfahrzeuge im Flottenbetrieb deutlich vereinfachen soll. Foto: Rocsys

Eine weitere Anwendung des automatischen induktiven Ladens ist das Laden des Autos während der Fahrt. Dann könnten die Batterien kleiner ausfallen, was den Anschaffungspreis des Autos deutlich reduzieren würde. Leider würden dem enorme Infrastrukturkosten gegenüberstehen. Schließlich müsste man ganze Autobahnabschnitte mit Kupferleitungen füllen, um eine drahtlose Energieübertragung unterwegs zu ermöglichen. Angesichts der schnellen Entwicklung neuer Batterientypen, die zu einer guten Reichweite und niedrigeren Anschaffungskosten führen, ist das Aufladen während der Fahrt aber nicht wirklich sinnvoll.

Roboter oder Lade-Rüssel

Gibt es also keine andere Lösung für das automatische Aufladen? Doch, und dazu kehren wir zum konduktiven Laden zurück. Es gibt hier drei Varianten. Erstens können wir einen Roboter entwickeln, der den Stecker für Sie ins Auto steckt. Daran arbeitet zum Beispiel das niederländische Start-up-Unternehmen Rocsys, aber auch der Volkswagen-Konzern.

Ein anderer Ansatz besteht darin, einen Ladeanschluss im Garagenboden mit einer Steckdose im Fahrzeugboden zu verbinden. Hier ist die exakte Positionierung des Fahrzeugs über dem Ladeanschluss eine Herausforderung. Der Stecker, der aus dem Boden ragt, muss eine Art Suchbewegung ausführen können. Und die Verbindung zum Auto muss standardisiert sein. Daran arbeitet unter anderem die Firma Prodrive Technologies hier im Technologiepark von Eindhoven.

Matrix reloaded 
Die "Matrix" genannte Ladeplatte wird bei dem system von Easelink auf dem Garagenboden fixiert. Den Kontakt dazu stellt das Elektroauto vollautomatisch mithilfe eines "Laderüssels" her, der in den Fahrzeugboden integriert ist. Foto: Easelink
Matrix reloaded
Die „Matrix“ genannte Ladeplatte wird bei dem system von Easelink auf dem Garagenboden fixiert. Den Kontakt dazu stellt das Elektroauto vollautomatisch mithilfe eines „Laderüssels“ her, der in den Fahrzeugboden integriert ist. Foto: Easelink

Schließlich gibt es noch eine charmante vollautomatische konduktive Lade-Lösung von einem Start-up-Unternehmen aus Österreich mit dem Namen Easelink. Die Lösung von Easelink besteht darin, eine Art Laderüssel im Fahrzeugboden direkt auf ein darunter liegendes Ladepad abzusenken. Durch eine intelligente Reinigungsbewegung werden zunächst Blätter und andere Schmutzpartikel von der Kontaktplatte im Garagenboden entfernt, damit der Stecker mit dem in die patentierte Matrixplatte integrierten Ladeanschluss störungsfrei Kontakt aufnehmen kann und stabil Strom fließt. Der Stecker kann an mehreren Stellen der Matrixplatte Kontakt herstellen. Zudem sind die Kosten für das System relativ gering. Damit das System Verbreitung findet, müsste sich die Automobilindustrie aber auch hier auf Normen einigen.

Alle konduktiven Lösungen sind auf höhere Leistungen skalierbar und bieten daher mehr Möglichkeiten als die induktiven. Aber als Wissenschaftler bleibe ich für alle Lösungen offen. Solange sie automatisiert werden können.

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